• Day 50

    Von 0 auf 4000

    March 22 in Switzerland ⋅ ⛅ 20 °C

    Zum Glück sind wir im Besitz mehrerer Varianten von Koffern und Trolleys, die je nach Bedarf in diversen Farben und Größen Zuhause bereitstehen, um die nächste Reise anzutreten. Und somit konnte ich, ohne die Koffer und Bags ausgepackt zu haben, ins nächste Abenteuer starten. Und dazu brauchte ich keine kurzen Hosen, Bikinis oder Flip-Flops, sondern lange Unterhosen, dicke Pullis und meinen Herzens- Snowboardlehrer. Denn dieser wurde von mir mit einem Urlaub in seiner Lieblingsbergwelt beschenkt, in der er schon viele wundervolle Urlaube vor unserer gemeinsamen Zeit mit seinen Freunden verbracht hatte. Zermatt am Matterhorn, dorthin brachen wir noch am Freitag, an Andis Geburtstag, auf. Wir teilten die Anfahrt in zwei Etappen ein. Der Plan war am Freitag bis Karlsruhe zu fahren, auf dem Weg in einer Therme zu entspannen und am nächsten Tag die restliche Strecke zu schaffen. No Stress... ihr erinnert euch. In Sinzingen machte Andi eine Therme ausfindig. Am Eingang gewann ein Plakat unsere direkte Aufmerksamkeit. Dort wurde ein Konzert eines Pianisten im Thermalbad der Therme angekündigt. Oh, das Datum, 21.3. ach, das ist ja heute. Schade, dass der Bikini im Koffer Zuhause ruhte. Na ja, wir wollten ja eh eigentlich nur in die Sauna. Der Weg in den Saunabereich führte durch das Thermalbad und so konnten wir einen entfernten Blick auf den Pianisten an dem weißen Flügel erhaschen und einen kleinen Augenblick den schönen Klängen lauschen. Was uns danach erwartete, werden wir wohl ein Leben lang nicht vergessen. Den Pianisten eventuell schon.
    Ein Blick auf das Aufgussprogramm zeigte uns, dass der nächste Aufguss um 19:30 Uhr in der Alpenwiese stattfinden würde. Diesen würden wir nehmen. Wir begaben uns zeitig um 19:20 Uhr Richtung Sauna, vor der schon jede Menge Anbeter der Heißluftkultur warteten. Ihr müsst wissen, dass wir total gerne in die Sauna gehen. Wir haben sogar schon an mehreren Saunaweltmeisterschaften teilgenommen. Dabei geht es nicht darum, herauszufinden, wer am längsten in der Sauna bleibt, sondern welcher Saunaaufgussmensch die beste Aufgusszeremonie macht. Wir haben also schon viel gesehen, viel gehört und mitgemacht. Aber was in Sinzingen in der Alpenwiese abging, hat uns, gelinde gesagt, sehr überrascht. Als die Tür der Sauna zum Einlass aufging, strömten alle Wartenden hinein und man konnte die Vorfreude einiger Sauna begeisterten nicht überhören. Es wurde geklatscht und gelacht, noch bevor man Platz genommen hatte. In null Komma nichts waren die Saunabänke bis auf den letzten Zentimeter besetzt. Dann ging es auch schon los. Ein drahtiger Mann mit niederländischem Akzent gab eine kurze, für uns doch recht befremdlich Einweisung, wie die nächsten 10 bis 15 Minuten in Andis und meinem Leben sein werden, welches von allen anderen Anwesenden mit lautstarker Begeisterung aufgenommen wurde. Eins war klar, das wird keine ruhige und schon gar keine entspannte Angelegenheit. Die Tür ging zu und die Musik an. Von 0 auf gefühlte 4000 Dezibel. Und was für eine Musik. Die Alpenwiese verwandelte sich in die partywütigste Apresskibar jenseits der Alpen. Könnte es skurriler sein, als nackt in einem 80 Grad warmen Raum zu sitzen und "ich hol’ dich mit dem Schlitten ab" zu hören, während ein verrückt gewordener, um den Saunaofen tänzelnden Holländer mit Birkenzweigen den Saunaofen und das Publikum im Wechsel mit Eiswasser bespritzt? Ja, in dem man in einer Holzhütte sitzt und alle anderen "reißt die Hütte ab" von Micky Krause singen. Das war echt verrückt, einzigartig verrückt und ja, auch amüsant. Wenn man da an das Vabali denkt, bei dem jeder Aufguss mit den Worten" bitte stellen Sie jegliche Gespräche ein" beginnt, hätte der Unterschied mit dem, was dort abging, nicht größer sein können. Nach diesem Erlebnis brauchten wir ein Schluck zu trinken. Einen weiteren Aufguss wollten wir noch machen. Also wieder zur Anzeigetafel. 20:30 Uhr der einzige Aufguss, der noch auf dem Plan stand. Der Name verhieß nichts Gutes. Wir waren noch vom Alpenglück traumatisiert. AC/DC im Hünenring....Wir hatten Angst und das zurecht. Ich sage nur so viel: Wasserpumpguns, Heavy Metal und 4 Aufgussmenschen, die sich abwechselnd um uns "kümmerten"....

    Am nächsten Tag ging es weiter. In Anbetracht des schönen Wetters entschieden wir uns in Weil am Rhein anzuhalten und mal eben durch drei Länder zu joggen. Wir parkten das Auto in einem Einkaufszentrum, liefen über eine Brücke bis nach Frankreich und schließlich durch die Schweiz wieder zurück nach Weil. Eine lockere 14-km-Runde. Und wir waren sehr erstaunt und entzückt, wie schön Basel doch ist. Kannten wir doch bisher nur die Perspektive von der Autobahn aus. Also hier eine Empfehlung auf der Durchreise mal einen Stopp dort einzulegen.
    Die Anreise mit Autoverladung in Kandersteg, Parken in Täsch und Zugfahrt bis Zermatt (Zermatt ist autofrei) war problemlos. Wir entschieden uns vom Bahnhof zu Fuß bis zum Hotel zu gehen, obwohl genügend Elektrotaxis bereitstanden. Laut Google Maps waren es ca. 600 m bis zur Unterkunft. Der Weg führte geradewegs durch die Hauptgasse, vorbei an allen Läden und Restaurants. So bekam ich einen ersten Eindruck von Zermatt. Sehr sauber, geschmackvoll und international.
    Wir bezogen bald darauf unser Zimmer im Petit Charme In. Unser Zimmer ist klein und wir müssen genau wie im Wohnmobil mit Verschiebetechnik arbeiten, wenn einer von uns an dem anderen vorbei möchte, aber dafür fließt ein Bach in unmittelbarer Nähe vorbei und das Rauschen ist ein sehr angenehmes, beruhigendes Geräusch, dass uns in den Schlaf plätschert.
    Wer meine bisherigen Berichte gelesen hat, konnte entnehmen, dass ich es mit dem Erreichen gewisser Höhen in letzter Zeit aufgenommen habe. Unerschrocken entschieden Andi und ich uns heute Morgen sofort für den ganz großen Anstieg und gondelten auf 4000 Meter zum Kleinmatterhorn hoch, nur um festzustellen, dass unser Kreislauf nicht so wirklich dazu Lust hatte. Ohne Spaß, uns Beiden war es ganz oben etwas schummrig. Unser Puls lag bei 150. Das erreicht Andi nicht mal beim "ugly-Berg" im Grafenberger Wald, der seinen Namen von uns durch seinen fiesen Anstieg erhalten hat.
    Aber wir konnten die Abfahrt antreten, wir hatten schließlich Micky Krause und AC/DC überstanden, und hatten einen sonnigen, wunderschönen Skitag, bei dem wir nicht eine Piste zweimal gefahren sind, denn das Skigebiet ist einfach gigantisch, die Pisten abwechslungsreich und zudem noch der Schnee bestens. Vielleicht geht es morgen schon besser, wenn es wieder heißt, rauf auf die 4000.
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