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  • Day 6

    Begegnungen am Wegesrand - Teil 2

    March 6, 2023 in Austria ⋅ ☁️ 7 °C

    Ein großer, zotteliger Hund läuft mit einem Stock im Maul, der mindestens genauso lang ist wie er, den Waldweg hinunter.
    "Er hat sich gleich den größten Stock ausgesucht, oder?", sage ich scherzend zu dem Paar an Spaziergängern, das den Hund begleitet.
    "Ja, ein kleiner darf's nicht sein", antwortet die Frau lachend. "Sie sind Pilgerin, oder?", fragt sie und deutet auf den Rucksack, der neben mir auf der Bank steht. "Wo gehen Sie denn hin?"
    "Nach Santiago", sage ich und die Frau bekommt große Augen.
    "Wirklich! Mit dem kleinen Rucksack?"
    Ich nicke. "Ich brauche nicht viel."
    Es folgen die üblichen Fragen: Wie viel Zeit habe ich eingeplant, wie lange bin ich schon unterwegs und woher komme ich.
    "Ich finde das so spannend", sagt die Frau, die immer noch staunend den Kopf schüttelt. "Ich wünsche Ihnen eine gute Reise und ein gutes Ankommen in Santiago. Buen Camino! Das sagt man doch so, oder?"
    "Genau!", freue ich mich und bedanke mich herzlich.
    Die Frau wendet sich zum Gehen und folgt ihrem Mann, der bereits ein paar Schritte vorausmarschiert ist. Der Hund läuft den beiden mit seinem riesigen Stock begeistert hinterher.
    Wenige Minuten später habe ich meinen Rucksack wieder geschultert und setze meinen Weg fort, in dieselbe Richtung, in die das Paar mit dem Hund verschwunden ist. Es dauert nicht lange und die drei kommen mir abermals entgegen, offensichtlich auf dem Rückweg von ihrem Spaziergang. Die Frau lächelt mir strahlend entgegen.
    "Jetzt habe ich gerade zu meinem Mann gesagt, dass ich Sie so gerne beherbergen würde, wenn unser Zuhause auf Ihrem Weg läge", sagt sie.
    Ich bin ehrlich gerührt. "Das ist so lieb von Ihnen. Vielen Dank!"
    "Bis wohin gehen Sie heute?", will sie noch wissen.
    "Nur bis Melk. Ich habe ein Zimmer im Gästehaus des Stifts bekommen", antworte ich.
    "Oh, da werden Sie sicher gut schlafen", sagt die Frau und hebt die Hand zum Abschied. "Ich wünsche Ihnen nochmal einen wunderschönen Weg und alles Gute."
    Ich bedanke mich von ganzem Herzen und mache mich mit einem breiten Lächeln im Gesicht auf den Weg nach Melk.
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