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- Mar 5, 2025, 6:24 PM
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Cape VerdePorto de Santa Maria16°35’49” N 22°53’58” W
Das Glück dieser Erde

Cheriè. Das Pony, das gemeinsam mit ihrem Fohlen Nick meinen Geschwistern und mir eine wahrhaftige Ponyhofkindheit beschert hat. Sie lebte schon bei uns als ich geboren wurde. Die Stallungen mit Koppel und Weide lagen direkt an unserem Zuhause. Ölkrise sei Dank wurde die Kutsche damals an den autofreien Sonntagen herausgeholt, Cheriè wurde eingespannt und es ging auf eine kleine Ausfahrt. Sie gehörte zur Familie, wie jedes andere menschliche Familienmitglied auch. Sie graste im Garten, fraß das Obst von den Obstbäumen, naschte Kirschen und spuckte die Kirschkerne sorgfältig wieder aus. Passte niemand auf, so klaute sie auch schon mal gerne die Zuckerwürfel von der Kaffeetafel. Ihr erstes Fohlen starb. Das nächste zogen meine Eltern mit der Flasche auf, bis Cheriè es hat trinken lassen. Nick wuchs heran. Reiten haben wir uns irgendwie selbst beigebracht. Meine ersten richtigen Reitstunden hatte ich noch bevor ich in der Schule war. Jede freie Minute haben wir bei den Ponys verbracht. Wir sind im Sommer über Stoppelfelder galoppiert, haben Winnetou und Old Shatterhand nachgespielt und uns auch im Turnierreiten probiert. Meine Schwester auf Nick und ich auf Cheriè. Während meine wesentlich talentiertere Schwester mit Nick die vordersten Plätze belegte und bunte Schleifen ihre Zimmerwand dekorierten, bekam ich immer nur die braunen Trostschleifen an das Halfter gehängt. Immerhin hatte ich immer die Sympathie des "Publikums" und die Lacher der Kampfrichter auf meiner Seite, denn Cheriè meinte schon ihre Abneigung zu solchen Veranstaltungen beim Gruß in Richtung Kampfrichter Kundtun zu müssen, in dem sie eine Runde bockte. Besonders den Springwettbewerb mochte sie überhaupt nicht und verweigerte schon meistens beim zweiten Hindernis konsequent drei Mal, sodass ich bzw. wir ausschieden noch bevor wir jemals durchs Ziel hätten reiten können. Ja, Cheriè hatte Charakter, ein richtiges Pony mit Dickkopf halt.
Bei der Buchung des Ausrittes auf Sal wurde auch um eine eigene Einschätzung des Reitvermögens gebeten, damit das richtige Pferd gefunden und zugeteilt werden kann. Ich schrieb, dass ich eine erfahrene Reiterin wäre. Naja, ich kann auf einen großen Erfahrungsschatz mit einem Pony und auf ein paar Stunden auf dem Pferd meiner Schwester zurückgreifen. Zugegeben, das ist schon ein paar Tage her, aber sowas verlernt man ja nicht.
Am Reitstall angekommen, begrüßte uns Siggi. Wir sollten in gemütlicher Runde noch einmal selbst von unseren Erfahrungen mit Pferden erzählen. Es gab eine Mischung aus Reiterinnen mit wenig Erfahrung und absoluter Anfängerin. Ich war die Letzte, die erzählen durfte und haute erst mal raus, dass ich selbst mal ein Pferd besessen hatte und ich eine erfahrene Reiterin sei (dass dies ein Pony war, verschwieg ich genauso, wie die Tatsache, dass es schon Jahrzehnte her war). Mein Ziel war es, dass ich am Strand galoppieren durfte, und dies wäre mir bestimmt nicht erlaubt worden, wenn ich die oben erwähnten Details auch noch bekannt gegeben hätte.
Nach und nach wurden die Pferde zugeteilt und mit ReiterInnen bestückt. Nur ich stand noch da. Dann kam der Guide auf mich zu und fragte, wie denn so mein Pferd gewesen sei, also wie stark. Und ich antwortete, dass es auf jeden Fall charakterstark war. Das war ja nicht gelogen. Er sagte, dass er ein starkes Pferd für mich hat. Ob ich das denn auch wolle. Ich ließ mir nicht anmerken, dass ich kurz Respekt bekam, schließlich kann ich ja auch einen Drachen bändigen. Und dann wurde das Pferd aus seiner Box geholt. Venus. Ein Pferd in Sandfarbe. Das größte von allen anderen Pferden, die bisher mit Reitern versorgt wurden. Noch nie bin ich mit Tritthilfe auf ein Pferd gestiegen, aber dieses Mal nahm ich die Hilfe gerne an. Dann ging es los. Ich war die letzte, nach mir kamen nur noch zwei andere Guides.
Es ging durch die Salinen in Richtung Kitebeach, an dem an diesem Nachmittag kein einziger Kite am Himmel war. Venus trottete ruhig hinterher. Einmal machte sie nervös einen Trippelschritt, dann kam sofort ein tiefes kreolisches "Venusch" von dem Guide hinter mir. Sie verfiel sofort wieder in den Trott der gesamten Karawane. Es ging ohne besondere Vorkommnisse weiter, bis wir und den Dünen näherten. Venus fing an, mit dem Kopf zu nicken und trippelte wieder. Der hauptverantwortliche Guide ritt zu mir und sagte, dass sie nur laufen will und wir beide würden jetzt nach rechts reiten, während die anderen so lange warten würden, damit sich Venus kurz auspowern kann. Danach wäre sie ruhiger. Mittlerweile machte Venus schon ein anderes Pferd nervös, deren Reiterin vor Angst aufschrie vor Schreck. Ich versuchte mit "brrrrr" Venus zu beruhigen. Der Guide kam zu mir, stieg von seinem Pferd und griff nach Venus Trense, um dort einen Führstrick zu befestigen. Dann stieg er wieder auf und ritt los. Ich hatte von dem Moment an keinen Einfluss mehr über das Pferd unter mir. Wir galoppierten los. Mein Bein scheuerte an der Flanke des Pferdes vom Guide. Das war wenig begeistert, was man an den nach hinten gelegten Ohren des Tieres sehen konnte. Vielleicht lag es auch an dem erwachten Fluchtinstinkt. Auf jeden Fall wusste ich gar nicht wie mir geschah, es ging durch die Dünen kreuz und quer. Ich hoffte nur, dass beide Tiere nicht stolpern würden und konzentrierte mich auf meinen Sitz. Der Guide hielt den Strick mit festem Griff. Dann hielten wir an und drehten um. Wieder galoppierten wir los und ich vertraute allen, dem Guide, seinem Pferd, dass es nicht nach uns ausschlagen würde und Venus, dass sie nicht durchdrehen würde. Das muss der Guide gemerkt haben und ließ jegliche Bremse los. Es war wie ein Düsenantrieb und die beiden Pferde legten noch eine Schippe drauf, wie bei einem "Um-die-Wette-Rennen". An im Sattel-Sitzen war nicht mehr zu denken. Ich stand nun und legte mich nach vorne. Die Dünen sausten an mir vorbei. Der Moment dauerte nicht lange. Wir kamen wieder bei der Gruppe an. "Nun", sagte der Guide, "jetzt ist Venus ruhig. Sie musste nur mal ihre Power loswerden." Etwas außer Atem nahm ich meine Position ganz hinten wieder ein, nachdem der Guide den Strick wieder gelöst hatte. Der Zug setze sich langsam in Bewegung, dann wurde gefragt und aufgeteilt, wer 'mal traben, auch galoppieren oder weiter im Schritt bleiben wollte. Ich sollte mit Venus nach vorne. Ich konnte mir, noch ganz geflasht von den Minuten zuvor ein "der Ferrari unter den Pferden soll nach vorne" nicht verkneifen. Dieses Mal fragte mich der Guide, ob ich alleine oder wieder am Strick reiten wolle. Ihr kennt sicher schon meine Antwort. Natürlich alleine! Der Guide galoppierte los. Venus und ich hinterher. Was hinter mir passierte, bekam ich nicht mehr mit. Wir galoppierten am Kitebeach entlang und dann durfte ich Venus freien Lauf lassen. Sie durfte so schnell laufen, wie sie konnte. Und das tat sie. Es ging im Jagd Galopp an der Wasserkante vorbei. Noch nie zuvor bin ich so schnell geritten, wie mit ihr. Und dann auch noch vor dieser Traumkulisse. Ein unvergessliches Erlebnis. Ich hätte noch kilometerlang so weiter reiten können, aber nach etwa 800 Metern sammelte ich Venus wieder und wir trabten zur Gruppe zurück. Als ich mich beim Guide noch mal bedankte und sagte, dass ich glücklich bin, weil es so schön war, sagte er, dass auch Venus nun happy sei, weil sie schon lange nicht mehr am Strand galoppieren durfte. Sie würde nicht oft dazu kommen, auf die Touren mitzugehen, weil sie so temperamentvoll ist und es nicht so oft ReiterInnen auf den Touren geben würde, die geeignet wären. Ich weiß nicht, ob ich von Anfang an geeignet war, aber einen Hang zum Dickkopf habe ich allemal und am Ende hat es sich für Venus gut und für mich unvergesslich angefühlt.Read more
Traveler Oh das liest sich so schön....und die Bilder sind der Hammer 🥰
Traveler 🥰Danke
Traveler Soooo cool 😍😍😍
Traveler 🥰