• Ein fauler Tag in Darwin

    September 28, 2024 in Australia ⋅ ☁️ 26 °C

    Nach drei erlebnisreichen Tagen und mit noch vielen Aktivitäten vor mir gönne ich mir einen faulen Tag in Darwin. Das ehrlich gesagt aber nicht zuletzt auch deswegen, weil es hier wenig gibt, was mich interessiert. In Darwin dreht sich alles um Krokodile und Krieg.

    Es werden viele reißerische Aktivitäten angeboten wie der Crocosaurus Cove, in dem man in einem Käfig Kontakt mit Salzwasserkrokodilen aufnehmen kann, und die Jumping Croc Cruise. Über letztere hatte ich ganz ursprünglich sogar nachgedacht, aber jetzt erscheint sie mir doch zu touristisch und reißerisch, und ich habe ja gerade erst Krokodile in freier Wildbahn gesehen.

    Zum Thema Krieg gibt es überall Plaketten, Denkmäler und Museen. Australien und damit auch Darwin war in beide Weltkriege und den Korea Krieg involviert. Nachhaltig traumatisiert wurde die Stadt durch einen japanischen Luftangriff 1942, kurz nach Pearl Harbor. Es gab knapp 300 Tote, vor allem aber traf der Angriff die Stadt völlig unvorbereitet, hinterließ viel Zerstörung und führte zu einer enormen Investition in die Verteidigung, wobei Darwin eine zentrale und exponierte Rolle einnahm. Entscheidend war dabei auch Australiens isolierte Lage im Pazifikraum und das nachlassende Interesse Englands am Schutz seiner ehemaligen Kolonie.

    Ansonsten? Darwin ist eine ruhige, saubere, aber eher gesichtslose Stadt. Das Leben konzentriert sich in der Fußgängerzone sowie in den vielen Restaurants, Cafés und Pubs, oft mit Live Musik. Dort herrscht eine fröhliche, freundliche, internationale Atmosphäre mit deutlich spürbarem asiatischen Einfluss. Zur Küste hin gibt es wunderschön gepflegte Rasenflächen, die so gut wie niemand nutzt. Kein Wunder bei dem Wetter. Wir befinden uns gerade in der sechsten von sieben Jahreszeit, der sogenannten Build-up Season (Dalirrgang), welche durch besondere Hitze gekennzeichnet ist. Anders als auf der Infotafel vermerkt finde ich es nicht nur heiß, sondern vor allem auch sehr schwül.

    Ich gehe bis zur Recreation Lagoon. Sie ist gratis und bietet Toiletten, Umkleiden, Wasserspender sowie Schließfächer. Allerdings ist das Wasser so warm, dass nur ein paar Kinder darin plantschen. Ich bummele weiter und scoute die Haltestelle des Greyhound Busses, um morgen nicht lange suchen zu müssen. Ich lasse mich treiben, bewundere die Street Art und schaue mir Galerien mit wunderschöner Aboriginal Art an. Und ich sehe die ersten Aboriginals. Dafür, dass sie im Northern Territory etwa 30% der Bevölkerung ausmachen, sind es erstaunlich wenige, und viele sind in einem erbärmlichen Zustand. Sie schlafen auf Parkbänken und auf dem Boden, sitzen bettelnd am Straßenrand oder schlurfen scheinbar ziellos in kleinen Grüppchen durch die Gegend. Einer schleicht auf sehr verdächtige Weise um ein offensichtlich nicht ihm gehörendes Auto herum. Ich frage mich, ob ich aufgrund all dessen, was ich zum Thema Aboriginals gelesen und gehört habe, einer selektiven Wahrnehmung aufsitze, oder ob ich hier wirklich zum Zeugen eines erheblichen sozialen und gesellschaftlichen Problems werde. Wahrscheinlich ein bisschen von beidem, und dazu kommt höchstwahrscheinlich, dass viele der in Städten lebenden Aboriginals die Verbindung zu ihren kulturellen Wurzeln verloren haben (was die „white Australia policy“ ja lange als explizites Ziel hatte), ohne sich im Gegenzug in Kultur und Gesellschaft des weißen Australien zu integrieren. Überall gibt es großräumige Alkoholverbote, und größere Gebiete vor allem im Northern Territory wurden den jeweiligen Stämmen zurückgegeben. Das scheint aber bei weitem nicht auszureichen, um den desaströsen Effekt der seit 1788 eingewanderten weißen Sträflinge und Siedler auf die hier schon seit tausenden von Jahren lebenden Völker auszugleichen. Mit diesen Gedanken mache ich mich auf den Rückweg zum Hotel, wo ich noch ein wenig im Zimmer und am Pool chille.

    Abends kommt dann Leben in die Parks. Es wird flaniert, trainiert, zelebriert und der Sonnenuntergang angestiert. Ich mache überall ein wenig mit, nur nicht bei dem religiösen Ritual, denn dazu fehlen mir neben einer Einladung die Sprachkenntnisse, um wenigstens zu verstehen, um was es geht. Die Vögel lärmen, die Mücken schwärmen, und ich mache mich auf den Weg zum Shenannigans, um bei Live Musik und einem Pint XXXX Gold ein wenig der Übertragung der NRL Finals zuzuschauen (National Rugby League), denn die Aussies sind total sportverrückt, somit gehört das wohl zur Erfahrung dazu. Gerade spielen die Penrith Panthers gegen die Cronulla-Sutherland Sharks. Und dazu gibt es jetzt doch noch mal Krokodil, und zwar als „Bush Spice Croc“.
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