• der Donau und der Zukunft zugewandt

    26 september, Slovakien ⋅ ☁️ 16 °C

    Wir sind in Bratislava, der Hauptstadt der kleinen, jungen Slowakei – und sofort spüren wir die Gegensätze. Auf der einen Seite ragen moderne Hochhäuser direkt an der Donau in den Himmel. Gleich dahinter führt uns ein kurzer Spaziergang in die bezaubernde Altstadt, wo enge Gassen, pastellfarbene Fassaden und wundervolle historische Cafés zum Verweilen einladen.

    Das Gebäude der Kormuth-Konditorei hat eine über 400-jährige Geschichte.
    Der Stil, die Ausstattung mit Antiquitäten und Renaissance-Fresken sowie Originalmöbel stammen aus dem 16.–19. Jahrhundert.

    Wir sind beeindruckt von der Hochhaus Skyline direkt an der Donau. Eine solche moderne Stadt, der Donau und der Zukunft zugewandt, würden wir uns in Deutschland sehr wünschen.

    Die Stadt wirkt jung. Überall begegnen wir Studierenden, Universitätsgebäuden und Plakaten für Wissenschaft und Forschung – wie hier zur „Noc Vedy“, der Nacht der Wissenschaft. Bratislava zeigt sich der Zukunft zugewandt, neugierig und offen.

    Bratislava war ein Schmelztiegel der Kulturen. Der Rabbiner Chatam Sofer machte die Stadt zum Zentrum jüdischer Gelehrsamkeit. Zur jüdischen Gemeinde Pressburgs gehörte auch Simon Michel Abraham Pressburg, um 1700 Vorsteher der Gemeinde und kaiserlicher Hoflieferant. Spannend für uns: Er ist ein direkter Vorfahre von Heinrich Heine und Karl Marx – zwei Persönlichkeiten, die Europas Geistesgeschichte geprägt haben.

    Und doch trägt die Stadt auch Lasten der jüngeren Vergangenheit. Am Stadtrand ragt die Raffinerie Slovnaft auf – Sinnbild der industriellen Abhängigkeit, bis heute Zeit stark von russischem Öl über die Druschba-Pipeline gespeist. Früher galt es als Fortschritt, wenn die Schlote qualmten und der Rauch den Himmel verdunkelte. Heute wissen wir, wie viel Dreck damit verbunden war – Millionen Tonnen CO₂, Schwefel, Ruß. Bratislava arbeitet daran, sich aus dieser alten Abhängigkeit zu lösen. Aber die reaktionären Kräfte sind stark, Wandel ist mühselig.

    Gerade dieser Kontrast macht den Reiz der Stadt aus: futuristische Wissenschaft und alte Industrie, Glasfassaden und barocke Kirchen, internationale Botschaften dicht an dicht in winzigen Straßen. All das nur eine Stunde von Wien entfernt – und doch eine ganz eigene Welt, die hier lebendig wird.
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