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  • Day 80

    Pflanzenwelt mit dem Wissen der Tikuna

    December 10, 2019 in Colombia ⋅ 🌧 29 °C

    Mit Bikini, kurzen Sachen und rundum mit Sonnenschutz eingecremt, freuten wir uns auf einen entspannten Tag in dem nächst größeren Ort Porto Nariño. Nach dem Frühstück wurde uns mitgeteilt, dass dies aber nicht das passenste Outfit war, um in die Dichten des Dschungels und der Landwirtschaft der Tikuna einzutauchen. Diese Tagesplanänderungen war uns bis dahin weder bekannt noch bewusst. So kam auf die Sonnencreme noch schnell Moskitospray und die kurzen Sachen wurden gegen lange gewechselt. Mit Gummistiefeln anstatt Flip Flops an den Füßen machten wir uns schließlich auf den Weg den landwirtschaftlichen Anbau der Tikuna zu erkunden. In diesem geordneten Chaos an Pflanzen sahen wir zunächst nur Plátanopflanzen, die uns bereits bekannt waren. Auch Mais war nichts Neues. Im Gegensatz staunten wir über Yuka- und Ananaspflanzen, von denen wir bislang nur die Früchte auf unseren Tellern hatten. Wir probierten eine süße Yukafrucht und ernteten eine Ananas, welche uns für den kommenden Weg durch den Primärwald stärkten. Ähnlich wie gestern wanderten unsere Augen durch das grüne Dickicht des Dschungels und unsere Ohren saugten alle unterschiedlichen Geräusche auf. Plötzlich blieb unser Guide stehen und zeigte in die Ferne, wo es in den Baumkronen raschelte. Aufgeregt schauten wir seinem Blick hinterher und sahen kleine springende Affen. Auf unserem weiteren Weg waren wir sehr beeindruckt, wie die Indigenen die Pflanzen des Dschungels zu nutzen wissen. Er zeigte uns, wie sie aus einem Baum dünne Schichten herausschneiden und diese nach dem Trocknen als Stoff nutzen, welche Pflanzen für welche Krankheiten eingesetzt werden und wie sie natürlichen Kleber aus einem Baumstamm gewinnen, der auch zur Heilung für kleine Schrammen am Körper eingesetzt werden kann. Im Gegensatz zu unserer Gesellschaft, heilen und reinigen sich die Indigenen mit Pflanzen von außen anstatt Tabletten einzunehmen, welche von innen ihre Wirkung aussenden.
    Mit Einführung der Schule in die Kommune (welche im übrigen von der westlichen Gesellschaft gewünscht war), werden die Kinder nun tagsüber unterrichtet und lernen spanisch. Die Quintessenz dessen ist, dass sie nicht mehr in den Wald gehen und das Wissen über die Pflanzen und die volkseigene Sprache nach und nach immer mehr verloren geht. So gibt es beispielsweise in der Natur drei Bäume einer ähnlichen Sorte, welche nur über deren Blattformen auseinander zu halten ist. Die Tikuna haben für jede Pflanze eine eigene Benennung. Im Spanischen hingegen existiert für alle drei Arten lediglich nur ein Wort.
    Die vielen Eindrücke verarbeiteten wir nach dem Mittag in Hängematten. Anschließend erwartete uns ein kleiner Workshop, in dem wir die Nutzung einer Palmenblattsorte selber ausprobieren durften. Die Ernte dieser Blätter ist sehr gefährlich, da am Stamm der Pflanze viele Dornen sind. Das blieb uns zum Glück erspart. Auf uns wartete eine Frau der Tikuna, die uns in die Kunst der Verarbeitung dieser Blätter einwies. Zunächst mussten wir die Blätter zerteilen, um die Fasern zu erhalten. Sie erklärte, dass sie diese vor der Weiterverarbeitung auskochen, trocknen und manchmal einfärben. Anschließend mussten wir sie twirlen, um ein Band zu erhalten, welches sie zwischen zwei Nägeln spannte. Das Band ähnelt jetzt dem uns bekannten Bast. Um unser Handgelenk schmiegt sich nun ein selbstgeknüpftes Armband aus Palmenblättern des kolumbianischen Dschungels. Vor dem Abendessen versuchten wir die letzten Sonnenstrahlen zu erhaschen. Doch welch Überraschung: Das Anschauen des Sonnenuntergangs, umgeben von riesigen Bäumen des Regenwaldes, gestaltet sich eher schwierig. :D
    Nach dem Abendessen gab es noch ein bisschen Smalltalk in gemütlicher Runde, bevor wir schließlich den Tag im Bett Revue passieren ließen und uns auf den morgigen Tag in Porto Nariño freuten.
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