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  • Day 38

    Was ein Theater

    April 20, 2023 in Romania

    Ein deutsches Theater in der rumänischen Walachei? Gibt's!
    Zentral in Rumänien, an den Ausläufern der Karpaten, liegt Sibiu. Die 70.000 Einwohner Stadt trägt neben ihrem rumänischen Namen auch den Namen Hermannstadt. Klingt nicht nur sehr deutsch ist es auch. Im 12 Jahrhundert ließen sich dort deutsche Sachsen nieder, die in der Region Siebenbürgen einige Jahrhunderte die ethnische Mehrheit stellten. Noch heute zeugen die Namen an den Restaurants, Hotels und das allgemeine Bild der Altstadt von der Völkerwanderung vor rund 900 Jahren. Heute leben nur noch knapp 2.000 deutschsprachige Siebenbürgen in der Stadt aber die Kultur wird am Leben erhalten, unter anderem durch Theaterstücke.
    Die Komödie, welche ich mit Anca besuche, könnte man sicherlich auch ohne Deutschkenntnisse verstehen. Die Komödie ist reichlich einfach gestrickt, es geht um Sex , Betrug, ein altes Hotel und viel Schnaps - doroc! (Prost)
    Nicht nur das der Zufall es so will, dass an dem Tag an dem ich in Hermannstadt bin ein deutsches Stück gespielt wird, nein heute ist auch noch der 101 Geburtstag meines Opas Hermann - na darauf ein Schoppen - doroc!
    Im Anschluss gibt's noch ein typisch rumänsiches Abendessen mit reichlich Hausmacher Wurst und natürlich Schnaps, wenn man es nicht wüsste, könnte man meinen man wäre schon daheim.
    Allerdings liegen da noch läppische 1.500 km dazwischen, eigentlich kaum der Rede wert, bedenkt man das wohl schon rund 6.000 km seit Belutschistan hinter mir liegen. Am Freitag ging es dann mit dem Zug weiter rund 9 Stunden weg von den Karpaten in die ungarische Tiefebene bis Budapest, dem letzten Stop der Reise.
    Der Donaustadt kann man immer ein paar schöne Tage abgewinnen, ähnlich wie Istanbul, Wien oder Rom ist die Stadt voll von Geschichte und gut ausgestattet mit Bars und Restaurants à la couleur.
    An den neoklassischen Fassaden im historischen Zentrum Budas (links der Donau) zeigt sich noch heute die einstige Verbindung Österreich Ungarns zu Zeiten der k.u.k Monarchie. Auch die andere Seite der Donau (Pescht) hat mit den vielen Palästen und Kirchen enorm viel zu bieten, vor allem einen grandiosen Überblick vom Schlossberg über die gesamte Stadt und weit bis in die ungarische Tiefebene.
    Ein weniger bekanntes Highlight ist definitiv die jüdische Geschichte und heutige Kultur der Stadt. Es gibt Stadtführungen die sich fast ausschließlich damit befassen, äußerst empfehlenswert. Noch heute steht im ehemaligen jüdischen Ghetto die drittgrößte Synagoge der Welt. Zum Glück ist heute wieder die jüdische Kultur in die Stadt zurückgekehrt, nachdem es 1944 fast komplett ausgelöscht wurde. Am Donauufer stehen, aus Bronze gegossen, die Schuhe der Menschen die an der Kaimauer erschossen und in die Donau geworfen wurden, weil unsere Vorfahren solch eine Angst vor der intellektuellen Kultur dieser Menschen hatten damit sie alles (un)menschenmögliche taten um sie zu vernichten. Gott sei Dank ist es ihnen nicht gelungen und während die NS-Ideologie hoffentlich für immer auf dem Abfall der Geschichte gelandet ist, erlebt Budapests jüdische Kultur eine kleine Renaissance.
    Heute kann man die jüdische Kultur auch abseits einer Stadtführung, auf kulinarische Art entdecken. Neben der orthodoxen Synagoge haben sich mehrere erstklassige jüdische Restaurants niedergelassen. Meine Empfehlung für jeden der in Budapest ist, gutes Essen mag und ein paar Euro über hat, Macesz Bistro, Reservierung empfohlen. Ausgefeilte jüdische Küche mit einer guten Weinkarte, in hervorragendem Ambiente.
    Ansonsten war das auch schon der letzte Stop der Reise und es geht von Budapest mit dem Nachtzug nach München und von dort dann nach Aschaffenburg, die letzten beiden Zugfahrten.
    Nach rund 7.500 km Schiene gäbe es kaum einen schöneren Abfahrtsbahnhof als Budapest Keleti, erbaut um 1848, ein Palast für Reisende, definitiv der schönste Bahnhof auf dieser Reise, welch ein gelungener Abschied.

    Eine lange aber sehr interessante Heimfahrt von der äußerste Süd-Osten Irans bis heim nach Eichenbühl. Kilometer für Kilometer aus Persien durch den Orient über Süd-Ost Europa bis ins Abendland. Auf den Spuren des Orient-Express, während am Zugfenster die Landschaft vorbeizieht und sich alles wandelt, Architektur, Sprache, Küche. So unglaublich viele Menschen haben diese Reise so einmalig gemacht. Manche haben mir einfach weitergeholfen wenn ich Mal wieder ohne Sprachkenntnisse völlig aufgeschmissen nach dem Weg gesucht habe, andere haben mir etwas über ihr Land und ihre Kultur erzählt, mich ins Theater begleitet, viele haben mich auf eine Tasse heißen Tee eingeladen, alle haben mir etwas ihrer Zeit geschenkt ohne zu fragen was es kostet oder was es bringt, einfach der Gastfreundschaft wegen. Eine einmalige Reise geht zu Ende, hunderte einmalige Erinnerungen bleiben!

    Shukran!
    Kheyli Mam'noon!
    Teşekkürler!
    Blagodarya!
    Merci frumos!
    Köszönöm!
    Danke!
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