mit dem Fahrrad auf den Kahlenberg
September 14 in Austria ⋅ ☁️ 20 °C
Wir steigen nicht in einen stickigen Reisebus, sondern schwingen uns in Wien auf die Fahrräder. Am Anleger in Nußdorf, wo die Donau fast gemächlich vorbeizieht und die Schiffe anlegen, starten wir unsere Tour. Schon nach wenigen Metern haben wir das Gefühl, mitten in eine Postkarte hineinzufahren: Kopfsteinpflaster, kleine Cafés, alte Winzerhäuser.
Unser erstes Ziel ist das Beethoven-Wohnhaus in Heiligenstadt. Hier, in der stillen Umgebung der Weinberge, suchte der große Komponist Ruhe und Inspiration – und hier schrieb er auch sein berühmtes „Heiligenstädter Testament“, einen sehr persönlichen Brief, in dem er seine Verzweiflung über die zunehmende Taubheit schilderte. Man spürt fast noch die Melancholie, aber auch die ungeheure Schaffenskraft, die ihn nie verlassen hat.
Von dort aus radeln wir weiter nach Grinzing. Die engen Gassen sind gesäumt von prächtigen Villen aus der Gründerzeit, viele von ihnen in zarten Pastelltönen gestrichen, mit schmiedeeisernen Balkonen und üppigen Gärten. Hier lässt es sich gut vorstellen, wie Künstler und Intellektuelle einst ihre Sommerfrische verbrachten. In den kleinen, schattigen Innenhöfen der Heurigenlokale klingt oft Musik, Gläser klingen, und der Duft von frischem Sturmwein (Federweißer) und hausgemachtem Aufstrich liegt in der Luft.
Wir treten weiter in die Pedale – und nun wird’s anstrengend: Der Kahlenberg erhebt sich vor uns. Die Straße windet sich in steilen Serpentinen nach oben, und mit jeder Kurbelumdrehung öffnet sich der Blick ein Stück mehr über die Stadt. Oben angekommen, liegt uns Wien zu Füßen: die Donau, die Innenstadt mit dem Stephansdom, und in der Ferne das Wiener Becken.
Hier oben ist auch der perfekte Ort, um kurz innezuhalten und an die Türkenbelagerungen Wiens zu denken. Besonders die zweite, im Jahr 1683, hat die Geschichte der Stadt geprägt. Damals belagerten osmanische Truppen monatelang Wien, bis ein Entsatzheer unter König Johann III. Sobieski von Polen und dem kaiserlichen Feldherrn Ernst Rüdiger von Starhemberg die Stadt in der Schlacht am Kahlenberg befreite. Der polnische Heerführer Jan III. Sobieski ritt von diesem Hügel aus mit seiner Kavallerie den legendären Angriff gegen die osmanischen Stellungen – ein entscheidender Moment, der nicht nur Wien, sondern ganz Mitteleuropa prägte. Noch heute erinnert eine kleine Kirche auf dem Kahlenberg an diesen Sieg und an die Dankbarkeit der Wiener gegenüber ihren Verbündeten.
Nach dieser kleinen Zeitreise lassen wir die Räder bergab rollen. Der Fahrtwind rauscht in den Ohren, die Rebstöcke ziehen an uns vorbei, und die sanfte Herbstsonne taucht die Weinberge in goldenes Licht. Unten im Tal locken die Buschenschanken mit frisch gepresstem Traubensaft, knusprigen Brezen und warmem Apfelstrudel.
So schließen wir unsere 20 Kilometer lange Radtour durch Wien – voller Geschichte, Musik und Genuss. Am Ende des Tages fühlen wir uns zwar angenehm erschöpft, aber auch reich beschenkt: mit Eindrücken, Bildern im Kopf und vielleicht einem leisen Beethoven-Motiv auf den Lippen. 🚴♀️🍇🍷Read more


















