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  • Day 42

    Beim Bacchus

    May 25, 2023 in France ⋅ 🌬 17 °C

    In den Weinbergen der Champagne herrscht gerade überall geschäftiges Treiben. Offenbar haben die Winzer und Saisonarbeiter schon zu dieser Jahreszeit alle Hände voll zu tun. Für den Wanderer bringt diese Art der Landnutzung nicht nur eine willkommene Abwechslung zur genügend gesehenen, tristen und intensiven Ackerwirtschaft mit sich, er betrachtet sie vielmehr mit allgemeinem Wohlwollen und erkennt ihre gesamtgesellschaftliche Bedeutung. "Es ist ein Brauch von Alters her, wer Sorgen hat, hat auch Likör" schrieb schließlich einst Wilhelm Busch, und Schopenhauer fügte in Hinblick auf das Altern hinzu: "Von der Venus entlassen, wird man gern eine Aufheiterung beim Bacchus suchen." Zudem scheinen die Weinbaudörfer über größere finanzielle Mittel zu verfügen, als jene, die Ackerbau betreiben. Das erkennt man unter anderem an den sehr schön instandgehaltenen, alten Waschhäusern, die stets entweder an einem klaren Bach oder direkt an einer Quelle errichtet worden sind. Auch Schutzhütten gibt es hier -fast alle sogar mit offenem Kamin-, doch sind diese wohl den Arbeitern in den Weinbergen vorbehalten. Sei's drum. -Regen ist in den kommenden Tagen ohnehin nicht gemeldet.
    So kam ich in den vergangenen beiden Tagen auf meinem Weg nach Chablis, wo ich heute einen Pausentag einlege, durch verschiedene kleine Dörfer und gestern auch durch das Städtchen Tonnerre. In Tonnerre machte ich die ersten planerischen 1000 Kilometer meiner Reise voll (in Wirklichkeit läuft man natürlich einiges mehr). Zeit zum Feiern blieb mir allerdings kaum, da ich in Tonnerre einige wichtige Besorgungen machen musste. Unter anderem musste ich hier meinen Gasvorrat aufstocken, da ansonsten ein ca. 20 km langer Umweg zum nächsten Decathlon erforderlich geworden wäre. Erschrocken stellte ich fest, dass in Frankreich offenbar auch große Baumärkte lange Mittagspausen machen und (um nicht deshalb zwei Stunden in Tonnerre festzuhängen) dass mir nur noch wenige Minuten für einen Sprint durch die ganze Stadt blieben. Als ich völlig außer Atem am Baumarkt ankam, waren die Rolladen bereits unten. Doch es geschah ein kleines Wunder. Ein verständnisvoller Mitarbeiter sah mich, öffnete, und verkaufte mir das benötigte Gas. Glück gehabt!
    Heute werde ich mich ein wenig in Chablis umschauen und Erholung suchen. Meine Eindrücke werde ich dann morgen mit Euch teilen.
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