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  • Day 2

    Ein Hoch aufs Expressboot

    April 5, 2015 in Thailand ⋅ ⛅ 32 °C

    Wenn ich einen Wunsch für den öffentlichen Nahverkehr in Köln hätte, dann würde ich mir Boote wünschen. Hier gibt es Boote als öffentlichen Nahverkehr. Natürlich kann man sich auch von Privatpersonen wie in einem Taxi per Boot herumkuttern lassen, aber wenn man es darauf anlegt, nicht durch und durch Tourist zu sein, sondern sich auch etwas wie ein Einheimischer zu fühlen, sollte man unbedingt die Expressboote auf dem Chao Phraya nutzen.

    Klar, es scheint übermenschliche Intelligenz zu benötigen, ohne mobiles Internet (also nur anhand der Schautafeln am Pier) herauszufinden, wann man welches Boot für sein Ziel besteigen muss, doch irgendwann landet man durch viel Warten und erpresste Auskünfte in gebrochenem Englisch schließlich auf dem richtigen Boot.

    Das ist dann ein richtig gutes Gefühl. Mit einer erfrischenden Prise um die Nase sitzt man dann auf einem gar nicht so unbequemen Plastiksitz (Den bekommt man mit Baby ganz automatisch frei gemacht, auch wenn man höflich ablehnt. Wenn man sich nicht setzen würde, wäre der Platzfreimacher unheimlich beleidigt.) und freut sich über jeden Wasserspritzer, den man abbekommt. Zufrieden mit sich selbst und über die Kenntnis des Ausstiegspiers, der noch gute sieben Haltestellen entfernt ist, hat man jetzt auch die nötige Aufmerksamkeit, um das kleine Spektakel zu bewundern, dass sich an jedem Pier ereignet, der zum Halt angesteuert wird.

    Dann nämlich kommt einer in Fahrt, der wirklich berufen scheint. Jedes Boot scheint so einen zu haben. Es handelt sich um den Mann, der dafür sorgt, dass alle Fahrgäste sicher aufs und vom Boot kommen. Er hat Komplizen. Einer dieser steht auf dem Pier und einer mit ihm auf dem Boot. Sie tun im Prinzip das gleiche. Beide Komplizen beginnen – sobald sie sich sehen – wie wild in kleine Pfeifen zu pusten. Je näher sie sich kommen, desto kürzer wird die Abfolge zwischen diesen energischen Pfiffen. Kurz vorm Anlegen schließlich der laaaange Pfeifton: Was unser Auto nach jahrelanger Entwicklung durch die schlauen Mercedes-Ingeneure hinbekommt, bewältigen diese beiden also durch manpower. Was kurz vorm Anlegen aber viel spektakulärer ist, ist dies: Etwa einen Meter trennt das Boot noch vom Pier, da prescht DER Mann mit einem Tau zwischen den Zähnen, äh, nein, in der Hand nach vorne und mit einem beherzten Sprung – man erwartet eigentlich einen gutturalen Kampfschrei – landet er auf dem Pier. Dort sprintet er mit seinem Tau zu einem Pfahl und zerrt das Boot scheinbar durch pure Muskelkraft das letzte Stück zum Pier (irgendwo vorne im Boot unterstützt ihn der Captain dann allerdings dort mit Motorkraft).

    Verdammte Fahrgäste! Mit einer befehlsgewohnten Geste hält er die drängenden Massen, die alle ein bzw aussteigen wollen, zurück. Erst die Lage checken. Okay. Das Schiff scheint nicht mehr so stark zu wanken. Dann raus mit euch, ihr Landratten. Schließlich wechseln unter der strengen Aufsicht dieses Actionhelds der See – äh – Flussfahrt die Passagiere die Plätze, damit er zum Abschluss das Tau losmacht, ins Boot wirf und – natürlich während das Boot schon losfährt – zurück an Bord springt.

    Wir sind schwer beeindruckt. Und sind es beim nächsten Halt schon wieder. Was für eine Ausdauer!
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