• Platypus im Broken River

    12 de novembro de 2024, Austrália ⋅ ☀️ 28 °C

    Der nächste Schlenker führt mich in den Eungella Nationalpark. Die letzten 10 km geht es extrem steil und kurvig in die Berge hinauf. Da davon gefühlt 5 km Baustelle sind (tatsächlich nur ca 2 km) mit einspuriger Fahrbahn und Ampelschaltung, zieht sich das ein wenig. Oben angekommen ist es nicht mehr affenartig heiß, sondern nur noch sehr heiß. Ich beziehe mein Domizil für die nächsten zwei Nächte, eine rustikale Hütte im Broken River Mountain Resort. Ziemlich ab vom Schuss. Im Vorfeld wird man darauf hingewiesen, dass man vorher tanken und einkaufen sollte, weil es hier weit und breit nichts gibt. Abgesehen natürlich von toller Landschaft, dem Nationalpark und dem Broken River, in denen es Schnabeltiere gibt. Und dies hier ist der Ort in Australien, an dem die Chance, auch eins zu sehen, am höchsten sein soll.

    Die Instruktionen sind sehr klar. Es gibt zwei Viewing Platforms, zu denen gut ausgeschilderte Pfade führen. Auf halber Strecke gibt es eine Brücke, unter der sich manchmal auch Schnabeltiere aufhalten sollen. Man sieht sie in der Dämmerung, also abends zwischen vier und sechs sowie morgens zwischen fünf und sieben. Ich mache mich auf den Weg. Unter der Brücke ein paar Schildkröten, aber kein Schnabeltier. An der ersten Viewing Plattform war eins, aber es taucht nicht mehr auf. Stattdessen kommt eine Touristin mit einem Campingstuhl und setzt sich entspannt ans Ufer. Ich denke mir noch, was für eine schöne Idee das ist, als es Platsch macht und die Dame samt Stuhl und allem anderen im Wasser liegt. Und das in einem Tümpel, bei dem explizit vom Baden abgeraten wird, weil man jede Menge Infektionen bekommen könne. So toll war die Idee wohl doch nicht.

    Eine Besucherin sagt mir, an der anderen Viewing Platform sei eines. Das passt super, denn die wäre jetzt sowieso mein nächstes Ziel. Und tatsächlich: da ist es. Wie auf den Infotafeln beschrieben, taucht es ab, sucht im schlammigen Boden nach Muscheln und Schnecken und kommt dann zurück zur Wasseroberfläche, um die Nahrung zu zermalmen (es hat keine Zähne) und zu schlucken. Im Wechsel ist es 1-2 Minuten im trüben Wasser verschwunden und dann wieder für ein paar Sekunden an der Oberfläche. An den Luftbläschen und dem aufgewühlten Schlick kann man manchmal erahnen, wo es als Nächstes auftaucht.

    Ich stehe sehr lange da und schaue ihm zu. Eine Zeit lang zusammen mit vier Franzosen, danach eine ganze Weile komplett alleine. Es ist ruhig und friedlich, und das Schnabeltier ist super zu sehen. In der Vergrößerung der Kamera sehe ich jedes Detail. Manchmal kommt es nur ganz kurz an die Oberfläche, und taucht gleich wieder ab, manchmal bleibt es längere Zeit nahezu unbeweglich an der Wasseroberfläche, und manchmal schwimmt es erstaunlich rasch zu einem anderen Bereich des Flüsschens. Es ist wahnsinnig faszinierend, ein so dermaßen besonderes und merkwürdiges Tier beobachten zu können. Ich bin tief bewegt und werde mir mal wieder sehr bewusst, was für ein Privileg ich habe, das erleben zu dürfen. Ich gehe erst, als es anfängt, dunkel zu werden und das Schnabeltier außerhalb meines Sichtfelds verschwunden ist. Und dabei freue ich mich ganz ungemein, dass ich hier zwei Nächte bleibe und somit noch drei Gelegenheiten haben werde, es erneut zu sehen.

    Und die nächste Gelegenheit kommt schon sehr schnell. Hier im Resort werden zweimal die Woche geführte Nachtwanderungen angeboten. Ich habe natürlich meine Reise so geplant, dass das terminlich passt - Nein, so pedantisch plane nicht mal ich. Ich hatte von den geführten Touren tatsächlich im Vorfeld gelesen, bin dem aber nicht weiter nachgegangen. Es ist reiner Zufall, dass heute Abend eine Tour stattfindet, an der ich natürlich teilnehme. Sehr viel sehen wir allerdings nicht. Ein paar Frösche, Fledermäuse, das Schnabeltier von vorhin und noch ein weiteres Schnabeltier unter der Brücke. Eine Teilnehmerin guckt nicht vor die Füße, bemerkt dadurch nicht, dass der Weg abbiegt, und landet im Graben. Zum Glück ist ihr nichts passiert. Hier fallen ständig Menschen um. Bei den Schildkröten musste auch ein Rettungswagen gerufen werden. Dann war da der Brisbane Greeter und die Frau auf dem Campingstuhl. Meine eigenen Stürze reihen sich somit bloß in eine Art australische Tradition ein. 🤪

    Am nächsten Tag stehe ich früh auf für einen Morgenspaziergang. Ich sehe gerade noch die beiden Schnabeltiere vom Vortag. Bis die nächsten Besucher auftauchen, sind sie schon außer Sichtweite. Ich lasse ihnen (unfreiwillig) meinen linken AirPod da. Da der rechte im Firefly Bus von Adelaide nach Melbourne liegen geblieben ist, nicht weiter schlimm. Danach genieße ich das Idyll auf meiner Terrasse. Morgen werde ich ausschlafen.
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