• Day 48–49

    Der See

    August 13, 2024 in Norway ⋅ ☁️ 14 °C

    DAY 47 A JOURNEY ALONG
    THE COASTLINE OF EUROPE
    (Fahrtstrecke 256 km)

    Hov - Gjøvik - Brumunddal - Elverum - Gjesåsen - Kongsvinger - Granli - Sigernessjøen

    Alleine schon an der Fahrtstrecke sieht man gut, dass ich lange rumgesucht habe, bis ich einen geeigneten Schlafplatz finden konnte. Der hat es allerdings auch wirklich in sich. Sowohl von den Möglichkeiten des Spaziergangs als auch von der Vielfalt der abendlichen Ausblicke auf den See.

    Am Morgen nehmen wir Abschied vom blauen Wasser des Randsfjorden, blicken vom Fährhafen nochmal zurück über die stille Oberfläche, und biegen in Hov ins Landesinnere ab. Nördlich von Gjovik überquert eine fast einen Kilometer lange Brücke den Fluss Mjøsa, in den der Gudbrandsdalen weiter nördlich eingemündet ist.

    Auf seiner anderen Seite, in Ringsaker am Kirchplatz, halten wir für einen Spaziergang in der heißen Mittagssonne. Die schwedische Grenze ist nicht mehr weit, aber ich habe noch norwegische Kronen, will einkaufen, muss tanken.

    Lange habe ich überlegt, wie ich weiterfahren werde, denn wenn du einmal aus Norwegen abbiegst, geht es unweigerlich nach Süden. Brumunddal ist voller Menschen und Autos, Stadtstau in der Hitze ist eigentlich ein No-Go.

    In Van gibt es eine rote Holzkirche und einen Spar mit kühlem Schattenplatz für Hilde und den blauen Bus. Oberhalb von Hamar sind wir bald an der E2, die Elverum nach Süden hin verlässt.

    In Gjesåsen finden wir Schatten oberhalb vom Friedhof. Unterhalb spazieren wir zum Wasser, wo die Mücken schon auf uns gewartet haben. Die Zeit vergeht mal wieder nicht im Fluge, der Parkplatz unterhalb der Kirche bleibt wohl noch lange im prallen Sonnenschein mit diesem trostlosen Ausblick auf ein gelbes Kornfeld ohne vom Wind bewegte Ähren.

    Also suche ich weiter. Bis runter nach Kongsvinger gibt es keine geeigneten Schlafplätze. Doch gar nicht weit südlicher, am Sigernessjøen, wie unser See heißt, finden wir ein schönes Nachtlager, das viele abschrecken mag, ob dem Lärm, den die Fahrzeuge oberhalb auf der E2 machen.

    Wir haben so oft an belebten Straßenrändern übernachtet, dass wir im Schlaf uns gut zurückziehen können, die lauten Außengeräusche sozusagen abspalten. Auch der frühe Verkehr ist kein Problem, denn kaum bin ich um halb sechs wach, muss Hilde raus.

    Ein Hauch Sonnenlicht liegt auf den Hügel am gegenüberliegenden Ufer, später graut die Sonne ein, und mein Blick liegt auf dem ruhigen Wasser mit dem dunkelgrünen Wald drumherum. Windstill und kalt ist der Morgen, als würde der Tag den Atem anhalten.

    Dann ist die Sonne da, taucht den See in ihr weiches, warmes Licht. Filtert die Unterschiede heraus von Hell und Dunkel, Schatten und Wirklichkeit. Macht die Weite zur Nähe, und den einzelnen Entenvogel zum Mittelpunkt der Blickwelt. Als er abtaucht, zeugen die spiralförmigen Kreise auf der Wasseroberfläche noch lange von ihm. Viel später taucht er woanders auf, und ich überlege, ob er seine Identität gewechselt haben könnte.

    Dann liegt wieder Schatten über meiner Welt. Aber ich weiß von der Vielfalt der Möglichkeiten, in denen ich sein darf.
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