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  • Day 60

    Oahu Range und Lake Benmore

    January 10 in New Zealand ⋅ ☁️ 24 °C

    Auf der Campsite am Lake Middleton traf ich am frühen Morgen Antoine, einen französischen Arzt, der derzeit in Neukaledonien arbeitet und seine Ferien in Neuseeland verbringt. Antoine ist etwas leichter unterwegs, als ich. Dafür nimmt er sich längere Etappen mit mehr Höhenmeter vor. Am Vorabend erreichte er erst nach Einbruch der Dämmerung die Campsite.

    Wir beide waren froh über etwas Gesellschaft und beschlossen, fortan gemeinsam zu radeln, bis sich unsere Wege unterwegs dann wieder trennen würden. Ich konnte das Tempo gut mithalten, war aber nach etwa zehn Kilometer ebenso überrascht wie Antoine, als der Weg plötzlich in einen veritablen Wanderweg mit grossen Steinen überging. Das musste wohl die Stelle gewesen sein, von welcher mir das holländische Ehepaar in Omarama erzählt hatte.

    Höhenmeter um Höhenmeter kämpften wir uns die Oahu Range hoch. Plötzlich war ich mit meinem SPD-Klicksystem im Vorteil gegenüber Antoine, der mit doppeltem Kraftaufwand die Strecke meistern musste. Am höchsten Punkt erwartete uns eine fantastische Aussicht über das Mackenzie Basin mit seiner kargen Vegetation.

    Auf der anschliessenden Abfahrt übernahm wieder Antoine das Zepter. Ich wollte nicht noch mein zweites Hinterrad riskieren und holperte ihm hinterher. Wir beide wurden ordentlich durchgeschüttelt. Während Antoine mehrmals seinen Packsack wieder festzurren musste, kontrollierte ich das Aufhängesystem meiner Sacochen. Dreimal verlor ich unterwegs Material, welches ich wieder verstauen und festbinden musste. Die Strecke war halt doch eher für Mountainbikes ausgelegt.

    Eine Stunde nach dem Mittagsrast verabschiedeten wir uns an der Sailors Cutting Campsite voneinander. Antoine wollte sich noch etwas Ruhe gönnen. Er hatte sich vorgenommen, anderntags den Omarama Saddle mit dem Velo zu erklimmen. Das sind knapp 1'200 Höhenmeter mit steilen Passagen in unwegsamen Gelände.

    Ich hingegen war erst in der Halbzeit meiner Tagesetappe angelangt. 98 Kilometer und fast 1'000 Höhenmeter standen auf dem Programm. Mein Weg führte weiter dem Lake Benmore entlang. Der sandige, teilweise sehr enge und windige Singletrail kostete mich viel Energie. Insbesondere die stark exponierten Passagen forderten meine ganze Konzentration.

    Belohnt wurde ich dafür mit einem atemberaubenden Panorama und der bislang wohl eindrücklichsten Strecke in Neuseeland. Der letzte steile Anstieg führte mich zum Pumpkin Point mit Ausblich auf den Lake Aviemore und das Benmore-Kraftwerk. Anschliessend ging es im Zickzack-Kurs wieder den Berg runter. Bis zur Waitangi West Campsite am Ufer des Lake Aviemore gab es quasi als Dessert nochmals starken Gegenwind. Unterzuckert und mit dem grossen Bedürfnis, als erstes in den See zu hüpfen, erreichte ich kurz vor sechs Uhr mein Etappenziel.

    Die Fahrt war deutlich anstrengender als die 125-Kilometer-Etappe von Queenstown an den Lindispass. Als Learning nehme ich mir vor, bei der Planung in Zukunft nicht nur auf die Höhenmeter und die Distanz zu achten. Den von der Planungs-App Komoot ausgewiesenen Infos zur Strassenbeschaffenheit werde ich ab sofort mehr Beachtung schenken.

    Übrigens bin ich heute mehrfach an Känguru-Kadavern am Strassenrand vorbeigefahren. Offenbar hat Neuseeland nicht nur ein Problem mit eingeführten Kaninchen, Possums und Wiesel. Auch Kängurus bedrohen die einheimische Tier- und Pflanzenwelt und werden von der entsprechenden Behörde gejagt.
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