• Kobo Daishi

    November 8, 2022 in Japan ⋅ 🌙 8 °C

    Es ist Vollmond. Immer wieder ziehen Wolken vorüber und verdunkeln den Mond und ziehen weiter. Das Ganze wird von kleinen Schreien der Entzückung bzw. des Entsetzens begleitet. Die weitgehend japanische Reisegruppe hat einen engeren Bezug zum Mond als ich. Der Mönch erklärt, dass unsere Seele wieder Mond wäre, leuchtend vollkommen und rund, aber immerhin wieder verschattet wird wie von dem Bösen, das nach uns greift.
    Die englischsprachige deutlich kleinere Gruppe darf zuerst losgehen in den Friedhof. Den größten Friedhof Japans bei Nacht und Vollmond. Wir werden vor allerlei Gefahren gewarnt, wie wer bei dieser Treppe stolpert, stirbt in den nächsten 3 Jahren. Da passt man gleich besser auf, und schaut lieber nichts aufs Handy.
    Darüber hinaus war es ein interessantes Gespräch, wie lange der Mönch schon einer ist, ob er Sanskrit versteht, was die Form der Grabsteine bedeutet. Überhaupt ist es eine interessante Erfahrung mit einer Taschenlampe durch einen Friedhof zu laufen, dessen Grabsteine die Form von Personen haben, dazwischen immer wieder Statuen, die im bewegten Licht sehr lebendig wirken.
    Im Zentrum und quasi Allerheiligsten des Friedhofs steht ein von unzähligen Laternen erleuchtetes Gebäude. Für jeden Verstorbenen bzw. jede Familie brennt ein Laterne. Unser Mönch führt uns ein verschlossenes Tor hinter dem Gebäude, bittet uns, uns zu verneigen, da hinter diesem Tor seit über 800 Jahren Kobo-Daishi, der Universalgelehrte und Religionsstifter, sitzt und meditiert. Seit dieser Zeit bereiten die Mönche im Frühstück und Mittagessen zu, jeden Tag. Wir halten inne, während der Mönch das Herz-Sutra singt - mitten in der Nacht auf einem Friedhof irgendwo auf einem Berg auf der Südspitze Japans.
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