• Polarlicht zum Abwinken

    September 14 in Norway ⋅ ☀️ 13 °C

    Der letzte absehbar richtig sonnige Tag mit einer klaren Nacht, natürlich habe ich mich da direkt auf Polarlicht vorbereitet.
    Morgens noch Haushaltsdinge erledigt und Frischwasser geholt bei den Nachbarn. Auch das ist bei Sonnenschein angenehmer. Dann bin ich eine kleine Runde über Gimsoy gefahren, und habe mir die Orte notiert, an denen es sich lohnt anzuhalten, denn nachts ist bekanntlich nichts mehr zu sehen, wenn man im Auto sitzt.
    Zuhause noch was essen und ein halbes Stündchen ausruhen, dann ging es los auf Aurora Tour.
    Den Sonnenuntergang habe ich bewusst ausgelassen, ohne Wolken ist der langweilig und ich hatte noch ein bisschen Ruhe.. hätte ich gewusst, was mich erwartet, wäre ich nicht vor 22 Uhr los.
    Um 21 Uhr sah ich dann schon die ersten Lichter, daran sieht man, wie schnell wir jetzt hier auf die dunkle Jahreszeit zurauschen. Vor 10 Tagen war es noch so hell, dass ich erst nach Mitternacht Sterne und Polarlicht sehen konnte. Und jetzt war schon die erste Nacht mit 2h astronomischer Dämmung.
    Mein 1. Spot auf Gimsøy war vor Klippe mit Blick auf Langøya im Norden. Hier kannte ich mich richtig gut aus, denn hier habe vor 15 Jahren 3 Wochen gewohnt und meine ersten Polarlichter beobachtet.
    Um mir die Reise zu finanzieren, habe ich einem kleinen Reiseunternehmen angeboten, für sie eine Polarlicht-Fotoreise zu durchzuführen. Und kam so selbst in den Genuss...
    Es war noch nicht so intensiv, aber da die Landschaft noch beleuchtet war und der Himmel schön blau gibt das trotzdem tolle Bilder, finde ich 🤗.
    Auch den kleinen Bauernhof, auf dem wir damals das rote Haus gemietet hatten und die hübsche Scheune habe ich noch ein bisschen in Szene gesetzt, bis es zur Hafenmole weiterging. Die war jetzt nicht so spektakulär wie die neulich auf den Vesteralen, aber immerhin hatte man einen weiten Blick in alle Richtungen.
    Langsam krochen jetzt auch noch Wolken herein und über den Feuchtgebieten (und die gibt's auf Gimsøy zuhauf) wallten die Nebel...
    Ich machte mich schon auf einen gemütlichen Heimweg gefaßt, als es plötzlich aufbrodelte. Wenn man es schon im Auto bei eingeschaltetem Licht sehen kann, dann ist es stark!
    Ich hielt mitten auf der Straße an - nach 22 Uhr sind die Straßen hier quasi Menschenleer - und hatte wunderschöne rote Spikes, die über den Nebeln spielten, während sich der Hoven, angestrahlt vom Mond, aus der Nebelsuppe erhob. Ein schon surreales Bild.
    Als ich mich zum Auto umdrehte, wanderte auf einmal die Korona groß und kräftig fast über mir...
    Die Szene wandelte sich minütlich, ich kam gar nicht vom Fleck.
    Als es schließlich wieder ruhiger wurde, konnte ich ein bisschen weiter fahren, und noch ein paar Spots abhaken. Eigentlich wollte ich noch zur Brücke und zur Kirche, aber ich war dann schon richtig müde und verschob es auf ein anderes Mal.
    Mir gelang es dann auch durchzufahren, bis zur Straße nach Malnes, aber noch bevor ich Lilas Einfahrt erreichte, flackerte es wieder heftig los, so daß ich aus dem Auto springen, Kamera wieder aufbauen und erstmal ein paar Fotos machen musste. Die intensiven Rot und Grün Töne konnte ich mit bloßem Auge gut erkennen!
    Dann beschloss ich kurzerhand bis runter in die Bucht zu fahren. Dort hat man einen schönen Rundumblick, da findet sich bestimmt auch noch ein Motiv.
    Ich war noch nicht aus dem Auto draußen, da ging das Gewitter schon los: Der ganze Himmel war voll mit grünen Vorhängen, die sich so schnell bewegten, das ich gar nicht wusste, wohin genau ich gucken soll, geschweige denn die Kamera positionieren.... Und ich konnte vor Müdigkeit ja kaum noch aus den Augen gucken 🤷. Wärend über den Bergen sich wieder das Rot dazu gesellte, bildete sich über dem Meer eine grüne diffuse Suppe. Und dann sah es aus, als ob von oben jemand mit dem Finger Bahnen und Figuren in die Suppe zeichnet, so wie ein Kind, was mit dem Essen spielt.
    Alle paar Minuten änderte sich das Setting, ich habe nur einen Bruchteil davon fotografiert, denn ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Mir liefen die Tränen von diesem Schauspiel, denn so eine überirdische Schönheit erlebt man im Leben nur selten.
    Ich habe noch bis 2.30 durchgehalten, dann ging bei mir leider nichts mehr, obwohl die Aurora immer noch munter ihre Bahnen zog. Da hätte ich zum ersten Mal im Leben ein Aufputschmittel brauchen können 🤷. Aber ich war sogar zu müde um über so was nachzudenken...
    Mehr tot als lebendig kam ich schließlich zu Hause an, ich warf keinen Blick mehr in den Himmel, sondern konzentrierte mich auf den Hausschlüssel, den Kopf noch voll, mit den ganzen Erlebnissen.
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