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  • Day 48

    Eine alte Liebe

    January 25 in Portugal ⋅ ⛅ 19 °C

    Dritte Nacht im Sagres. Und ich habe eine alte Liebe wiedergefunden. Ich habe mich das schon immer mal gefragt, wie das ist, wenn ich aufwache und entdecke, ich bin dort angekommen, wo ich eigentlich schon lange verwickelt bin. Wenn du eine Stimme hörst, deren Widerklang irgendwo in meinem langen Leben eine Erinnerung weckt, die ich nicht zuordnen kann, egal wie oft ich diese Melodie höre.

    Wir sitzen gerade an der Straße von Sagres zum Leuchtturm, am Rand des Naturschutzgebietes. Wiederholt wacht Hilde aus ihrem tiefen Schlaf auf, weil der Wind, der durch die Tür kommt, einen Geruch mit sich bringt, den sie nicht zuordnen kann. Schnüffelnd reckt sie sich und lässt den Blick aus allen Fenstern übers Land gleiten, um einen Anhalt für ihren Verdacht zu bekommen.

    Manchmal entdeckt sie in der Ferne eine Bewegung, eine mögliche Reaktion für ihren Geruch, manchmal aber auch nicht. Dann bellt sie einfach mal so herum, um sich Luft zu verschaffen und jedwedem da draußen zu signalisieren, ich habe dich wahrgenommen. Wir sind uns da gar nicht so unähnlich in der punktuellen Wahrnehmung über unseren eigenen Horizont hinaus. Das ist sicher auch ein Grund, warum wir ein gutes Team sind.

    Ich habe oft gedacht, dass Gott Hilde in mein Leben gestellt hat, weil sie in Welten hineinschauen kann, die mir verschlossen sind. Begrenzt sie meinen Weg aufgrund ihrer Erkenntnisse, folge ich ihrer Aufforderung ohne nachzufragen.

    Andersherum ist das nicht anders. Ich denke an die Überquerung des Stauwerks an der Mosel über eine Gitterrostbrücke, wo sie mir trotz des wild brodelnden Wasser unter ihr ohne Diskussion gefolgt ist.

    Heute ist eigentlich keine Geschichtenzeit, aber der gestrige Nachmittag am Strand von Bordeira, die vielen Begegnungen und Bilder machen es nötig, dass ich eine Klammer um die Vergangenheit legen muss, um mich dem Morgen zu öffnen.

    Es ist so überraschend, dass das Land nur wenige Kilometer vom Meer entfernt in einem satten Bunt versinkt. Rote Erde ist faszinierend zum grünen Gras, der gelben Sonne, dem blauen Himmel. Immer wieder weckt das Bild Erinnerungen, so wie die schwarzen Bäume in mir den Schmerz wecken, den das wütende Feuer im Land angerichtet hat.

    Ich muss dringend einkaufen, und weil ich den lieben Georg bei Aljezur besuchen möchte, bevor er wegfährt, ist das die Gelegenheit im kleinen Supermarkt in Marmelete einzukaufen. Das habe ich vor zwei Jahren genauso gemacht, nur damals gab es Erdbeeren, die mein Gastgeschenk waren.

    Fahr an den Strand nach Bordeira verabschiedet Georg mich, da gehe ich auch mit Bonito zum Spaziergang hin. Wir verabschieden uns locker auf ein kleines Glasl Portwein in Andalusien im nächsten Monat. Es hat lange gedauert, bis ich Lust bekommen habe, Menschen zu treffen, die ich mag und länger nicht gesehen habe. Um diese Freude zu entwickeln, braucht es eine innere Bereitschaft, die über das normale Maß von Lust an Menschen hinausgeht.

    Das betrifft nicht meine Familie oder ganz nahe Menschen, denen meine Liebe in unterschiedlicher Intensität gehört. Auch nicht meine Fußpflegerin, deren heilende Hände ich unter gar keinen Umständen verpassen möchte.

    Vielleicht liegt es an der Fülle der Ereignisse, die solche Begegnungen verursachen, die einen Bogen von der Vergangenheit in die Zukunft schlagen. Dem, was wir gewiß haben, weil es uns beide verbindet, der Freude des Wiedersehens, mit der aber auch das Unbekannte des Morgen verbunden ist. Never feed the drunken lion.

    Der Strand von Bordeira, von dem ein lieber Mensch sagt, er habe heilsamen Charakter. Ein Traum aus Phantasie und Wirklichkeit. Ich zitiere aus meinem Text aus FindPenguins, wo es noch mehr wunderschöne Bilder gibt, die den Rahmen dieser Geschichte aber sprengen würden.

    "Es ist schwierig für mich, den gestrigen Nachmittag am Praia da Bordeira aufzuarbeiten.

    Es war ein Tipp meines lieben Freundes, Georg, den wir vorher auf seinem portugiesischen Land besucht haben.

    Nichts für Surfer, ein bisschen Nostalgie für Wüstensehnsüchtige, ein Paradies für Hilde und mich. Kaum Menschen, ein Hund, mit dem Hilde jagen übern Sand gespielt hat. Wasser, das übers Meer fliegt, und Sandkörner, die über den Boden fegen. Sturm, der Haare verweht, T-Shirt Wetter für mich, alle anderen Sehsüchtigen tragen mindestens einen Wollpullover."

    Auch jetzt noch bin ich sehr beeindruckt, ich möchte ein anderes Mal wiederkommen, wenn ich mich gut genug fühle, auch dort über Nacht zu bleiben. Ich merke, dass die Zeit von Sagres sich überholt hat. Am Vormittag parken zwei spanische Camper dicht bei uns, ich kann Hilde gerade noch mit aller Kraft daran hindern, die Tür vollständig aufzureißen, um dem unvorsichtigen Hund der Nachbarn eine Lektion zu erteilen, von der er sich vermutlich nicht leicht erholt hätte. Als ich mich über die Besitzer aufrege, erlebe ich nur die Reaktion von dummen, überheblichen Spaniern, denen jede Größe fehlt, ihren Fehler einzusehen und sich zu entschuldigen.

    Stattdessen fahren wir an diesen Platz, um weiteren Konflikten und dem eigenen Ärger aus dem Weg zu gehen. Trotzdem werden wir wohl noch eine letzte Nacht in Sagres bleiben, weil ich mein Leben ordnen muss. Zu viele Ereignisse haben Verwirrung gestiftet, dass Herz, Geist, Seele und Verstand erst einmal wieder in einen Lebensrythmus gebracht werden müssen.

    Ich hoffe, deine Lebensaufgabe ist gerade ein bisschen entspannter und harmonischer, aber wie auch immer sich deine Situation darstellt, tauch ein in unsere Bilderwelt und lass dich verzaubern.
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