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  • Day 19

    Market pleasures

    April 22, 2015 in Thailand ⋅ 🌧 25 °C

    Nur wer es bereits erlebt hat, kann bestätigen, dass es nur wenig gibt, das einen Markt in Südostasien übertreffen kann. Es ist aufregend, appetitanregend und bringt einen manchmal dazu, ein wenig über seine Grenzen zu gehen. In Vietnam haben wir großartige Märkte besucht, in Hoi An, Hanoi und Saigon und auch in Stätten, deren Namen ich jetzt leider noch einmal nachzuschlagen zu träge bin. In Vietnam waren wir allerdings immer nur die passiven Marktbesucher. Staunend wandelten wir an allen Ständen vorbei und beäugten alles wiss- und sensationsbegierig, trauten uns aber nur wenig zu kaufen. Wir erstanden Matten, die man hübsch auf den Tisch legen kann und Chopsticks, die regelmäßig bei Sushi-Bastel-Orgien zum Einsatz kommen. Zu Essen kauften wir auf eigene Faust nichts – aber wir haben alles gesehen! Berge von Fisch, Krabben, eimerweise Kräuter, Gemüse. Getrocknete Garnelen, platte Tintenfische. Unnatürlich bunte Süßigkeiten und duftende Gewürzmischen. Alle Eindrücke, Gerüche und Geräusche saugten wir nur so in uns ein. Unsere Besuche auf den Märkten waren in jeder Stadt sozusagen Pflichtprogramm, man fühlte sich dem Alltagsleben näher, der Tageskultur und auch den Menschen, deren Heimatland man besuchte.

    Hier in Thailand herrschte allerdings bislang Marktflaute. Nicht, dass es hier keine geben würde, nur sah unser Unterhaltungsprogramm mit Erik meist etwas anders aus und fußläufig gut erreichbar (fußläufig gut erreichbar bei 35° im Schatten und 70% Luftfeuchtigkeit ist ein winzig kleiner Radius, wir sprechen hier nicht von 2-3 Kilometern, sondern von 800-900 Metern) war lange kein Markt. Gestern aber tat sich plötzlich eine Chance auf. Nach unserem bislang zugleich leckersten und enttäuschenden (da nicht sättigenden) Abendessen fuhren wir an einem Platz vorbei, auf dem bisher nur ein großer, länglicher und unbenutzter Pavillon gestanden hatte. Nur, dass er heute nicht leer stand. Dutzende von Ständen hatten hier Platz gefunden und boten die herrlichsten Dinge dar. Früchte, lustige frittierte Bällchen, bis zur Unkenntlichkeit mit buntem Zuckerguss verziertes Gebäck, abscheuliche Haarreifen und noch viel abscheulichere Babykleidung. Und Sachen aus dem Meer. Unmengen von Fish, Squid und Shrimp. Alles so frisch, dass man mit geschlossenen Augen und allein auf seine Nase vertrauend nicht hätte erraten können, inmitten von Fischständen zu stehen. So schlenderten wir über den Markt, suchten uns etwas von dem Gebäck aus, dass noch einigermaßen unter seinen Zuckerwerk zu erkennen war und freuten uns kindisch über einen Shakestand, der allerdings Grundinventar jeder Straße, jedes Kaufhauses und was sonst noch ist. Hier in Thailand mag man seine Getränke fruchtig, süß und vor allem kalt. Unausweichliche Folge dieser Tatsache ist das Entstehen unendlich vieler Stände, die Frucht- oder Joghurt oder gar Frucht-Oreo-Shakes anbieten. Die Zubereitung ist gar nicht so schwer. Man braucht einen Blender mit ungefähr 50 000 KW Leistung. Er muss nämlich in der Lage sein, Früchte, Joghurt, Oreokekse, etwas Läuterzucker (oder auch gerne etwas mehr) und Unmengen (ca 80% des Endproduktes bestehen daraus) von Eis zu einer cremigen Masse zu zerschreddern. Nachdem der Killerblender dann röhrend sein atomisierendes Werk vollrichtet hat, kommt alles in einen großen Plastikbecher, der bekommt noch einen Henkel (Dieser ist aus dem gleichen Material wie die unzähligen Plastiktüten, die man hier leider überall bekommt, ist aber gleichzeitig unheimlich praktisch. Da wir, was das Mopedfahren betrifft, schon fast locals sind, müssen wir natürlich auch unbedingt unser Getränk an den Lenker hängen.), wird mit einem dicken Strohhalm gespickt (wenn er zu dünn ist, muss man Unterdruck wie ein Dysonstaubsauger auf höchster Stufe erzeugen, um die Eismasse ins Hirn zu saugen) und schon kann der Schlürfspaß losgehen. Es ist zweifellos schlauer, erst das Eis ein bisschen schmelzen zu lassen, sonst hat man am Ende nur noch eine geschmacksneutrale Eispampe übrig, aber man kann sich auch kurz und prickelnd sofort den ersten Zuckerflash genehmigen. In jedem Fall hat sich dieser Getränketrend unserer Nachahmung versichert. Gut möglich, dass wir unseren Mixer dafür nicht tüvgerecht pimpen müssen, aber was sein muss, muss sein.

    Inzwischen sind wir in Krabi. Von hier aus werden wir morgen nach Bangkok fliegen, dort noch eine Nacht in einem Airporthotel verbringen, bevor es dann schließlich zurück nach Deutschland geht. Krabi ist sehr entspannt. Wir befinden uns gerade nicht in der Saison und viele Geschäfte und Restaurants haben geschlossen, viele Touristen sieht man ebenfalls nicht. Daher mag die Beschaulichkeit Krabis herrühren. Uns macht das überhaupt nichts aus, denn unser Ziel nach vier Stunden im Minibus und einer Abkühlung im Pool (wer mit diesem Baby reist, bucht nur noch Hotels mit Pool) war recht untouristisch. Dieses Mal befindet sich ein Markt in ganz und gar fußläufiger Nähe. Der Markt gestern war super, aber der hier machte uns glauben, im Schlaraffenland gelandet zu sein. Dieser Markt hält sich nicht mit Unsinnigkeiten wie Kleidung, Souvenirs und Strandmatten auf, dieser Markt widmet sich ganz und gar den Gaumenfreuden. Gleich am Eingang ins mit Zeltplanen überdachte Mekka werden wir von großen stählernen Pfannen begrüßt, die verschiedene Currygerichte, Meeresfruchteintöpfe, gebratene Gemüsepfannen und noch weitaus abenteuerlicher anmutende Gerichte fassen. Unserer Neugier und noch nicht hauptsächlich unserem Hunger folgend – obwohl dieser ganz und gar als Großmacht bezeichnet werden kann – stoßen wir weiter ins Innere vor. Hier schlängeln wir uns an riesigen Suppenkesseln vorbei, bestaunen allerlei getrockneten und marinierten Fisch und werden beinahe an einem Stand schwach, der ausschließlich Frittiertes anbietet. Dass man trotz goldener Backteigschicht noch erkennen kann, was sich darunter verbergen könnte, werten wir als gutes Zeichen. Doch noch weiter lustwandeln wir zwischen Tischen, die sich unter frischen Gemüse und Obst biegen. Berge von Nüssen, bunte Süßigkeiten, Gesottenes, Gegartes, Gebratenes, dazu endlos verschiedene kleine Tütchen, die zusätzliche Gewürz- und Kräutermischungen beinhalten, die erst kurz vor dem Verzehr auf die Speisen gegeben werden. Alles so faszinierend und einnehmend, dass wir fast unseren Hunger vergessen. Aber dann finden wir ihn, den Stand, der es uns antut. Ganz unscheinbar eigentlich, aber hier geht ein Teller (Teller ist ein Euphemismus, es handelt sich um diese verschließbaren Styroporschachteln) nach dem anderen weg. Gelber oder weißer Reis mit verschiedenem Hühnchenzeug drauf und jeweils zwei Scheiben Gurken (die sind für den Fall, dass es einem zu scharf und damit zu heiß im Mund werden sollte). Das nehmen wir. David entscheidet sich für gelben Reis mit Hähnchenbrust im Knuspermantel, ich nehme das Gleiche, wage aber noch einen ebenso gelben Hühnerflügel dazu. Wir drücken uns an einem brodelnden Suppentopf und einer siedenden Frittierpfanne vorbei und nehmen auf Plastikhockern an einem niedrigen Tisch (mit Tischdecke!) Platz, bekommen zwei Plastikbecher mit Eis und Strohhalm, bedienen uns an dem Wasser, das in einer Plastikkanne auf uns zu warten scheint. Schließlich futtern wir glücklich von kleinen Plastiklöffeln unser Mahl. Es ist herrlich. Großartiger Curry-Reis und unfassbar leckeres und zartes Hühnchen. Ich wage mich sogar an die selbstgemachte Chillisoße, die einem süß-scharfen Beigeschmack bringt. Herrlich. Am liebsten würde ich mir eine Portion nach der anderen bestellen. Bleibe aber vernünftig.

    Wir spazieren noch eine Weile weiter über den Markt und Erik kann sich hier vollends austoben. Seine liebste Beschäftigung ist nämlich, seinen Fanclub zu erweitern. Das geht in seinem Fall unglaublich leicht. Wild umhergucken, nach einem netten Gesicht suchen, das das Baby betrachtet. Ein solches Gesicht nach einer Millisekunde finden und breit grinsen. Ein erwidertes Grinsen empfangen. Sich gespielt schüchtern grinsend hinter Mamas oder Papas Schulter verstecken und ein weiteres Mitglied zu seinem Fanclub zählen. Vermutlich sind es schon hunderte. Wenn das Baby etwas Zeit und Gelegenheit hat, lacht es auch gerne glucksend seinen Fans zu, lässt sich ein bisschen an den dicken Ärmchen und Beinchen tätscheln oder wedelt einmal mit der vollgesabberten Schnullerkette all den Groupies da drüben zu. Es ist so einfach.

    Derweil gönnen wir und noch einen Wassermelonen- und einen Oreo-Bananen-Shake und verdauen all die optischen Kalorien, die wir gerade verschlungen haben. Was für ein Festmahl!
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