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  • Day 18

    Ievgenii und die Sternenbettwäsche

    September 28, 2019 in Canada ⋅ ☁️ 2 °C

    Wir machten uns zum späten Nachmittag auf zu unserem Gastgeber, der erst ab 16 Uhr zu hause war. Der Bus vom Flughafen steckte lange im Verkehr fest, aber letztlich schafften wir es zu unserer Haltestelle. Auf dem Weg zu unserer Unterkunft haben wir uns fast eingepinkelt vor Lachen, weil wir uns Lieder überlegt haben, die wir beim Wandern durch die Nationalparks singen könnten. Bella hatte gelesen, dass man das machen kann, damit sich die Bären nicht erschrecken, wenn man auftaucht, sondern dich schon von Weitem hören können. Wir haben es mit Texten auf die Melodie von "Ein belegtes Brot mit Schinken" probiert, aber da kam nur Nonsens raus - wenn auch zugegebenermaßen sehr unterhaltsamer. 😂 Auch den Kanon "Was müssen das für Bäume sein", den ich irgendwann mal von Conny und Schella gelernt habe, haben wir mit braunen, schwarzen und Grizzly Bären umgedichtet und hatten so gleich drei Strophen. Ein Sieg auf ganzer Linie!😄 Letztlich sind wir dann aber doch bei der Melodie von "Bruder Jakob" hängen geblieben und haben uns die witzigsten Sachen ausgedacht. Hier zwei Strophen, die uns besonders im Gedächtnis geblieben sind (einmal natürlich auf Englisch, die Bären sollten uns ja verstehen!😂):

    "We are humans, we are humans
    Don't eat us, don't eat us
    We don't want to hurt you, we don't want to hurt you
    Peace Peace Peace, Peace Peace Peace" (...und dabei natürlich mit beiden Händen das Peace-Zeichen machen, damit die wissen, dass wir das ernst meinen!😂)

    "Bärenbrüder, Bärenbrüder
    Hört ihr uns? Hört ihr uns?
    Bitte fresst uns nicht auf, bitte fresst uns nicht auf
    Wir haben Bärenspay, Bärenspray" (Hier ist die Betonung wichtig, da die Silben nicht passen. "Wir haben" muss an dieser Stelle wirklich schnell gesungen werden, während man sich beim zweiten "Bärenspray" schon etwas mehr Zeit lassen kann.😂)

    Die Leute, die uns entgegenkamen, fanden uns lustig, weil wir einfach nicht mehr aufhörten lauthals zu lachen.😅 Schließlich schafften wir es zu unserer Zieladresse - ein Hochhaus mit modernem Foyer. Klingeln kann man nur, wenn man die Appartment-Nummer hat. Natürlich hatten wir die nicht.😆 Wir mogelten uns zumindest schon einmal mit rein und setzten uns auf die Sessel. Wir konnten Ievgenii nicht schreiben, denn wir hatten noch immer kein WiFi. Doof...Ich quatschte zwei junge Leute an und fragte sie, ob sie Internet hätten und erklärte ihnen die Situation. Die beiden schauten mich superverwirrt an und meinten dann, sie würden zwar dort wohnen, aber Internet hätten sie nicht. Ooookay...tja...schade!😅 Wir saßen noch weitere Minuten da, Bella versuchte draußen mit öffentlichen WiFis ihr Glück, aber blieb ohne Erfolg. Ich bin dann auch nochmal raus und fand jemanden, den ich um einen Hotspot bitten konnte. Er war nett und machte es auch prompt, sodass ich Ievgenii eine kurze Nachricht schreiben konnte, damit er uns aus dem Foyer abholt. Das klappte dann glücklicherweise auch sehr gut. Keine fünf Minuten später stand er vor uns, mit dickem grünen Pulli und superkurzer roter Hose. Das Outfit erinnerte mich ein bisschen an Paulie Bleeker von Juno. Wir begrüßten uns und er brachte uns hoch. Nachdem der Gesprächsbeginn recht stockend war, wurde er doch immer sympathischer und wirkte schließlich wie ein interessanter, lustiger Zeitgenosse, der das Leben genießt. In seiner Wohnung hängen auch ziemlich viele inspirierende Bilder, mit und ohne Sprüchen, die sehr lebensbejahend sind. Statt uns auf der Luftmatratze schlafen zu lassen, bezog er uns sein Bett in kuscheliger Sternenbettwäsche - richtig süß.🌟 Er war irgendwie selbstverständlich gastfreundlich, ohne sich groß darüber Gedanken zu machen. Die Dusche tat unheimlich gut an dem Abend, es war mal wieder wirklich Zeit gewesen. Während Bella schon hundemüde im Bett lag und schlafen wollte, hatte ich noch etwas Arbeit zu erledigen. Ievgenii meinte dann, dass er jetzt seine Fahrradrunde dreht. (Zur Erinnerung, es war echt ziemlich arschkalt draußen.) Das macht er jeden Abend, auch im Winter. Wenn es zu glatt wird, geht er joggen. Krasser Typ, ey! Von seiner Disziplin kann er mir ruhig mal ein bisschen abgeben. Dann geht er vielleicht nur noch alle zwei Tage radeln, aber ich würde schon sehr davon profitieren...🤔 Wie dem auch sei, wir machten dann alle nicht mehr lange und schließlich habe ich in einen wunderschönen Sternenschlaf gefunden.😴 Am nächsten Morgen klingelte mein Wecker zeitig, denn ich wollte noch was schaffen. Als die anderen beiden schließlich wach waren, hatten wir gar nicht mehr viel Zeit. Wir brauchten eine Stunde zur Autovermietung und mussten zuvor noch kurz ein paar Sachen einkaufen. Klamotten packen war wieder angesagt. So langsam hab ich den Dreh raus, denk ich. Der "kleine" Rucksack ist zwar immer noch ein bisschen groß, aber mit Laptop und fettem Akkupack auch notwendig, damit wenigstens noch ein paar andere Dinge hineinpassen. Es tat uns ziemlich Leid, dass wir nicht mehr mit Ievgenii frühstücken konnten. Er bot es uns an, aber wir mussten ablehnen, weil die Zeit zu knapp war. Zum Abschied gab er uns dennoch 5 oder 6 Bananen und noch einmal genauso viele Müsliriegel mit - wie süß!💛 Ich glaube, er war schon ein bisschen traurig, dass wir nur so wenig Zeit hatten, es geht beim Couchsurfen ja auch darum, sich gegenseitig etwas kennenzulernen und Erfahrungen auszutauschen, aber böse war er uns glücklicherweise nicht. Vielleicht kommt er nächsten Sommer mal nach Magdeburg. Er war der erste, den ich hier kennengelernt habe, der Magdeburg kennt.
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