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  • Day 5

    Pablo Escobar Tour

    December 31, 2018 in Colombia ⋅ ⛅ 19 °C

    Der letzte Tag des Jahres. Das ging nun doch so schnell. Zwar habe ich nicht so lange geschlafen, wie ich mir das gewünscht hätte, denn ich war immer wieder wach, aber dafür verschlief ich die Pablo Escobar Tour nicht.
    Um neun wurden wir, also drei Australier und ich, von Jaime, einem von vielen Bodyguards Escobars abgeholt. Dabei war auch unser Guide Carlos, der uns die Geschichte auf Englisch erzählte und übersetzte.
    Hatte ich anfangs noch befürchtet, dass es sehr verherrlichend sein wird, so wurde ich schnell eines Besseren belehrt. Wir schauten uns das große Mehrfamilienhaus, das er für seine Familie gebaut hatte an. Dies war später zu einer Polizeistation umfunktioniert worden. Da der Großteil der Menschen in Kolumbien, vorallem aber Medellin diese Geschichte verdrängen möchte, wird dieses Gebäude im nächsten Jahr abgerissen. Es ist unbewohnt und es hängen Plakate zur Erinnerung an die Opfer Escobars.
    Generell wird sein Name anscheinend, außer in den Barrios Escobars, nicht in den Mund genommen. In den Barrios wird er immernoch verehrt, weil er den Menschen, die keins hatten, ein Dach über dem Kopf gab.
    Er war sehr manipulativ, wusste wie er sich seine Helfer beschaffen konnte. Die Menschen, wie Jaime, die sehr arm waren, bekamen ein Haus. Er lud Jaime und einen Freund ein, gab ihm Geld und sagte, er solle sich schick einkleiden. Dann sollte er zu einer bestimmten Uhrzeit zu einem Ort kommen. Dort warteten viele hübsche Frauen, die nur für ihn da waren und ihn verwöhnten. Es gab Koks, Jaime war abhängig. Escobar sagte ihm, wenn er sowas öfter haben möchte und dazu noch eine bestimmte Summe an Geld, die er monatlich bekommen würde, solle er zu ihm kommen. Er solle Escobars Entscheidungen nicht infrage stellen, schwören immer bis zu seinem Ende Loyal zu bleiben. Dies war er, bis zu Escobars Tod, selbst als er wusste wo er war und eine Belohnung von über 1mio Dollar auf ihn ausgesetzt war. Jaime konnte sich von nun an viel mehr leisten, seine Mutter, die oft am Ende des Monats nichts mehr zu Essen hatte, unterstützen. Jaime war 24 Jahre alt, als er zur Mafia überging. Er war von nun an mit Koks versorgt. Er verbrachte viel Zeit auf dem Anwesen Escobars. Seine Hauptaufgabe war es die Kokaplantagen zu kontrollieren, er verdiente viel damit. Aber was nützte ihm das viele Geld in der Tasche, wenn er sich, wenn ein Helikopter drüber flog, tagelang im Dschungel verstecken musste, sich von den Früchten des Waldes ernähren musste?
    Irgendwann war es so weit, dass er nicht einmal in Ruhe in einem Restaurant essen konnte. Fühlte sich ständig gehetzt, beobachtet, so schlang er.
    Seine Frau trennte sich von ihm, weil er seine Tochter niemals besuchen kam. Aus Angst, man könne ihr etwas antun.

    Escobar bestach viele Polizisten. Die die sich nicht bestechen ließen, oder andere Personen, die ihm gefährlich werden konnten, schaffte er oft auch noch zu manipulieren. Er ließ sie und ihre Familien beschatten. Die Sicarios schrieben alles auf, wann wer wohin aus dem Haus geht. Wie oft usw. Dadurch hatte er alles in der Hand. Er legte den Personen einen Koffer mit Geld vor. Sagte ihnen: "Warum kaufst du deinem Sohn nicht mal ein Fahrrad, damit er nicht X km zur Schule laufen muss?" oder "Warum schenkst du deiner Frau nicht die eine schöne Kette, die sie sich so sehr wünscht". Usw. Wenn die Person sich nicht bestechen lassen ließ, drohte er jeden der geliebten Personen, nach einander zu töten.

    Korruption ist hier immernoch sehr verbreitet. Genauso das Drogenproblem. Dadurch dass hier ein Monatsgehalt ca. 250 € (9€ pro Tag bei einer legalen Tätigkeit wie Polizei) beträgt, sind viele bereit ihr Gehalt durch illegales zuarbeiten aufzustocken. Außerdem sehen viele junge Menschen in Pablo Escobar ihr Vorbild. Wollen sein wie er, der auch aus armen Verhältnissen stammte. Allein wenn ein Dealer in Kolumbien 4g Koks für 10000 Pesos verkauft, hat er schon seinen Tagesverdienst. Verkauft er hingegen dieselbe Menge an Touristen (für diese kostet es knapp 25 000 Pesos) hat er sein Tagesgehalt mehr als verdoppelt. Sollten sie sich erwischen lassen, gibt es hier schlimmstenfalls ein paar Jahre Gefängnis, wenn überhaupt.

    Auch die Polizei ist oft in diese Geschäfte verwickelt. So ist es oft auf Festivals so, dass einige Polizisten in Zivil Koks an unwissende Touristen verkaufen und dann ihren Kollegen die Personen durchgeben um sie zu checken. Diese werden natürlich mitgenommen, haben aber heute ihren "glücklichen Tag" und dürfen sagen, was ihnen ihre Freiheit denn so wert sei. Oft reichen schon 50€.

    Carlos und Jaime meinten, dass ca. 80% der Polizisten korrupt sei und wenn man anfangen will, das Land zu verbessern, man bei der Polizei ersteinmal sauber machen müsse.

    Nachdem wir das Haus gesehen hatten, fuhren wir in die Berge, in das Gefängnis, das Escobar sich selbst gebaut hatte. Inklusive Hubschrauberlandeplatz. Eigentlich war dies eine erneute Luxusunterkunft. Escobar floh nach etwa einem Jahr und einigen Monaten über einen Bachlauf über den Berg. Auch dies schauten wir uns an. Die meisten Dinge des Gefängnisses wurden abgerissen.Teile der Mauern, ein Wachturm und der Hubschrauberlandeplatz existieren noch. Heute befindet sich ein Altenheim für arme Menschen dort. Die Geschichte wird verdrängt.

    Anschließend fuhren wir noch zum Friedhof. Auf dem Weg dorthin zeigte man uns Fotos von Escobars Tod. Es gibt verschiedene Versionen, wie er starb. Eine Version sagt, er wurde mit 3 Kugeln von der Elite-Einheit getötet, eine andere aber besagt, dass Escobar sich das Leben selbst nahm um seine Familie zu schützen, die in Deutschland keinen Asyl bekam.

    Jaime war einerseits erleichtert, fühlte sich frei aber auch sehr traurig darüber, dass Escobar nun tot sei. Er baute sich ein neues Leben auf und zog nach Spanien, Malaga. Hat dort eine Familie gegründet. Nach dem Tod seines Vaters kam er zurück nach Kolumbien. Seine spanische Frau trennte sich, er hat nun aber eine funktionierende Familie. Und um diese zu unterstützen, und um die Menschen aufzuklären, veranstaltet er diese Touren. Verkauft dazu Bücher, Tshirts und Aufkleber. Er sagte uns, dass wir niemals Kokain nehmen sollten. Er war 4 Jahre abhängig, als er jedoch sah, wie es hergestellt wird, wusste er, dass dieses Gift langsam tötet. Der Entzug war hart, zumal er immernoch damit arbeitete. Aber er hat ihn geschafft. Escobar hingegen kokste nicht. Er trank Heineken Bier.
    Sein zweiter Rat an uns, war an uns Frauen (eine war noch mit ihrem Freund aus einem anderen Hostel dabei) gerichtet: Wenn unser Freund in solche Geschichten verwickelt werden sollte, solle man sich trennen, denn das ganze Geld bringt einem ja doch nicht die Sicherheit und Geborgenheit, die man braucht.

    Uns wurdern noch einige andere Geschichten erzählt. Die Geschichte von Jaime aber fand ich aber am interessantesten.
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