Follow the wind

February - May 2025
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Es war noch so weit weg und plötzlich sind es nur noch 2 Tage, dann beginnt eine hoffentlich unvergesslich schöne Zeit voller Abenteuer im, auf und über dem Wasser, mein Kitebatical🤙 Read more
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  • Day 95

    I believe I can fly

    May 6 in Morocco ⋅ ☀️ 20 °C

    I believe I can fly
    I believe I can touch the sky
    I think about it every night and day
    Spread my wings and fly away
    I believe I can soar
    I see me running through that open door
    I believe I can fly
    I believe I can fly
    I believe I can fly (Woo)

    Welch Sarkasmus as its best....denn wàhrend dieser Song aus der JBLBox der Poolanlage läuft, liege ich hier wie am Boden festgetackert. 300 Tage im Jahr hat es hier Wind. In der Woche, in der ich hier bin, ist nicht ein Hauch eines brauchbaren Windes prognostiziert. Aber, Jammern ist keine Option. In der Sonne an diesem wundervollen Ort, einer wirklichen Wohlfühloase sein zu dürfen, empfinde ich als Privileg und ich bin wirklich sehr dankbar. Wo ich bin? Ich bin in Dakhla, Marokko. Hier gibt es auch eine riesige Lagune, ein Flachwasserparadies. Andi und ich wollten schon lange mal hierhin, aber von Deutschland ist man unendlich lange hierhin unterwegs. Man fliegt erst bis Casablanca und von da aus noch mal 5 Stunden bis Dakhla. Zudem kommt man noch mitten in der Nacht an. Das war als alleinreisende Frau keine Option für mich. Daher war der Move von Fuerteventura richtig smart. Zwei kleine Hopper sozusagen. Und ich kam Mittags an! Die Koffer musste nach dem Kofferband noch mal durch den Sicherheitscheck. Mein Handschrauber wurde als Gefahr erkannt und ich musste ihn einmal aus dem Koffer holen. Ja, ein Schraubenzieher würde es auch tun um die Finnen und die Fußschlaufen ans Board zu schrauben, aber den Luxus eines elektrischen Schraubers trotz seines Gewichts erlaube ich mir. Ich durfte ihn wieder in den Koffer legen und einreisen. Dort wartete ich auf das Taxi. Nach 20 Min. rief ich im Hotel an. Es nahm niemand ab. Dakhla ist ein sehr kleiner Flughafen und während ich wartete, gingen gefühlt alle Mitarbeiter, die ich vorher im Gebäude habe arbeiten sehen, raus und nach Hause. Würde ich nun alleine hier übrig bleiben? Ich wählte noch einmal die Nummer des Hotels und erreichte eine junge Dame. Sie wolle sich kümmern, so ihre Antwort. Dabei hatte ich am Tag zuvor noch per WhatsApp meine Ankunftszeit durchgegeben, weil das Hotel genau danach gefragt hatte. 10 Minuten später kam ein Großraumtaxi. Und dann musste ich sehr tief in meine. Hirnwindungen graben, um mein Französisch zu finden, was ich einst in der Schule gelernt und geliebt hatte. Leider konnte ich es kaum wieder ausgraben, war es doch unter einem Berg von italienischen Wörtern begraben. Ich antwortete ständig auf Fragen mit "si" anstatt "oui", also immer mit "doch" anstatt" ja". Der Taxifahrer lächelte meine Unbeholfenheit einfach weg. Wir fuhren raus aus Dakhla, immer geradeaus, durch drei Polizeikontrollen durch. Sollte mir das nun ein besonderes Gefühl von Sicherheit oder von besonders gefährlich vermitteln? Ich entschied mich für Ersteres. Rechts und links waren überall Baustellen und man kann nur erahnen, was hier in ein paar Jahren oder Jahrzehnten bzgl. der Tourismusbranche los sein wird. Schließlich fuhren wir von der Straße ab und folgten einem sandigen Weg, zum Glück ohne stecken zu bleiben. In einem Wall aus Sand führte ein Tor zum Resort. Angekommen checkte ich nach einer kurzen Führung durch das Resort ein. Es gibt einen Spa, ein Fitnessstudio und einen wundervollen Poolbereich. Das Restaurant ist groß mit nettem Ambiente und das Essen außergewöhnlich gut. Verschiedenste Salate lassen mein Vegetarierherz höher schlagen. Drei Mahlzeiten am Tag sind eher die Ausnahme für mich, aber dadurch, dass es so viele Salate zur Auswahl gibt, alles so frisch zubereitet, nahrhaft und gesund ist, kann ich komplett auf Kohlenhydrate verzichten und brauche kein schlechtes Gewissen zu haben, dreimal am Tag Salat und Proteine zu essen. Das Publikum ist fast ausschließlich französisch und entgegen allen vorherrschenden Meinungen oder eher Vorurteilen habe ich bisher nur sehr freundliche und darüber hinaus sehr gut englisch sprechende Franzosen kennengelernt. Und wenn ich ehrlich bin, dann kommt mir das Bonjour und Bonsoir oder Merci bien auch schon wieder angenehm fast akzentfrei von ganz hinten aus der Kehle und über meine Lippen. Mit anderen Worten auch am Boden lässt es sich ganz gut aushalten. Auch wenn isch das Prückeln in meinem Bauchnabelll vom Fliegen ein wenisch vermisse. Gestern kam ein wenig Wind auf. Ich wusste, dass es keine genussvolle Session wird, aber ich wollte wenigstens einmal auf dem Wasser gewesen sein. Einmal das Wasser der Lagune gefühlt haben. Und so kam ich auch 30 Min. später wieder aus dem Wasser heraus. Es war ein einzigen Gekurbel am Kite. Ich kam ins Gespräch mit einem anderen Kiter. Er wäre zum 6. Mal hier und noch nie hatte er keinen Wind hier. C'èst la vie....isch fliege dann mal eben zum Buffet...
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  • Day 95

    Das Schlimmste, was einem passieren kann

    May 6 in Spain ⋅ ⛅ 19 °C

    Vor meiner Reise beruhigte ich mich mit dem Gedanken, dass egal was passiert, abgesehen vom Verlust meiner Gesundheit, alles irgendwie mit einer funktionierenden und gedeckten Kreditkarte geregelt werden kann. Alles, nein, nicht alles, nur wenn man einigermaßen dem Englischen mächtig ist. Reminder an mich: Auffrischung des Buchstabierens in Englisch erforderlich!
    Heute Morgen checkte ich um 7 Uhr aus dem Hotel aus. Für alle, die nach einer modernen, sauberen Unterkunft suchen kann ich das H10 Esmeralda sehr empfehlen. Achtung: Adults only! Ich hatte 1,5 h um den Mietwagen vollgetankt zum Flughafen zu bringen und mein Gepäck am Check-in-Schalter abzugeben. Die Tankstelle erreichte ich um 8 Uhr, also war ich voll im Zeitplan. Jeder kennt's: wenn man mal ein anderes Auto fährt muss man erst mal auf die Suche gehen, wie sich der Tankdeckel öffnen lässt. Der Tankdeckel meines Citroens ließ sich mit dem Schlüssel öffnen. Die Zapfsäule sprach Spanisch mit mir. Ich fragte mich, ob ich vorher meine Karte in den Automaten stecken muss und dann tanken kann oder ob ich wie in Deutschland nach Befüllung des Autos zum Schalter in die Tanke gehen muss. Außer Spanisch verstand ich nichts. Aber ich sah, wie alle anderen in das Gebäude rein und mit einer Quittung in der Hand wieder rausgingen. Also alles wie Zuhause. Das Benzin lief und stoppte ziemlich schnell. Viel hatte ich also nicht verbraucht. Ich hängte den Zapfhahn zurück und setzte den Deckel wieder auf die Tanköffnung und drehte den Deckel nach rechts. Dann zog ich am Schlüssel. Nichts. Der Schlüssel steckte im Tankdeckel. Ich drehte den Deckel noch mal nach links und setzte ihn erneut darauf. Dasselbe Spiel noch mal. Wieder nichts. Der Schlüssel war wie einbetoniert. Alles Drehen und Ziehen half nichts. Vielleicht kannte sich der Tankwart damit aus. In der Hoffnung, einen kompetenten Mann oder Frau zu finden, ging ich zum Schalter. Bezahlen musste ich ja sowieso, egal ob ich das Problem lösen würde können oder nicht. Ich fragte einen Mann, der jedoch nur Spanisch sprach (ich sowieso nicht die englische Vokabel für Tankdeckel wusste, sondern ihm nur die Misere unter die Nase hielt) und mir außer der Geste den Deckel zu drehen, keinen weiteren Tipp geben konnte. Ich bezahlte und verschob das Problem auf die Zukunfts-Claudia, die, die sich nach dem Bezahlen dem Problem wieder widmen würde. Diese Claudia hatte kurze Zeit später die glorreiche Idee, dass Problem einfach dem Autovermieter an der Autorückgabestation weiterzugeben. Mit einer Hand schon an der Autotür fiel dieser aber auf, dass sich der Schlüssel mit dem Tankdeckel daran nicht in das Zündschloss stecken lassen würde. Zu meiner Entschuldigung: ich hatte super schlecht geschlafen und noch keinen Kaffee getrunken! Also zurück zum Tank, wieder versuchen. Ich weiß nicht wieso, weshalb und warum, aber jetzt ließ sich der Schlüssel nach dem Drehen einfach herausziehen. Das ging noch mal gut. Ich hatte den Schlüssel nicht abgebrochen und war immer noch gut in der Zeit, um 2 Stunden vor Abflug am Check-in zu sein. Ich übergab das Auto, schnappte mir einen Gepäckwagen und rollte zum Terminal. Der Schalter war bereits geöffnet, d.h. er ist, glaube ich, ganztägig geöffnet, denn es fliegen mehrere Maschinen von und zu meiner nächsten Destination hin und her. Dementsprechend gab es keine Schlange. Ich rollte vor und legte meinen Reisepass vor. Die Fluggesellschaft, mit der ich zum nächsten Ziel fliege, ist eine spanische. Die Buchung hatte ich am Laptop und mithilfe des Googletranslaters vorgenommen. Telefonisch musste ich nach der Buchung des Fluges das Kitegepäck noch dazu buchen und bezahlen. Den Check-In erledigte ich per Smartphone über die App vor 2 Tagen. Die war auf Spanisch. Aber ich erhielt meinen Boardingpass. Die Dame am Schalter nahm meinen Reisepass. Sie stutzte, klickte sich durch ihren Computer und telefonierte schließlich. Ich verstand wieder nur Spanisch. Dann legte sie auf und wandte sich zu mir. Sie erklärte mir auf Englisch, dass ich zweimal denselben Namen angegeben hätte, aber auf meinem Pass zwei Namen stehen würde. Ich erklärte ihr, dass der eine mein Geburtsname und der andere mein angeheirateter Name sei. Ich hatte beim Check-in nur meinen jetzigen Namen angegeben. Die App hatte wohl den Namen auf der Suche nach eines zweiten Namens einfach verdoppelt. Sie erklärte weiter, dass ich zwar zur nächsten Insel, aber dann weiter in mein finales Reiseland an der Passkontrolle wahrscheinlich nicht durchgelassen werden würde. Sie sagte, dass ich zum Ticketschalter der Fluggesellschaft gehen und fragen solle, ob sie dort den Namen ändern könnten. Dem folgte ich. Aber auch diese Dame konnte mein Problem nicht lösen. Sie sagte, ich solle die Hotline der Fluggesellschaft kontaktieren und gab mir noch die Nummer. Ich also die Nummer angerufen und wie das immer so ist, landet man erst mal in der Warteschlange. In der Zeit, in der ich wartete, fragte ich noch kurz am Ticketschalter nach, wie viel ein neues Ticket mit korrektem Namen kosten würde. Immerhin gab es kein: Der Flug ist ausgebucht und es gibt keine weiteren Tickets mehr, aber trotzdem war der Preis, den sie mir nannte um einiges teurer als der, den ich bei meiner Online-Buchung bezahlt hatte. Dann meldete sich eine junge Frau, die mir anbot auf Englisch zu sprechen. Ich schilderte ihr das Problem und sie hatte die perfekte Lösung. Ich könnte jetzt ein neues Ticket für denselben Preis, den ich schon mal bezahlt hatte buchen und für den bisherigen werde man mir erstatten. Besser hätte es nicht laufen können. Ok, doch, beim Buchstabieren fielen mir lustige Wörter ein. Ich buchstabierte meinen Geburtsnamen auf eine sehr unkonventionelle Weise, die aber zum Glück zum Erfolg führte und zur Erheiterung der jungen Dame führte wie folgt: "N like Napoli, E like Ecco, T like tomato, again T like tomato, H like Hallo, O like Opa with points🤣, F like Fuerteventura, E like Ecco and L like Lanzarote". Ich erhielt mein neues Ticket und wurde durch den Check-In auf Fuerte, sowie durch die Passkontrolle auf Gran Canaria gelassen. Ob ich aber nach der Landung im neuen Ziel bleiben darf, wird sich herausstellen. Vielleicht wäre auch das Schlimmste, was mir hätte passieren können, dem nackten Kitesurfer zu begegnen, der sich an dem Tag auf dem Wasser tummelte als ich lieber wandern war. Ohne Spaß, so haben es mir andere glaubwürdige Kitesurfer erzählt. Dabei habe ich doch immer schon Angst um meine Finger, falls die sich mal in den Leinen verfangen sollten...was wäre wohl das Schlimmste, was ihm hätte passieren können? Auf jeden Fall etwas, was man mit keiner Kreditkarte der Welt hätte ersetzen können...aber gesehen hätte ich es schon gerne🤭 oder wäre es das Schlimmste gewesen, was mir hätte passieren können?
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  • Day 92

    Bilder im Kopf

    May 3 in Spain ⋅ ☀️ 19 °C

    Also die Aussage, dass Fuerteventura nicht viel mehr zu bieten hat als Wassersport, kann ich so nicht unterschreiben. Gestern war der Wind erst gegen Abend vorhergesagt also gab es für mich Gelegenheit, andere Dinge zu erledigen. Vor einem Jahr auf Teneriffa hatte ich mir, durch meine Tochter inspiriert und beraten, zum ersten Mal professionell meine Fingernägel machen lassen. Und seitdem leiste ich mir diesen Luxus regelmäßig, denn ich hatte noch so schöne Fingernägel wie seit dem. Zum Glück konnte ich relativ schnell einen Termin ausmachen und saß so um 9:30 Uhr einer jungen Frau aus Deutschland gegenüber, die meine Nägel mit Glanz und Chrome restaurierte. So richtig gesprächig war die Dame nicht. Vielleicht lag das am Knoblauch im Spinat meines Abendessens davor. Ich weiß es nicht. Es täte mir jedenfalls leid, wenn es so gewesen ist. Ein bisschen sprachen wir jedoch und davon ist mir eins in besonders intensiver Erinnerung geblieben. Die junge Frau mag es, wenn das Meer ruhig ist und es keinen Wind gibt. Denn dann macht sie Stand-up-Paddling. Letztes Jahr machte sie eine Pause und saß mit den Füßen im Wasser baumelnd auf dem Board als sie plötzlich eine dreieckige Rückenflosse aus dem Wasser vor ihr ragen sieht. Ihr könnt euch sicher genauso gut wie ich das Bild vorstellen, wie schnell sie ihre Beine wieder auf dem Board hatte. So ungefähr erging es mir am Donnerstag beim Kitesurfen als ich noch dachte, dass portugiesische Galeeren mein größter Schrecken bei Südwind sein könnte. Denn als ich so durch die Wellen fuhr, war vor mir plötzlich etwas Braunes, mit langer Schwanzflosse im Wasser. Jedenfalls machte das Ding und ich jeweils in die entgegengesetzte Richtung reiß aus und ich war so geschockt, dass ich sofort aufhören wollte. Entschied mich aber dafür, erst mal nicht mehr ganz so weit rauszufahren und dann später in die Lagune zu wechseln. Zum Schluss fragte Aileen mich, ob sie noch ein Foto von meiner Hand bzw. von meinen Nägeln machen durfte, wogegen ich nichts einzuwenden hatte. Also streckte ich meine rechte Hand durch ein Loch einer Pappwand, bekam noch eine weiße Federboa um mein Handgelenk und musste brav stillhalten, Falls ihr jetzt wissen wollt, wie meine Nägel aussehen, müsst ihr auf die Website gehen und Ausschau nach der Hand halten, bei dem auf dem Mittelfinger ein kleiner Schnitt zusehen ist. Den hatte ich mir bei einem missglückten Trick in der Lagune durch eine Muschel zugezogen und vergessen, Aileen darauf aufmerksam zu machen. Vielleicht hat sie ihn auch später wegretuschiert, da sind ja tolle Sachen mit Fotoshop möglich;).
    Nach dem Nagelstudiobesuch fuhr ich zu einem Kitesurfshop, denn der Reißverschluss meine Kitebag zickte schon seit mehreren Reisen und ich hatte Angst, dass er gar nicht mehr verschließt oder er komplett ausreißt. Also musste eine neue her. Im Shop gab es tausend schöne Sachen, die das Leben schöner machen, aber ich konnte mich beherrschen und fuhr mit neuer Kitebag im Kofferraum und ein paar Inspirationen im Kopf an die Südspitze der Insel, zum Leuchtturm von Jandia, von welchem aus ich zu einer Wanderung aufbrechen wollte. Knapp 60 Minuten mit dem Auto sollte ich brauchen, dabei sind es von der Entfernung nur 45 Minuten, aber knapp 20 km davon geht es über Schotterpiste und die dazu noch wie auf einer Kartstrecke mit gefühlt 100 Kurven. Das hat vor allem auf dem Rückweg richtig Spaß gemacht, weil die Strecke quasi frei und ohne Gegenverkehr war. Am Leuchtturm angekommen, schnappte ich mir meinen Rucksack und machte mich auf den Weg, abseits der eigentlich vorgeschlagenen Wanderroute von Komoot. Ich wollte erst mal an der Küste entlang und diesen Teil der Meeresseite der Insel erkunden. Ich sah Fischer, die auf Felsvorsprüngen ihre riesigen Angelruten in die Gischt hielten. Da kamen ganz schöne Brecher an. Ein wenig später sah ich schon von weitem ein paar wenige Autos stehen. Zu Recht, wie sich herausstellte. Dort gab es eine traumhafte Bucht, zu der man zuerst einen ungesicherten schmalen und sehr sandigen Weg heruntergehen musste, der dann in eine Holztreppe mit Geländer überging. Hatte man den Abstieg überlebt, war man im Picknickparadies angekommen. Ich konnte mich gar nicht satt sehen, so schön war es da. Weiter ging es noch ein Stuck an der Küste entlang, um dann ins Landesinnere Richtung Hügel einzubiegen. Schaute ich in diese Richtung musste ich immer an die Westernfilme denken, in denen man die Ankunft der Indianer schon 2 Tage vorher sehen konnte. "Die Komantschen werden in 2 Tagen hier sein", so weit war die Sicht. Auch die Umgebung wirkte wie aus dem Wildwestfilmset. Zum Glück hörte ich das Blubbern meiner Wasserflasche im Rucksack bei jedem Schritt und so kamen trotz flimmernder Hitze kein Gefühl des Verdurstens in mir hoch. Ich erreichte die Hügel und hatte von dort aus einen fantastischen Ausblick auf die Ebene, die ich vorher durchquert hatte und das Meer, welches den Zipfel der Insel so schön dunkelblau einschloss. Eine frische Brise wehte mir ins Gesicht. Nach 3 Stunden war ich wieder am Leuchtturm angekommen. Auch wenn es Wind gegeben hätte, wäre ich nicht traurig gewesen, nicht auf dem Wasser gewesen zu sein. Dafür war diese Wanderung mit ihren verschiedenen Facetten viel zu schön, wenn auch ein klein bisschen anspruchsvoller als die vorherige. Während ich diesen Beitrag schreibe, liege ich am Strand. Im Bikini. Meine Bikinihose ist weiß braun gestreift. Das Erdhörnchen über mir scheint dieses Bild als ein besonders großes Exemplar seiner Gattung anzusehen. Anders kann ich mir seine neugierigen Blicke nicht erklären. Erklären kann ich mir wiederum die Kleiderordnung im Restaurant. Sonst würden sich vielleicht die vielen, vielen Anbeter der Freikörperkultur hier zur konsequenten Fortsetzung ihrer Leidenschaft auch am Buffet hinreißen lassen. Und jetzt überlasse ich euch euren Bildern im Kopf. Ende für heute.

    https://www.komoot.de/tour/2214864575?ref=avs&a…
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  • Day 89

    Einmal zum Mond und zurück

    April 30 in Spain ⋅ ☀️ 18 °C

    Dienstag war zwar Wind angesagt, aber wie sich herausstellte, war dieser nicht gut. Und so hatte ich mich richtig entschieden. Ich legte einen Restday am Pool mit einem Krimi, einmal auf Deutsch und einmal auf Italienisch, ein, nur unterbrochen von einem klitzekleinen Pisolino. Ich glaube, ich habe noch nie so wenige Schritte an einem Tag gemacht wie an diesem. Und das will in dieser Hotelburg schon was heißen. Deshalb mussten am Mittwoch mehr Schritte her. Und die macht man bekanntlich in hoher Anzahl beim Laufen oder beim Wandern. Beim Laufen wäre ich wieder in dieser Gegend geblieben, aber ich hatte große Lust mal etwas anderes von der Insel zu sehen. Wind war auch keiner angesagt. Deshalb suchte ich mir eine schöne Route an der Westküste auf Komoot aus und machte mich nach dem Frühstück und nach einem Videocall mit meiner ehemaligen Klasse mit meinem Auto auf den Weg nach Ajyu. Die Landschaft nach Costa Calma entspricht dem Anblick, den ich vom Wasser aus immer auf Fuerteventura habe. Eine karge, trockene und hügelige Landschaft durch die sich nur eine Asphaltstraße zieht. Nach ca. 45 kam ich an dem Küstendörfchen an. Erkennen konnte ich es schon von Weitem, denn es ragen hochgewachsene Palmen um einen Kreisverkehr hervor, die die kleinen weißen Häuser verdecken. Der Parkplatz ist schnell gefunden und kostenlos. Also habe ich den Rucksack geschnappt und erst mal Richtung Strand gegangen. Von dort sollte die Wanderung starten. Ich ging die Straße runter, bog um eine Ecke und war auch schon da. Eine große Bucht, von steilen Felswänden eingebettet das türkisfarbene Meer, das seine Kraft in gewaltig anrollenden Wellen präsentierte, die wiederum auf schwarzen glitzernden Sand treffen. Das war schon sehr imposant. Ich nahm mir vor nach der Wanderung noch ein bisschen hier zu verweilen. Los ging es. Rechts führte ein Weg die Felswand herauf. Es ging an der Steilküste entlang. Vom Anblick des Meeres egal aus welcher Perspektive werde ich wohl nie müde. Aber wenn es dabei noch so gewaltig ist, dann löst es eine ganz besondere Faszination bei mir aus. Beeindruckend waren auch das Schuhwerk einzelner WanderInnen. Meine innere Frau Rottenmeier kann Keilabsätze und Flipflops auf mit Felsen, Geröll und Steinen durchzogenen Wanderwegen nicht gutheißen. Ein junger wunderschöner Kater saß am Wegesrand und schaute aufs Meer. Eine Meerkatze also. Ich konnte nicht widerstehen und musste ihn streicheln. Das sah er gleich als Einladung an um auf meinen Schoß zu krabbeln. Awww, so einen entspannten Kerl habe ich noch nie kennengelernt. Als die Hotspots wie die Sandhöhlen, die Krebse, die Erdhörnchen und die große Höhle, zu der man eine steile Treppe hinunterlaufen musste, vorbei waren, begegnete ich nur noch vereinzelt anderen Wanderern. Nach ca. 3 km ging es ins Landesinnere weg von der Küste. Es kam mir vor als würde ich auf dem Mond wandern. So unwirklich, lebensfeindlich und unbewohntbar kam mir die Landschaft vor. Komoot navigierte mich sicher durch die Wüste bis zur Madre Aqua, einer kleinen Oase mitten in einem Tal. Dann ging es nur noch geradewegs zurück zum Örtchen Ajyu. Ich war insgesamt, jedoch mit Pausen und Verweilen an den schönsten Stellen 3 Stunden unterwegs. Für alle, die sich auf meine Pfade begeben wollen, hänge ich die Wanderung an. Es war eine wunderschöne Abwechselung, die ich jedem ans Herz legen kann, der halbwegs gut zu Fuß ist.

    https://www.komoot.de/tour/2203115068?ref=avs&a…
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  • Day 87

    Woo-hoooo

    April 28 in Spain ⋅ ⛅ 21 °C

    Montag war einer dieser Tage, an dem ich vom Kitesurfen einfach nicht genug haben konnte. Zuerst wollte ich gar nicht raus, denn der Forecast prophezeite noch mehr Knoten als am Tag zuvor und da war ich mit meinem 9er schon ziemlich am Limit. Am Spot angekommen, kam gerade ein Mann mit einem 10er wieder rein. Seine Anmerkung, dass ihm die Böen mittlerweile zu stark geworden sind, ermutigte mich nicht gerade. Das einzige Pro Argument war, dass der Kiter klein und zierlich war. Ein anderer ging mit einem 9er raus und der war klein, aber kräftig. Was sollte es, ich war ja nun einmal da und falls es zu viel wäre, würde ich einfach wieder raus aus dem Wasser gehen. Also baute ich meinen Kite auf und bekam noch Zuspruch von einer anderen Kiterin, die ihrerseits den 7er Kite gegen einen 6er tauschte. Super! Sie meinte, dass sie mich die letzten Tage schon gesehen hätte, ich ja doch recht sportlich unterwegs sei und deshalb den 9er ruhig ausprobieren solle. Also baute ich meinen Kite auf und ging ich aufs Wasser. Mich erwischte direkt eine Böe. Ich fuhr viel zu schnell, um kontrolliert über die Wellen zu fahren. Es kam, wie es kommen musste. Das Brett blieb in einer Welle hängen, der Kite riss mich mit sich und ich wurde bäuchlings durchs Wasser gezogen, wobei ich erst mal einen ordentlichen Schluck guten Atlantischen Ozeans zu mir nahm. Ich brachte den Kite aber schnell unter Kontrolle, ekelte.mich ordentlich vor dem salzigen Wasser und ließ mich zum Board ziehen. Schnell wieder rauf und weiter gefahren bevor noch etwas an mir rumknabbern möchte. Mir kam schon bald ein anderer Kiter entgegen, der fragend seinen Daumen nach oben hielt. Ich denke, dass er fragen wollte, ob bei mir alles in Ordnung ist und nicht, dass ich bei dem Manöver eine gute Figur hingelegt hätte. Sowieso ist das hier ein ganz feines Miteinander auf und neben dem Wasser. Da wird gegrüßt oder auch mal ein anerkennendes Jubeln für einen guten Sprung gespendet. Kein Neid, sondern viel Rücksichtnahme wird jedem entgegengebracht. Es wird sich automatisch entschuldigt für ein zu nahes Heranfahren oder für eine unvorhersehbare Wende. Noch nie habe ich so schnell oder leicht Kontakt zu anderen Kitesurfern bekommen wie hier. Das macht es noch schöner hier als es eh schon ist. Jedenfalls nach meinem nicht sehr eleganten Abgang zu Beginn der Session hatte ich im Anschluss den Kite mit dem Wind wieder im Griff. Egal welche Böen kamen und wie sehr der Wind fegte, ich habe die Zeit auf dem Wasser ausgekostet und genossen wie es nur ging. Das Gefühl, wenn man springt und der Kite einen hoch liftet und zusätzlich dann noch die Böe kommt und Dich wie ein Fahrstuhl weiter nach oben zieht, ist unbeschreiblich. Mein ganzer Körper ist auf Spannung und ich kann gar nicht atmen bis ich wieder gelandet bin. Andi hatte mir zu Weihnachten die WOO geschenkt. Das ist ein Sensor, den man mit einer kleinen Halterung am Board befestigen kann und der dann sämtliche Daten der Session speichert, wie z. B. Höhe der Sprünge, Anzahl der Sprünge, Dauer der Session, die Strecke und vieles mehr. Er schenkte mir diesen mit einem Augenzwinkern, denn an die richtige Bemessung der Sprunghöhe des jeweils anderen allein durch Augenmaß war immer wieder Anlass zur Diskussion. Denn man nimmt ja den Sprung immer viel höher wahr als er tatsächlich ist. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Und eine WOO lügt nicht. Übrigens müsst ihr Euch beim Lesen des Wortes "WOO" bitte einen Kitesurfer vorstellen, der gerade einen tollen Sprung geschafft hat und vor Freude woo-hooo ruft, dann betont ihr den Namen genau richtig. Nun ist das Ding an meinem Board und mein Ehrgeiz, höher zu springen als in der Session davor, ist jedes Mal aufs Neue entfacht. Laut WOO bin ich bei der letzten Session 81 Mal gesprungen, wobei da auch die kleinen Hüpfer über die Wellen mitgezählt werden, aber egal. Das bedeutet jedes Mal, dass meine Muskeln Höchstarbeit leisten, damit ich nicht wieder so ein Malheur wie das oben beschriebene passiert. Irgendwann passieren mir aber dann wieder Fehler weil meine Konzentration nachlässt oder mein Körper mude ist und dann ist es Zeit aufzuhören. An diesem Tag fiel es mir schwer, die Session zu beenden. Das Wasser war zu schön, wie es so einen dünnen Film, mit jeder Welle, über den Strand zog, die ersten 30 m waren glatt gebügelt vom starken Wind, keine Wellen, dafür glitzernd, klar und butterweich. Aber meine Beine waren schwer und ich musste rechtzeitig für den Italienischkurs vor dem Laptop sitzen. Als ich den Kite landen wollte, half mir ein anderer Kiter. Er sagte, dass er nicht fragen würde, wie die Session war, denn das würden meine Augen schon verraten. Am Rand saß ein Kiter, der gerade versuchte, die Leinen seiner Bar zu entknoten. Ich wusste sofort, dass es derjenige sein musste, den ich im Laufe des Nachmittags mit seinem Kite auf dem Wasser hatte treiben sehen. Ich hatte ihn im Blick, hätte Hilfe geholt, wenn nicht innerhalb von 10 Minuten der Rescue mit Jetskis bei ihm gewesen wäre. Gut zu wissen, dass das wirklich funktioniert. Ich fragte ihn, wie viel er hatte zahlen müssen. Darauf folgte erst mal sein ungezügelter Ärger darüber, dass er "gerettet"wurde. Er hätte das auch allein wieder hinbekommen. (Was ich bei ausgelöster Bar und dem starken ablandigen Wind bezweifelte). Sein Akzent beim Englisch sprechen verriet mir gleich: Er war Italiener. 50 Euro hatte er gezahlt. Och, dachte ich, jemand anderes hatte mir etwas von 120 Euro pro Rettung erzählt. Worüber regte er sich also auf? By the way, 120 Euro würde ich auch zahlen, so viel wäre mir mein Leben wert so lange ich noch ganz oft "woo-hoo" rufen kann.Read more

  • Day 85

    Alles eine Frage der Ausrüstung

    April 26 in Spain ⋅ 🌬 20 °C

    Fuerteventura, bisher hältst Du, was Du versprichst. Um 11 Uhr vormittags geht die Windmaschine an und dann bläst es satten Nordostpassatwind vom Feinsten. Also zumindest die letzten beide Tage, an denen ich den Wind auskosten durfte. Gestern war ich ja mit dem 11er draußen und überpowert. Heute packte ich also den 9er ein, auch wenn Windfinder nur 14 Knoten ansagte und ich kurz überlegte, nicht doch den 11er zunehmen. So manch einer fragt sich jetzt, warum ich nicht einfach beide Kites ins Auto schmeiße und vor Ort entscheide. Die Kites haben Tubes, eine dicke Fronttube und dann je nach Modell 3 oder 5 Strutts, also kleinere Tubes, die mit der Fronttube durch kleine Gummischläuche verbunden sind und sich längs der Breite vom Kite ziehen. One-Pump oder auch Oktupuss-System sei Dank, dass man nicht mehr jede einzelne Tube auch einzeln aufpumpen muss. Das war früher so. Mittlerweile werden alle Kites so hergestellt, dass man alle Tubes gleichzeitig mit der Fronttube aufgepumpt. Eben wegen des o.g. Systems. Zur Sicherheit gibt es kleine Verschlüsse an den Schläuchen, die im Falle eines Luftverlustes das Entweichen der Luft aus sämtlichen Tubes verhindern soll. Nun steht das Auto in der prallen Sonne, während ich kitesurfe. Würde ich den anderen Kite im Auto lassen, würden genau diese Gummischläuche Schaden nehmen, weil sie durch die Hitze weich und porös werden würden. Heute passte der 9er aber hervorragend und der Core XR liftet einfach fantastisch, sodass ich auch mithilfe von Böen endlich über 5 m hochgesprungen bin. Ja, die richtige Ausrüstung macht's. Wo der Mann, der splitterfasernackt an der Lagune, in der sich nur Kitesurfer tummeln, nur mit Handtasche und Flipflops bekleidet, seine Ausrüstung gelassen hat, weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass ich als ich ihn sah so geguckt haben muss, wie die Hotelgäste in der Hotellobby bei meiner Ankunft.Read more

  • Day 83

    Wenn nicht hier, wo denn dann?

    April 24 in Spain ⋅ 🌙 19 °C

    Fuerteventura hatte ich seit Beginn meiner Kitesurfkarriere immer mal wieder im Blick, denn der Name sollte Programm sein, ein Mekka des gepflegten Windsports. Es gibt auf Fuerte zwei bekannte Kitespots. Der eine liegt davon im Norden der Insel bei Corallejo. Ein Wellenspot auf offenem Meer. Der andere Spot liegt im Süden bei Costa Calma bzw. Sotavento. Ein großer Strandabschnitt läuft bei einer bestimmten Mondphase und Hochwasser voll Wasser und es entsteht eine ca 4 km lange Stehtiefe Lagune mit glattem Wasser, die durch eine Sandbank vom Meer getrennt ist. Man hat also beides, Welle und Flachwasser. Genau das wollte ich. Also schaute ich auf den Mondkalender und informierte mich darüber, wann der Wind am sichersten auf Fuerteventura blasen würde, außerhalb des Hochsommers, buchte eine Unterkunft, einen Mietwagen und flog gestern von Palermo über Barcelona nach Fuerte. Der Anblick beim Landeanflug schon ein Träumchen, genau in den Sonnenuntergang hinein.
    Ich holte den Mietwagen ab und fuhr Richtung Süden. Im Radio lief irgendein Sender von Fuerte und man sprach... deutsch. Oh, das kam unerwartet. Gibt es tatsächlich deutschen Funk auf Fuerte? Ich machte erst mal meine Playlist von Sal per Spotify an. Nach 60 Minuten kam ich am Hotel an. Zum Glück parkte gerade jemand vor dem Hotel aus, sodass ich mir diesen Parkplatz schnappte und somit das ganze Gepäck nicht noch zig Meter schleppen musste. Ich bugsierte Koffer, Kitebag und mich irgendwie durch die Drehtür. Dachte noch kurz daran, wie das aussehen würde, wenn ich stecken bliebe, schaffte es aber mit etwas ruckeln und zuckeln dadurch und stand direkt in einer großen Halle mit einer 360 Grad Bar. Gäste saßen verteilt in den Sesseln und unterhielten sich. Als ich durch die Tür kam und mich umsah, um die Rezeption zu finden, verstummten alle Gespräche wie auf Knopfdruck. Ich wurde angeschaut als wäre ich ein Alien, welches gerade auf der Erde gelandet war. Meine Rettung war die Rezeption, die ich gefunden hatte und auf die ich möglichst souverän versuchte drauf zuzulaufen. Trotz tonnenschwerem Gepäck. Die Dame beim Check-in sprach mich direkt auf Deutsch an. Als alles geregelt war bezig ich mein Zimmer. Also mein Zimmer ist wunderschön mit Kingsize-Bett und großer Terrasse. Aber das Beste ist, dass ich von meiner Terrasse aus den Kitespot sehen kann.
    Eine Stunde Zeitverschiebung ließ mich heute Morgen um 7:30 Uhr zum ersten Mal auf die Terrasse gehen. Und was sehe ich da? Ein Pärchen mittleren Alters läuft in der Poollandschaft herum und reserviert sich zwei Sonnenliegen. Vor Schreck habe ich mich erst mal wieder ins Bett verkrochen. Der Gedanke:" was habe ich mir nur dabei gedacht in ein Hotel, anstatt in ein kleines Apartment zu gehen?" quälte mich etwas, aber die Nähe zum Spot, der Fitness und Wellnessbereich sind ziemlich gute Argumente, dieses gewählt zu haben, auch wenn man das richtige Abenteuerfeeling nicht dadurch bekommt. Aber das wäre es wahrscheinlich auch allein schon dadurch nicht, weil man schon im Flughafengebäude deutsche Beschilderung vorfindet. Um 8:30 Uhr machte ich mich auf, um das Frühstücksbuffet zu erobern. Und das kann sich sehen lassen. Nur ein Verdrücker am Kaffeeautomaten sorgte für Verwirrung meiner Geschmacksknospen. Anstatt Caffeconleche hatte ich Chococonleche gedrückt. Ein Schluck und ich befand mich geistig im Skiurlaub und das auch noch in einem von vor über 15 Jahren als die Kinder noch klein waren und ich mich mit ihnen und einer heißen Schokolade in einer Skihütte aufwärmen musste. Ich beließ es bei dem Schluck und besorgte mir noch ein Stückchen Pampelmuse zum Kontern. Nach dem Frühstück suchte ich über Maps einen Supermarkt heraus, zu dem ich hin spazieren wollte. Ich brauchte auf jeden Fall Wasser. Maps sagte mir, dass ich ein langes Stück am Wasser entlang gehen können. Ich verließ das Gelände durch das Strandtor und war direkt von der Felslandschaft entzückt, die durch eine kleine Bucht mit feinem Sand und türkisfarbenen Wasser unterbrochen wird. Rechts auf dem Platz vor der Felskante standen wenige Camper. Das hatte ich tatsächlich auch einmal in Erwägung gezogen, denn auf Teneriffa war das ja auch die Unterkunft erster Wahl. Aber ich hatte auch gehört, dass die Straßen teilweise katastrophal seien und ich wollte keine Panne riskieren oder am Ende noch irgendwo nicht mehr wegkommen. Jedenfalls gefiel mir der Strand, die Küste und die Landschaft auf Anhieb. Es ist alles sehr sauber, nirgendwo liegt Müll herum. Die Strände sind wie geleckt.
    Wieder zurück im Hotel packte ich meinen größten Kite ein, denn laut Windfinder waren bis 12 Uhr 15 Knoten vorhergesagt. Danach sollte es noch weniger werden und ab 17 Uhr dann richtig auffrischen. Ich fuhr eine Stolperstrecke am Wasser entlang und näherte mich der Lagune. Huch, da waren schon jede Menge Kiter unterwegs. Ich parkte das Auto ziemlich im Süden der Lagune und schlüpfte in meinem Neoprenanzug, schnappte mir meine Ausrüstung und stapfte durch die Lagune bis zur Sandbank, um dort den Kite aufzupumpen und zu starten. Und dann fuhr ich genau 4-mal hin und her, dann war es mir zu dumm. Erstens war es an der Stelle total voll und ich konnte überhaupt nicht springen und dann war es an der Stelle auch noch so schmal, dass ich kaum einmal ein und ausgeatmet hatte und schon musste ich wieder wenden. Nein, bei aller Liebe zum Flachwasser, das hatte mir keinen Spaß gemacht. Ich wechselte aufs offene Meer. Die Wellen waren Kinderkram im Gegensatz zu denen auf zu Sal, aber der Wind war sowas von ausgewachsen, böig und definitiv viel mehr als angesagt. Nach etwas mehr als einer Stunde wurde es mir zu heikel, denn der Wind kam auch side-offshore und im Worst Case wäre ich in Marokko angelandet. Ich erfuhr später noch, dass es einen Rescue im Fall der Fälle geben würde und man sich sicher sein kann, dass die einen herausholen, auch wenn man die nicht sieht. Außerdem sollte man immer ein paar Knoten auf die Vorhersage drauflegen, dann liegt man richtig. Um 11 Uhr geht der Wind in der Regel los und verstärkt sich zum Nachmittag hin. Ach ja, und außer Wassersport gäbe es hier nicht viel zu machen. Und ich sollte damit rechnen, jeden Tag Wind zu haben...na dann...wenn nicht hier, wo dann?
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  • Day 81

    Schlenkerino

    April 22 in Italy ⋅ ☀️ 20 °C

    Meine allseits verehrte Leserschaft…oder die, die noch geblieben sind, obwohl ich mich in Stillschweigen geübt habe und das, aus zwei Gründen. Zum einen gab es da die Kritik, das mein letzter Beitrag viel zu lang gewesen sei. Dieser kann ich nur entgegenhalten, dass so eine Geschichte ja von Anfang bis zum Ende erzählt werden will und sie sich somit nicht kürzen lässt. Zum anderen war ich auf der Suche nach einem Aufhänger meines neuen Beitrages, der meinen Aufenthalt auf Sizilien am besten beschreiben würde.
    Wir fliegen und fahren seit 2009 nach Sizilien, weil wir hier ein Kitesurfparadies gefunden haben. Anfänglich sprachen die Leute, mit denen wir hier damals zu tun hatten so gut wie gar kein Englisch, geschweige denn Deutsch. Und wir sprachen und verstanden bis auf "Grazie" und "per favore" kein Wort Italienisch. Trotzdem hat man sich mit Händen und Füßen irgendwie verständigt, was nicht zuletzt dadurch funktionierte, weil die Sizilianer sehr freundliche und aufgeschlossene Menschen sind. Im Laufe der Zeit fand, schnappte ich ein paar Vokabeln auf, die ich vom Französischen her kannte und daher ableiten konnte. Z.B. "Je suis content" heißt, "ich bin zufrieden". Auf Italienisch sagt man es so: "sono contenta". Also konnte ich mithilfe von französischen Vokabeln Ein-Wort-Sätze mit Verben in der Grundform bilden. Genauso machte es Andi, der auch mal Französisch gelernt hatte. Bald lernte ich, dass viele Verben im Infinitiv auf "-are" enden. Also hängten wir diese Endung noch zusätzlich an diverse Wörter an und das so überzeugend, dass so mancher Sizilianer an seinem Italienisch zweifelte. So machten wir aus "spettacolo", einfach "spettacolare'. Dieses Wort gibt es in Wirklichkeit nicht. Aber einer unserer besten Freunde hier auf Sizilien hörte das so oft von uns, dass er es mal in einem Gespräch mit einem anderen Sizilianer sagte und dieser ihn dann fragte, ob er noch alle Tassen im Schrank hätte. Wir schlenkerten uns mit unserem Halb-Italienisch durch unsere Ferien auf Sizilien bis ich im Oktober 2019 begann, einen Italienischkurs bei der ASG zu beginnen. Einmal in der Woche trafen sich eine kleine Gruppe mehr oder weniger Motivierte nach Feierabend um mit einer mal gut, mal schlecht gelaunten Muttersprachlerin "come si chiama" zu üben. 6 Monate vergingen, dann kam Corona und ich deckte mich mit Übungsbüchern, Rätseln und Krimis auf Italienisch ein und verbrachte Stunden damit, Italienisch zu lernen. Bis heute nehme ich noch Unterricht, wobei sich der ASG Kurs irgendwann auflöste und ich eine Sprachschule gefunden habe, die auch online Teilnahme ermöglicht. So wurde die Lehrerin durch einen stets gut gelaunten Francesco abgelöst und meine wöchentliche Teilnahme trotz durch meiner Auslandsaufenthalte durch die Möglichkeit des "Smart-workings" ( so nannten die Italiener Home-Office während der Coronazeit) per Videokonferenz fortgesetzt. Aber das beste Training ist einfach, wenn man eine Sprache spricht. Und das tue und muss ich hier. Unser Freund Filippo kann immer noch kein Englisch, aber wir verstehen uns trotzdem. Andi hat nun begonnen während seiner teilweise langen Autofahrten zum Training Podcasts zum Italienisch lernen zu hören. Er ist von diesen "Coffee break"- Folgen sehr begeistert. Nichtsdestoweniger sind unsere Gespräche auch noch sehr oft von Freestyle-Italienisch geprägt, amüsierend und lehrreich auf jeden Fall. So lernten wir, dass es nicht nur einen "Pisolino" gibt, also ein Nickerchen, sondern auch einen "Pisolone", also ein Schläfchen, was dann mindestens 3 Stunden dauerte, von dem Andi behauptete, dass ich immer nur "Pisolone" machen würde. Dieses stimmt seit Beginn des Sabbaticals schon mal gar nicht mehr. Aber das nur am Rand. Andi war eine Woche nach uns auf Sizilien eingetroffen. Beim Restaurantbesuch bestellt Andi immer seine Hauptspeise in bitte "forte", obwohl es "picante" heißt. Auch das mal nur so erwähnt.
    Zurück zum Titel. " Schlenkerino" ist bei der Wanderung hoch zum Erice entstanden.
    Erice ist ein kleiner Berg bei Trapani, auf dem sich ein kleines Dorf mit einer alten Festung befindet. Im Sommer ist es ein Zufluchtsort für Menschen, die auf der Suche nach etwas gemäßigten Temperaturen sind. Man kann mit einer Seilbahn rauf und wieder herunterfahren und dabei die tolle Aussicht auf Trapani, den Salinen und den vorgelagerten egadischen Inseln Favignana, Levanzo und Marettimo genießen, wenn man nicht mit dem Auto hochfahren oder zu Fuß hochwandern möchte. Wir sind bisher immer nur hochgewandert und mit der Seilbahn heruntergefahren. Aber immer gegen wir einen anderen Weg nicht unbedingt immer beabsichtigt. Ich verlasse mich da immer auf Andis Komod-App und seinen Anweisungen, ob nach links oder nach rechts gegangen werden muss. So auch dieses Mal. Nur dieses Mal kam es zu unerwarteten Schlenkern der eigentlichen Route, die mal "schlenkerino" kurz oder "schlenkerone" lang waren, was letztendlich nicht schlimm, sondern nur zu Wortneuschöpfungen führte, die Tabea und mich köstlich amüsierte während wir uns den Berg rauf mühten und Andi weiterhin konzentriert entweder nach einem Wanderstock oder nach der richtigen Orientierung auf dem Display Ausschau hielt. Am Tag zuvor waren wir noch fast 4 Stunden auf dem Wasser gewesen und hatten durch viele, viele Schlenker unsere persönlichen Streckenrekorde gebrochen. Ach, dieses Kiterevier ist einfach bellissimo, genauso wie die Menschen, das Essen, die Sonne und das Meer. Ein unbedingtes Muss auf Sizilien sind die Stopps bei Saro, Oasi Bar und Vito, bei denen es die besten Dolce und Gelati gibt. Dafür darf jeder Umweg in Kauf genommen werden. Und trotzdem ich mich und wir uns hier so wohl fühlen, möchte ich noch weiterziehen und noch mehr Kitespots testen. Das nächste Abenteuer, der nächste Reiseschlenker, lässt nicht mehr lange auf sich warten....sono felice...
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  • Day 68

    Casa, dolce casa

    April 9 in Germany ⋅ ⛅ 2 °C

    Mittwochmorgen um 4:30 Uhr machten Tabea und ich uns auf, um 7:35 Uhr den Flieger Richtung Sizilien zu nehmen. Alles klappte ganz wunderbar. 2 Stunden später, also 30 Minuten früher als geplant, landeten wir in Palermo. Der Pilot hatte es eilig, warum auch immer. Die Verkaufsveranstaltungen der Servicecrew hatte kaum Zeit, Parfums und Lotterielose an Mann und Frau zu bringen. Der obligatorische erste Cappuccino im Aeroporto schmeckte wie immer vorzüglich und da wir noch etwas Zeit hatten bis ich den Mietwagen abholen konnte, schmeckte ein weiterer genauso wenn nicht noch besser. Kaffee können die Italiener. Das ist ja nichts Neues. Bei der Autovermietung Drivalia begrüßte mich die Dame auf Deutsch. Schade, ich hätte gern wieder Italienisch gesprochen, konnte aber auch verstehen, dass Sie gern Deutsch spricht, hatte sie doch zeit ihres Lebens in Rheinland-Pfalz gelebt. Zu meiner Überraschung gab es ein Upgrade von einem Kleinwagen zu einem MG, der mir ehrlich gesagt sehr willkommen war, denn wir hatten ziemlich viel und großes Gepäck dabei. Auf dem Weg zu unserem zweiten Zuhause kauften wir noch Vorräte ein und kamen entspannt an unserem Domizil an. Heidewitzka, war die Bananenpflanze gewachsen, genauso wie die Aloevera, die Andi im Januar gepflanzt hatte. Das Unkraut hatte sich offensichtlich auch wohlgefühlt. Wir machten einen Spaziergang zum Spot. Die Kiteschulen an der Lagune schienen bis auf wenige Ausnahmen noch nicht aus dem Winterschlaf erweckt worden zu sein. Wir trafen ein paar bekannte Gesichter, begrüßten Freunde und verbrachten schließlich einen ruhigen Abend. Der nächste Tag hielt eine Aufgabe für uns bereit. Nein, nicht das Unkraut jäten, wir mussten nach Marsala, um das Stromangebot zu erneuern. Im Büro empfing uns der Chef, der, als wir hereintraten, hektisch die Bürokatze vom Stuhl nahm, damit wir uns setzen konnten. Zwei junge Frauen saßen an Schreibtischen den Blick auf den Bildschirmen ihrer Computer vor ihnen gerichtet. Durch eine Nachricht meinerseits, in der ich deutlich meinen Unmut angesichts der Tatsache, dass es die Stromgesellschaft nicht hinbekommt, mir die Rechnungen digital zukommen zu lassen und ich damit die Überweisung der Stromrechnungen fristgerecht zu tätigen könnte, waren die gesamte Belegschaft wohl alarmiert und in Hab-Acht-Stellung. Immer musste ich den Rechnungen hinterherlaufen, was mich unnötig Zeit und Aufwand kostete. Dabei war ich beim Anblick der Katze schon wieder mild gestimmt. Menschen, die Tiere mögen, sind mir ja von vorneherein sympathisch. Außerdem wurde mir im Herbst dort auch schon geholfen, also so halb, denn der automatische Fluss der Rechnungen funktionierte ja immer noch nicht. Jedenfalls bemühten sich am Ende alle anwesenden Personen einschließlich Katze, die mit einer quasi Dressurnummer unsere Gemüter erfreute, in dem der Geschäftsinhaber vor ihr hockend, sie auf den Hinterbeinen stehend und Tatzen erhoben mit langsamen und vorsichtigen Punsches in Richtung ihrer Pfoten aufforderte, auf die menschliche Faust zu tatschen. Lustig war auch, dass sprachliche Barrieren mit erhöhter Lautstärke zu kompensieren versucht wurden. Ehm, ich bin nicht taub, nur nicht des italienischen Vokabulars für Energieprobleme mächtig. Wir nahmen es mit Humor. Genauso wie die Tatsache, dass es Google nicht zulässt, die App des Energieanbieters aus Italien auf meinem Handy zu installieren und damit das Problem des Nicht-Zustellens der Rechnungen per E-Mail gelöst wäre. Es stellte sich heraus, dass der Chef ein wirklich witziger Typ ist und sein Humor genau unserer ist. Auch wenn es offensichtlich war, dass zwei Frauen arbeiteten und er zumindest an diesem Morgen für die Unterhaltung zuständig war.
    Nachmittags kam sogar noch Wind auf und während Tabea noch ihre Erkältung auskurierte und fürs Studium arbeitete, konnte ich noch aufs Wasser. Und es war tatsächlich die ersten Minuten sehr ungewohnt, mit hoher Geschwindigkeit einfach drauflos zu düsen, ohne mit Wellenbergen und -tälern umgehen zu müssen und dabei auch noch jede Menge Platz zu haben. Es war einfach herrlich, wenn ich auch mit dem 11 qm Kite etwas überpowert war, denn der Wind war viel stärker als vorhergesagt.
    Am Freitag waren wir am Monte Cofano wandern. Der Berg ist eine Dreiviertel-Stunde von Lo Stagnone entfernt. In der Sonne ist es auch schon morgens sommerlich warm und wir kamen beim Anstieg schon ordentlich ins Schwitzen. Obwohl wir schon etliche Male dort wandern waren, kriegen wir von der Aussicht auf das Meer von oben nie genug.
    Für Sonntag und Montag wurde eine Starkwindwarnung herausgegeben. 55 Knoten in den Böen werden erwartet. Ich muss mal eben schauen, ob ich eine Ikeatüte hier habe... Casa, dolce casa, Sizilien
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  • Day 61

    Zwischenspiel

    April 2 in Germany ⋅ ☀️ 6 °C

    Heute
    Zwischen der Schweiz und meiner nächsten Reise hatte ich 10 Tage, mit etwas Puffer also 8 Tage zum verreisen. Gebucht hatte ich aber noch nichts. Also fing ich schon während des Snowboardurlaubes auf die Windfinder-App zuschauen, wo denn Wind in nicht allzu weiter Entfernung sein könnte. Übersee, da wo immer noch der Ostpassatwind wehte, fiel aus. Tarifa wäre machbar gewesen, aber der Wind ging auf 40 Knoten hoch. Ägypten, laut Application, sollte warm und angenehm windig sein. El Gouna fiel in die engste Wahl! Ich recherchierte nach Flügen, suchte nach Hotels, holte Expertisen von einer Freundin ein. Und dann hätte es am Montag, der 31.3. um 10 Uhr losgehen sollen. Der Samstag verstrich und ich hatte noch nicht gebucht. Der Sonntag brach an, es wurde Mittag, Nachmittag, ich rief die Seiten wieder auf, das Abenteuer war nur noch zwei Klicks entfernt. Aber ich konnte nicht. Ich war tatsächlich etwas reisemüde, flugmüde. Ägypten, das Land der Rache der Medusa, eine Woche Magen-Darm, der letzte Haiangriff lag erst 3 Monate zurück, darauf hatte ich bei allem Reiz dieses Kitereviers keine Lust. Aber mein Sabbatical wollte ich auch nicht Zuhause verbringen, es so dahin plätschern lassen, das hatte ich mir fest vorgenommen. Ich war so hin- und hergerissen. Besprach mich mit Tabea und Andi. Sie konnten mir die letzte Entscheidung nicht abnehmen. Aber zum Glück gab es noch einen Plan B...

    Damals
    Meine Eltern kauften sich 1979 ein Grundstück an der Nordsee, genauer gesagt am Jadebusen, ganz genau gesagt in Eckwarderhörne. Als Handwerker baute mein Vater dort eigenhändig ein kleines Häuschen darauf. 1985 erstanden sie dann einen alten Bauernhof. Jeden Freitag hieß es für uns, schnell den Toni abstellen und rein ins Auto. Mit Sack und Pack ging es auf die A1 Richtung Norden. Mein Vater kettenrauchend und wir Kinder ohne Anschnallgurt. Es ist immer gut gegangen. Jede Ferien verbrachten wir dort. Es war unser zweites Zuhause. Wir hatten dort Freunde, mit denen wir den ganzen Tag spielten. Nicht selten musste unsere Mutter uns bei Einbruch der Dunkelheit vom Feld holen, auf denen wir mit anderen Fußball spielten, weil wir die Zeit total vergessen hatten. Mit 18/19 Jahren wurden meine Aufenthalte seltener, bis ich durch meine eigenen Kinder diese Destination wiederentdeckte. Urlaub mit Kindern ist genau wie Zuhause nur woanders. Wir hatten alles dort, was wir auch Zuhause hatten, nur zusätzlich noch meine Eltern, die auch schon mal auf die Kids aufpassen konnten. Uns so kam es, dass an einem warmen Sommermorgen im Juli 2006 Andi zu mir sagte, dass er mit mir einen Ausflug machen wolle und die Kinder bei meinen Eltern bleiben könnten. Das hätte er schon geklärt. Wohin es ging, verriet er mir nicht.

    Heute
    Wir hatten uns im Dezember einen neuen Camper gekauft, da wir uns von unserem geliebten Wohnwagen und vom älteren unser zwei Wohnmobile getrennt hatten. Dieser Niegel Nagel Neue stand noch jungfräulich in der Siedlung und wartete auf sein erstes Abenteuer. Meine Entscheidung fiel final als ich einmal in den Camper stieg, um noch Sachen einzuräumen, damit der Wagen vollständig mit Geschirr und Besteck ausgestattet war. Als ich das schöne Interieur sah, spürte ich auf einmal wieder Reisefieber. Ich sah mich schon abends gemütlich im Camper sitzendnd aufs Meer blickend. Die Sehnsucht nach Freiheit und Leichtigkeit stieg in mir auf. Außerdem musste sowieso alles mal getestet werden, denn so richtig auseinandergesetzt, hatten wir uns mit dem Wohnmobil noch nicht. Blieb nur die Frage, wohin sollte es gehen. Holland, da wehte der Wind, aber aus Ost, also ablandig und ganz ehrlich, 8 Grad reizten mich überhaupt nicht meiner geliebten Wassersportart nachzugehen. Richtung Süden, wo es wärmer wäre, schloss ich auch aus. Ich kam ja gerade erst " von unten" und das Mittelmeer war einfach zu weit entfernt für einen Kurztrip. Also wohin sollte es gehen?

    Damals
    Andi packte eine Tasche, ließ mich aber über ihren Inhalt im Ungewissen. Dann stiegen wir ins Auto und fuhren auf die andere Seite des Jadebusens, zum Neuharlingersiel. Dort parkten wir das Auto und gingen über den Deich. Auf der Wiese vor dem Strand befand sich ein Camper und eine kleine Gruppe von Leuten tummelten sich davor. Andi sagte, dass das unser Ziel sei. Nun war es an der Zeit mich aufzuklären. Wir würden heute einen Kitekurs machen. Dieser hätte allerdings schon früher am Tag angefangen, aber durch die Anfahrt hätten wir ein wenig Theorie verpasst, aber das würde nicht schlimm sein. Das Wichtigste sei ja, dass wir die Praxis mitmachen. Das hatte er auch schon mit dem Kitelehrer abgeklärt.

    Heute
    "Wenn schon nicht Kitesurfen, dann aber wenigstens Meer", so lautete mein Grundsatz. Und warum nicht mal nach Schillig fahren. Ich wusste, dass am dortigen Campingplatz auch ein kleiner Kitespot existierte. Genau jetzt wäre mal die Gelegenheit, diesen zu erkunden, für den Fall der Fälle, dass es uns mal für einen Kitetrip dort hin verschlägt. Die Wetteraussichten waren hervorragend. Also Sachen gepackt, Camper beladen, Wasser und Gas gefüllt, ab ging es auf die Autobahn. Ab dem Friesenspieß, der A31, konnte ich den Tempomat einstellen. Die Autobahn war frei.
    Mit jedem Kilometer stieg die Vorfreude auf meine erste Tour mit meinem rollenden Untersatz. Stehen, wo ich will, machen was ich möchte, mein kleines schnuckeliges Zuhause so herrichten, wie ich es möchte. Freiheit pur. Wie sehr ich es liebe! Die Soundanlage, die Andi noch nachgerüstet hatte, versorgte meine Ohren mit den besten Hits, bis ich schließlich niedersächsisches Radio empfing. Ffn und Radio Energy katapultieren mich mit jedem Lied der 80er und 90er zurück in die Vergangenheit, an die Zeit meiner Kindheit und Jugend an der Nordsee. Ich war glücklich.

    Damals
    Andi, enthusiastisch wie immer, und ich, etwas skeptisch, kamen am Camper auf der Wiese an und wurden von Björn, dem Kitelehrer, begrüßt. Ich hatte durch Andi schon mal von dieser neuartigen Sportart gehört, konnte mir aber durch seine Erzählungen kein richtiges Bild von der Ausführung und den dazugehörigen Gerätschaften machen. Ich ließ mich aber gern auf etwas Neues ein. "So", sagte Björn, " kommen wur nun zum Aufbau des Kites. Das habe ich ja theoretisch schon erklärt, nun seht ihr hier zwei Kites liegen. Ich habe für die Damen den kleineren und für die Männer den Größeren dort liegen, nun pumpt die bitte auf und knüpft die Leinen von der Bar an. Wenn alles aufgebaut ist, dann müsste das Wasser auch hoch genug sein und der Wind gut, damit wir auch gleich ins Wasser gehen können". Ich hatte keine Ahnung von nichts. Begab mich aber brav zur Damengruppe und schaute den anderen beim Aufbauen interessierst zu. Björn kontrollierte anschließend das Ergebnis beider Gruppen und erklärte noch kurz das Sicherheitssystem, mit dem man sich bei Gefahr vom Kite trennen konnte. Dann sollten wir uns umziehen. Umziehen? Ich hatte Nichts als meine Kleidung am Leib? Aber jetzt kam die gepackte Tasche ins Spiel. Andi hatte mir einen Neoprenanzug besorgt. Er selbst besaß einen, da er ja schon seit mehreren Jahren surfte. Der Neo passte und wir machten uns bald gruppenweise auf und stapften ins Wasser.

    Heute
    Durch einen Stop zum Befüllen des Kühlschrankes würde ich den Campingplatz in Schillig nicht mehr bis 20 Uhr erreichen. Laut Webseite wäre die Rezeption aber nur bis dann besetzt sein. Egal, vielleicht wäre sie heute am Saisoneröffnungstag ja länger besetzt. Und wenn nicht, würde ich dort entscheiden, was ich mache. Eins würde ich nur nicht machen, nämlich mich stressen lassen! Also fuhr ich weiter. Ich kam um 20:30 Uhr am Campingplatz an und stand vor einem Rezeptionshäuschen mit herunter gelassenen Rolläden und einer Schranke, die mich böse rot anleuchtete. Vielleicht gab es ja einen Nachtschalter oder einen Check-in Automaten? Ich stieg aus. Nichts von alledem fand ich, aber eine Toilette. Ich stieg wieder ein. Es wehte ein beißend kalter Wind und im warmen Auto schaute ich mich um. Es war mittlerweile dunkel geworden. Was sah ich da links von mir in der Ferne? Standen da nicht Camper? Ich stieg wieder aus und entschied, der Sache auf den Grund zu gehen. Tatsächlich gab es dort einen Stellplatz außerhalb des Geländes einzig und allein für Camper. Ich erinnerte mich an die Webseite und erkannte den Platz, aber ich dachte, dass sich dieser innerhalb des Geländes hinter der Schranke befindet. Ich lief zurück zu meinem Camper und rief die Webseite erneut auf. Mit ein paar Klicks konnte ich einen Stellplatz mit Strom problemlos online buchen. Nachdem ich geparkt und Strom angeschlossen hatte, machte ich mir noch etwas zu essen und fiel recht bald müde in das kuschelige Bett im Heck. Am nächsten Morgen machte ich einen kurzen Spaziergang am Strand, der nur 100 Meter weit von meinem Platz entfernt war. Sofort erkannte ich die Kiteschule, denn auf einem Holzhäuschen am Strand vor den Dünen stand in dicker Schrift Flysurfer geschrieben. Ich studierte das Schild, auf dem die Kitezone und die für diesen Spot geltenden Regeln standen und trank anschließend einen heißen Cappuccino im Strandcafè. Eine Nachricht ließ mich nicht lange verweilen. Denn mein Großcousin Stefan hatte ein kurzes Zeitfenster für ein Wiedersehen eingeräumt, nachdem ich ihm geschrieben hatte, dass ich spontan in der Wesermarsch unterwegs war und auch mal bei ihm vorbeikommen könnte. Es lag nicht weit entfernt, aber wieder Richtung Landesinnere. Also machte ich mich bald auf den Weg und ließ Schillig hinter mir.
    Das Wiedersehen nach fast 10 Jahren war sehr herzlich. Wir verabschiedeten uns mit der Aussicht auf ein eventuelles weiteres Treffen in den nächsten Tagen, dann mit Familie, je nachdem, wo es mich hintreibt. Das nächste Ziel meiner Reise stand bereits fest.

    Damals
    Björn widmete sich zunächst der Damenwelt und switche immer zwischen uns und den Herren hin und her. Er startete den Kite und erzählte uns dabei, wie dieser sich im Wind verhält. Nach der Reihe durften wir uns an ihm festhalten, während er den Kite durch die Powerzone flog, damit wir ein wenig Gefühl für die Kraft des Kites und sein Flugverhalten bekämen. Danach hakte er uns den Kite in unser Trapez und wir machten erste Flugerfahrungen. Ich fand das noch ziemlich unspektakulär. Irgendwann sagte er dann, dass wir jetzt den Wasserstart mit Board versuchen. Früher in der Schule wollte ich immer die Erste sein, aber dieses Mal zog ich es vor, den anderen erst einmal bei ihren Versuchen zuzuschauen. Viel lernen konnte ich nicht. Schließlich war ich an der Reihe. Kite auf zwölf Uhr, Popo rein ins Wasser, Board an die Füße, Füße ranziehen, Kite auf elf und dann nach rechts lenken und losfahren. So die Theorie. Ich machte alles und flog im hohen Bogen durch die Luft, wobei mir die Füße aus den Fußschlaufen rutschen und das Board im Wasser kleben blieb. Der Kite vor mir rauschte mit einem zischen ins Wasser. Kurz durchatmen, nächster Versuch. Und wieder flog ich wie Superwomen, nur ungewollt, himmelwärts. Björn war beeindruckt. Vielleicht von der Höhe meines Fluges oder von meinem Ehrgeiz, es doch noch einmal versuchen zu wollen, zumindestens sagte mir das sein Gesichtsausdruck als ich wieder bei Sinnen war nach meinem Absturz ins Wasser. Plötzlich sagte er: "jetzt weiß ich, was Du falsch machst. Du lenkst den Kite weiter runter. Aber Du sollst ihn auf 2 Uhr stehen lassen!" A ha, das hörte ich zum ersten Mal. Das wurde wohl in der Theoriestunde vor unserer Ankunft besprochen. Ok. Also alles noch mal von vorne, elf Uhr rüber auf zwei und Plopp, ich stand auf dem Board mit den Füßen in den Schlaufen und fuhr. Und ich fuhr. Ich war begeistert. Ein Blick zurück und auch Björn war es. Die anderen Damen schauten so verblüfft als würden sie nicht glauben, was sie dort sahen. Ich schaute wieder in Fahrtrichtung. Etwas weiter schràg vor mir stand die Männertruppe im Wasser und versuchte gerade, den abgestürzten Kite wieder zu starten. Ich war auf Kurs und fuhr in ca. 30 m Abstand an der Gruppe vorbei. In dem Moment drehte sich einer der Jungs um. Ich konnte aus der Entfernung nur erkennen, dass er daraufhin Andi anstupste. Dieser drehte sich um, schaute erst verdutzt und brach dann in Jubel aus. Ich freute mich auch, bis ich realisierte, dass ich gar nicht wusste, wie man wieder anhält. Und so fuhr ich euphorisch weiter bis kein Wasser mehr unter meinem Brett war. Zum Glück hatte ich nicht sonderlich viel Fahrt drauf, sonst wäre mein Abgang wenig elegant gewesen. So aber sprang ich aus der Bindung und lenkte dabei den Kite eher zufällig wieder auf zwölf Uhr und kam so zum stehen. Weiter hinten kam Björn durch den Schlick gerannt, denn das Wasser war schon wieder am Ablaufen. Keuchend kam er zu mir und sagte:" Ich dachte schon, Du fährst bis Spiekeroog!".

    Heute
    Beim nächsten Ziel war es egal, wann ich dort ankäme, denn ich informierte mich im Web und dort war beschrieben, dass man sich mit einem QR Code direkt auf dem Platz anmelden und Strom buchen konnte. Am Platz angekommen, stellte ich mich nach ganz außen, um eventuellen Frühaufstehern und Frühausparkern aus dem Weg zu gehen. Es begrüßte mich ein freundlicher Parkwächter, der mir seine Unterstützung beim Einchecken anbot, weil das System oft noch zicken würde. Ich fand das Angebot nett, brauchte seine Hilfe aber letztendlich nicht. Das er am nächsten Tag noch mal an meinem Camper klopfte und mich freundlich bat, noch mal meine Buchung aufzurufen, um zu checken, ob alles funktionierte, erfolgte wohl aus der Motivation heraus, dass er gern schnackte.
    Als ich alles soweit justiert hatte, war ich bereit, einen Spaziergang zu machen.
    Ich schlenderte durch den Hafen und genoß das entspannte Treiben der Fischer. Hinter dem Hafen lag der Deich und ich war gespannt, wie es hinter dem Deich aussehen würde. Denn genau hier begann das, warum ich jetzt gerade auf Reisen bin. Warum ich dem Wind hinterher jage. Ich war in Neuharlingersiel.

    Damals
    Glücklich und infiziert kehrten Andi und ich wieder Heim ohne den Kiteschein gemacht zu haben. Denn dafür hätten wir einen Abschlusstest machen müssen. Aber ohne Theorie wäre der zum Scheitern verurteilt gewesen. Bis heute haben wir keinen, aber uns hat bis heute auch noch niemand danach gefragt.

    Heute
    Ich blieb eine Nacht in Neuharlingersiel. Nutze den Morgen um einen entspannten Lauf zu machen. Wie freundlich doch die Leute waren. Mein erstes "Moin" war noch etwas zu hoch Deutsch akzentuiert, aber mit jedem Mal kam es genäselter heraus und ich grüßte quasi jeden und alles damit. Selbst die Schafe auf dem Deich, die auch absolut auf Sal hätten groß geworden sein können. Denn sie waren so entspannt, dass ich ohne sie aufzuscheuchen ganz nah an sie heran gehen und ein Foto machen konnte. Ich genoß jeden Augenblick. Genauso wie die Zeit mit meinem alten Freund, der uns damals vor 10 Jahren so sehr mit der Organisation unserer Hochzeit half, weil er für Fragen immer vor Ort, also an der Nordsee war. Ich überraschte meine Eltern, die zum Wochenende hin wieder und wie immer noch ins Ferienhaus gefahren waren. Mein Neffe kam noch und auch Stefan mit seiner Tochter besuchten uns noch in Eckwarderhörne. Es war einfach ein wunderbarer Trip, der mein Herz auf besondere Weise berührte. Und so war es auch gar nicht schlimm in Daunenjacke in Friesland anstatt im Bikini in Ägypten gewesen zu sein.
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