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- Day 27
- Mar 13, 2024, 3:00pm
- ☀️ 37 °C
- Altitude: 954 m
ZimbabweVictoria Falls17°55’21” S 25°49’34” E
Engagement, Miteinander, Komfortzonen

von Manfred Rolfes
Mittlerweile sind (bis auf Arne, der durch Südafrika reist) die 15 Studis, Gerd und Julia zurück in der Heimat. Die trubelige „Familie“ fehlt uns nach wie vor, doch wir merken auch, dass wir die letzten drei bis vier Wochen ganz schön unter Anspannung standen, die nun langsam von uns abfällt. Wir bleiben noch einen weiteren Tag in Victoria Falls und werden dann morgen nach Namibia weiterfahren. Wir planen einen kurzen Abstecher durch Botswana, weil wir uns dort noch eine Community anschauen könnten, die sich womöglich für ein neues Projekt eignet.
Mit zwei Tagen Abstand fällt es mir auch etwas leichter, meine Gedanken zu den gruppendynamischen und sozialen Aspekten unseres Studienprojektes aufzuschreiben. Auch diese tue ich, ohne die studentischen Feedbacks zu kennen. Drei Punkte scheinen mir zum jetzigen Zeitpunkt erwähnenswert: Erstens das große Engagement und die hohe Motivation unserer Projektgruppe, zweitens das sozialen Miteinander und drittens der individuelle und kollektive Umgang mit den Veränderungen der Komfortzonen.
Engagement und Motivation
Es war für uns sehr schön zu sehen, dass alle Studierenden – trotz des strammen Programms – durchgängig sehr engagiert und motiviert bei der Sache waren. Während der Gesprächstermine, auf den Führungen und in den Seminarrunden wurde immer wieder deutlich, dass die Teilnehmer:innen stets sehr interessiert waren und zudem ihre Erfahrungen und ihre Beobachtungen sehr gut reflektierten und wissenschaftlich einordneten. Während der dreiwöchigen Tour erklärte sich jede:r bereit, entweder mindestens einen Eintrag bei FindPenguins zu übernehmen oder den Text für die Kurzvideos zu verfassen und einzusprechen. Auch waren alle Studierenden ohne Zögern dazu bereit, sich über ihr individuelles Befinden vor Gerd's Kamera zu äußern. Das erleichtete die Arbeit von Grd und Julia enorm.
Besonders toll war ebenso die uneingeschränkte Bereitschaft unerer "Reisefamilie", sich auf die Gespräche mit den Studierenden und Kooperationspartner:innen einzulassen; die Kolleg:innen der besuchten Hochschulen und Einrichtungen spiegelten uns wiederholt zurück, wie toll sie die bilateralen Gespräche und die offenen Diskussionen fanden. Alle Teilnehmer:innen haben sich trotz teilweise wenig ausgeprägter Englischkenntnisse in die Gespräche gestürzt. Auch in Bezug auf die noch ausstehenden Modularbeiten zeigten sich alle sehr motiviert und interessiert. Wir werden sehr schöne Arbeiten zu sehen bekommen.
Als Leitungsteam haben wir von vielen Mitgliedern aus der Gruppe immer wieder Hilfsangebote und Unterstützung bei unseren Organisationsaufgaben erhalten (z. B. beim Einkaufen, bei der Übernahme von „repräsentativen“ Aufgaben ;-) , bei der Organisation von Mahlzeiten, beim Aufräumen). Das hat uns sehr entlastet und die Arbeit wesentlich erleichtert - ganz herzlichen Dank dafür!
Soziales Miteinander
Wenn 21 Personen (inklusive Busfahrer) über drei Wochen an einem Projekt arbeiten, bleiben gruppendynamische Prozesse und Konflikte nicht aus. Nach meiner Wahrnehmung haben – neben individuellen Konfliktkonstellationen – vor allem zwei Ereignisse das soziale Miteinander merklich belastet. Da war zum einen der Umstand, dass nahezu alle Mitreisenden von einem Virus heimgesucht wurden und jeweils einen halben bis zwei Tage außer Gefecht gesetzt waren. Unsere medizinische Abteilung hatte somit in den ersten zwei Wochen alle Hände voll zu tun. Und auch wenn sich die Studierenden sehr liebevoll und einfühlsam um ihre erkrankten Zimmergenoss:innen kümmerten, hat diese Krankheitswelle die Stimmung on der Gruppe getrübt. Zum anderen hat der bevorstehende Aufenthalt in Mahenye für Unruhe gesorgt. Die Fragen, welche Temperaturen uns dort erwarten würden, welche Arbeitsaufgaben zu erledigen seien und wie gut die Unterkunft und die Verpflegung sein würden (und dann auch noch ohne wlan), hat die Gruppe erheblich verunsichert. In Mahenye selbst hatten wir dann aber das große Glück, dass die Temperaturen absolut erträglich waren und der Aufenthalt dort durchgängig sehr positiv verlief. Viele empfanden die Tage dort als ihr persönliches Highlight der Tour. So wurde Mahenye - wider Erwarten - für die Gruppe zu einem Wendepunkt für das soziale Miteinander. Nachdem wir diese vermeintliche Belastung hinter und gelassen hatten, verbesserte sich zunächst in Masvingo und danach in Lynns Garten in Bulawayo die allgemeine Gemütslage zusehends; und vor allem im Backpacker in Victoria Falls war nach dem intensiven dreiwöchigen Reiseerlebnis die Stimmung sehr locker und gelöst. Die individuellen Konfliktkonstellationen lösten sich aber leider nicht auf.
Umgang mit Komfortzonen
Bereits im vorbereitenden Seminar hatte ich alle Teilnehmer:innen darauf verwiesen, dass sie auf der Reise sicherlich an der einen oder anderen Stelle ihre Komfortzonen verlassen müssten. Nun ist es natürlich etwas anders, von den potenziellen Erschwernissen auf einer solchen Reise im Seminarraum in Potsdam etwas zu hören, als dann im Februar/März 2024 tatsächlich vor Ort heißes Sadza mit den Fingern essen zu müssen, 2 Tage mal kein Fleisch zu kriegen, nicht sofort bei Bedarf einkaufen zu können, unbekannte Kriechtiere im Zimmer oder Zelt auszuhalten, auf Termine warten zu müssen, in der Nachmittagshitze ohne ausreichend Wasser und Mütze in der prallen Sonne zu stehen oder stundenlang mit einem alten Bus über die Piste zu rumpeln. Aber ich muss sagen: Der weitaus überwiegende Teil der Mitfahrenden hat diese Einschränkungen der Komfortzone mit Bravour gemeistert ... und wäre offenbar gerne noch länger geblieben. Nur vereinzelt kam die:der „pingelige“ Deutsche durch, die:der im Urlaub gerne mal meckert, wenn der Service nicht perfekt ist.
Aber, wie brachte es unser Busfahrer Mr. Moyo auf den Punkt: „There’s no hurry in Africa!” Und damit ist nicht gemeint, dass der ganze Kontinent in Untätigkeit und Apathie verfällt, sondern eine gewisse Gelassenheit an den Tag legt, die mit einem „deutschen“ Perfektions- und Sicherheitsdenken nur sehr schwer zu vereinbaren ist. All das haben wir natürlich brav in dem Beitrag von A. Holzbrecher zur Interkulturalität gelesen. Jetzt wissen wir, wie es zu verstehen ist.
Dagmar äusserte zu Beginn der Tour die Vermutung, dass einige möglicherweise als andere Menschen zurüchkehren, als sie losgefahren sind. Wir werden das sicher innerhalb der "Reisefamilie" noch diskutieren. Und ich hoffe, dass ich zur Dagmar's These in ein paar Monaten etwas mehr sagen kann.Read more