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  • Day 150

    Huaraz: Magen-Darm-Wanderung & Ponchos

    August 24, 2022 in Peru ⋅ ☀️ 18 °C

    Huaraz gilt als die zweite Wanderhauptstadt Perus, neben Cousco (der Ausgangsort für Perus berühmteste Touristenattraktion, Machu Picchu). Die Stadt befindet sich in der Nähe des Nationalparks Huascarán, in dem man die meisten 6000er findet, unter anderem den höchsten Berg Perus mit 6.768 m und den, von einem Wandermagazin als schönsten Berg der Welt gekürten, Alpamayo.
    Nach der zehrenden Autofahrt von 10 Stunden für 270 km kamen wir im Dunkeln mit viel Hunger um 22 Uhr in Huaraz an und verbrachten den Abend bei Burger und Bier mit der Planung für die nächsten zwei Tage. Raphi hatte seine Mandelentzündung durch erfolgreiche Antibiotika-Behandlung zum Glück fast überstanden, trotzdem entschieden wir uns dafür, langsam mit dem Wandern einzusteigen und zur Lagune Radian zu laufen, von der aus man einen tollen Panoramablick auf die 6000er Berge im Nationalpark haben sollte. Die 13,6 km und 798 Höhenmeter kamen uns bei voller Sonneneinstrahlung dann aber doch anstrengender vor als gedacht, aber wir waren alle sehr happy: Der Blick auf die Berge war atemberaubend schön, ein Farmer schenkte uns frische Kartoffeln vom Berg (die wir leider mangels Küche und Schimmelbefall nie verwenden konnten) und wir freuten uns einfach über das Wetter und unsere erste gemeinsame Wanderung nach gut einer Woche zusammen.
    Um 18 Uhr waren wir wieder am Auto und machten uns auf den Weg zurück in die Stadt. Auf dem Weg dorthin begegneten uns zwei Tramper - Mutter und Sohn, die auf dem Berg in einem der vielen kleinen Dörfer Land- und Viehwirtschaft betreiben und ihre Familie in der Stadt besuchen wollten. Da wir zwei Plätze frei hatten, nahmen wir sie mit. Der Versuch eine flüssige Konversation im Auto aufzubauen war allerdings schwierig. Wir ergriffen immer wieder die Initiative mit vielen Fragen aber mehr als einsilbige Antworten geschweige denn Gegenfragen, war leider nicht aus ihnen rauszubekommen. Schade, denn über das Leben der einheimischen Landwirte hätten wir gerne mehr erfahren.

    Die Beobachtung aus dieser Situation hat sich in den nächsten Tagen und auch schon davor mehrmals wiederholt, weshalb wir zu dem Schluss kamen, die Peruaner - zumindest in den Bergen - sind ein relativ verschlossenes und schüchternes Volk, die uns nicht so sehr mit offenen Armen und Blicken empfingen wie beispielsweise die Brasilianer. Wir hörten auch öfter "Gringos"-Rufe während wir durch die Städte liefen oder hatten das Gefühl des Öfteren belächelt zu werden. Nach unserer nächsten Reifenpanne - dazu später mehr - brauchten wir eine neue Schraube für den Fahrradständer und die Mädels aus dem Laden kriegten sich vor Kichern kaum ein.

    An Abend nach der ersten Wanderung verschlug es uns wieder in eine der unzähligen Polloerias und danach ins Bett, denn der nächste Tag sollte früh starten, da wir zweieinhalb Stunden mit dem Auto bis zum Start des Trails fahren mussten.

    Natürlich schafften wir es nicht um 8 Uhr loszufahren und so begannen wir mit dem Aufstieg zur Laguna 69 erst um 12:00 Uhr. Schon 15 Minuten nachdem wir losgefahren waren, merkte ich, dass mir langsam übel wurde und mein Bauch sich immer mehr aufblähte. Das Gefühl ging auf den zwei Stunden Fahrt nicht weg, ganz im Gegenteil: Es wurde immer schlimmer. Aber ich wollte unbedingt die Lagune mit ihrem wunderschönen Blauton und dem Wasserfall vom Gletscher direkt ins Wasser sehen. Der Weg nach oben entpuppte sich dann als körperlich und psychisch schwierigste Wanderung meines Lebens - inklusive drei Wild-Klogängen, die allesamt keine Erleichterung brachten. Nach knapp vier Stunden und 200 Metern vor dem Ziel dachte ich, ich schaff' es nicht mehr. Zum Glück kam das Problem dann endlich oben raus und ich habe es danach bis zum Ende des Wanderweges geschafft. Mit der Belohnung, dem Blick auf den Gletschergipfel und die tiefblaue, klare Lagune, waren die Strapazen vom Anstieg schnell vergessen. Allerdings hatten wir aufgrund meines langsamen Tempos nicht mehr so viel Zeit, um die Lagune zu genießen. Damit wir nicht die halbe Strecke im Dunkeln bestreiten mussten, machten wir uns schnell wieder auf den Rückweg - diesmal ohne Zwischenfälle und ohne Bremsen, die Dominik auf dem Hinweg zur Weißglut gebracht hattet und er sich bei 25 Grad voller Sonneneinstrahlung die Wintermütze aufsetzte.

    Wir waren alle total geschafft vom Tag und ich freute mich schon so darauf, mich einfach aufs Bett zu werfen, ein bisschen Fernzusehen und Pizza zu bestellen. Aber so einfach sollte es nicht sein. Auf der Schotterstraße im Nationalpark machte es auf einmal laut "Peng". Hatten wir ein Tier todgefahren? Ist ein Stein unter's Auto geflogen? Wir blieben direkt stehen, stiegen aus uns sahen das Unglück sofort. Wieder der hintere, linke Reifen war komplett platt. Der erste Ärger war groß, aber Raphi's positive Art überstrahlte die negative Stimmung und so freuten wir uns über unseren ersten Platten im Hellen auf einem gesicherten Parkplatz, bei dem wir das ganze Wissen errungen hatten, um diese Situation schnell zu lösen. Zu unserem Pech oder auch Glück standen wir mitten auf der Straße und kein Auto kam mehr vorbei, weshalb der Mann in seinem Pick-Up keine andere Möglichkeit hatte uns zu helfen. Wir waren mittlerweile ein eingespieltes Team und die Panne war in etwa einer halben Stunde ausgeräumt und wir konnten endlich nach Hause. Was ein Tag!

    In der Unterkunft angekommen, fragten wir, ob wir eine Nacht verlängern könnten, um genug Zeit zu haben, einen neuen Reifen zu kaufen und Schrauben für den etwas schief hängenden Fahrradständer zu besorgen. Und das Wichtigste: Raphi hatte schon am ersten Tag nach seiner Ankunft erzählt, wie sehr er sich über die schönen Ponchos aus Peru freute und sich unbedingt so einen oder auch zwei holen wollte. Dafür hatte er sich extra in seinem kleinen Handgepäckskoffer noch etwas Platz gelassen.
    Reifen und Schrauben waren relativ schnell besorgt und wir machten uns auf zur von Raphi rausgesuchten Poncho-Route. In einer Straße mit Handgemachtem fanden wir allerdings nur Schmuck, Caps und Handschuhe und auch ein peruanischer Laden mit traditionellen Produkten war nur bei Google zu finden. Enttäuscht wollten wir uns schon auf den Weg zu einem Restaurant machen (diesmal keine Low-Budget-Polloeria!) und kamen an einem Marktplatz vorbei. Auf einem erblickten wir die große Aufschrift "Artesanales". Wir waren im Paradies der peruanischen Textilien angekommen und Raphi musste nach der ersten Runde erstmal zum Bankautomaten. Nach diesem Intensivshopping kamen wir alle drei mit bunten Mustern behangen wieder aus dem Laden heraus: Raphi und ich voll euphorisiert, Dominik peinlich berührt, weil wir aussahen wie die größten Touris.

    Für den nächsten Tag stand wieder Autofahren auf dem Plan. Wir mussten uns langsam etwas ranhalten, denn von Huaraz bis nach Quito waren es noch 1.580 km und wir hatten nur noch 10 Tage Zeit. Also mussten wir uns straight Richtung Norden halten - nächster Stopp: Truijllo.
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