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  • Day 87

    Begegnungen am Wegesrand - Teil 11

    May 26, 2023 in France ⋅ ☀️ 13 °C

    Beim Frühstück in Little India sitze ich plötzlich einem jungen Franzosen mit blondem Vollbart gegenüber, den ich noch nie gesehen habe. Es stellt sich heraus, dass er mit dem Fahrrad pilgert und außerdem ganz gut Deutsch spricht. Nachdem ich seit der Trennung von Magdalena fast immer die mit Abstand jüngste in den Herbergen war, freut es mich besonders, wieder einmal mit jemandem zu plaudern, der in meiner Altersgruppe ist. (Der Altersdurchschnitt liegt auf der Via Podiensis gefühlt bei 60+.)
    Yvan, Lakshmis Mann, den ich gestern nur flüchtig kennengelernt habe, umsorgt uns Pilger heute fröhlich beim Frühstück. Als ich mir anschließend bei ihm den Stempel hole und zahle, fragt er mich, wie es mir bei Fred gefallen hat. Als ich beginne, vom Bauernhof der 1000 Farben zu schwärmen, lächelt er glücklich.
    "I called Fred one morning and I told him 'I'm ready to change your life'", erzählt er mir. "'You'll continue what I've been doing.'"
    Yvan erklärt, dass sein Großvater auf dem Bauernhof geboren wurde, auf dem Fred jetzt lebt und dass er, Yvan, dort 25 Jahre lang gelebt hat. Dass sein Freund Fred sich jetzt um den Hof und die Pilger kümmert, macht ihn sichtlich froh.
    Als er mir zum Abschied die Hand schüttelt, bleibt er auf der Stufe zwischen Küche und Essbereich stehen und scherzt, dass er sonst zu klein sei, um mir in die Augen zu schauen. Als er den jungen Franzosen bemerkt, der sich hinter mir gerade seinen Fahrradhelm aufsetzt, hellt sich sein Gesicht auf.
    "Perfect match!", ruft Ivan begeistert und deutet vom Radpilger zu mir. Der Franzose, der etwa einen halben Kopf größer ist als ich, wird rot.

    Als ich nach all dem Verabschieden nach wie vor mit Yvan im Vorzimmer von Little India stehe, bietet er mir scherzhaft an, die Eingangstür für mich zu öffnen.
    "Yes please, or I will never leave", sage ich.
    "I'm sure you don't want to leave. But the Camino is calling you", sagt Yvan und winkt mir nach, während ich mit meinem Wanderstab in der Hand in einen strahlend schönen Morgen hinaustrete.
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