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  • Day 51

    Drittklassige Erstklassigkeit

    December 29, 2022 in Thailand ⋅ ⛅ 20 °C

    Ich tappe im Dunkeln.
    Noch vor Tagesanbruch packe ich meine Siebensachen, als eines der hier oft erlebten Blackouts das Packen zu einer haptischen Rätselralley ausarten lässt.
    Ein wenig als Verhöhnung wirkt dann die Rückkehr der Elektrizität just mit Sonnenaufgang.
    Ich sprinte im morgendlich kühlen Chumphon zum Bahnhof. 45 Minuten vor Abfahrt erwerbe ich mein Ticket für die Rückfahrt nach Hua Hin.
    Der Zug, den ich nehmen kann, ist ein sogenannter „ordinary-train“, weil ein solcher über einen Gepäckwaggon verfügt, in dem mein Rad transportiert werden kann.
    Nicht nur, dass diese Züge ausschließlich über 3. Klasse-Garnituren verfügen, bleiben sie auch in jeder Station, in jedem Kaff, stehen.
    37 Stationen in viereinhalb Stunden.
    Ich bin hart im Nehmen, aber diese 3. Klasse, in der das Volk eines der reichsten Monarchen dieser Erde seinen Verhältnissen gemäß leistbar reisen kann, ist für mich eine echte Herausforderung.
    Ich scheitere kläglich, den Gang zur Toilette in diesen viereinhalb Stunden zu unterdrücken.
    Wie auch?
    Mann!
    Über 50!
    Radfahrer!
    Für eine Stunde oder 90 Minuten könnte man es als exotisches Abenteuer mit leicht masochistischer Geschmacksrichtung abhaken.
    Aber fünf Stunden?
    Ja! Richtig gelesen. Fünf!
    Es glaubt wohl keiner, dass diese Züge hier pünktlich abfahren und ankommen.

    Schlussendlich bin ich der einzige Passagier, der in Suan Soan Pradipat den Zug verlässt.
    Das ist zwar zwei Stationen VOR Hua Hin, aber nur eineinhalb Kilometer von meinem etwas außerhalb gelegenen Quartier entfernt.
    Der kurze Sergio Leone-Moment an dieser Haltestelle ist der krönende Abschluss einer Fahrradreise, die mir seit 20. November unfassbare Momente, viele Tiefs, aber immer noch eine überwiegende Mehrzahl an Hochs beschert hat.
    Dieses für mich „letzte Abenteuer in unserer Zeit“, diese so reich an Eindrücken erfüllende Tour ist ein süffiger Cocktail, der an James Bond’s Wodka-Martini Präferenzen erinnert.
    Ja, es hat mich oft geschüttelt!
    Aber letzten Endes bin einfach nur gerührt.

    HAPPY NEW YEAR!
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