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  • Day 10

    Die Rentier-Tragödie😪

    June 2, 2022 in Norway ⋅ ⛅ 11 °C

    Die traurige Begebenheit ist nun schon 6 Tage her...

    Mit den fantastischen Eindrücken vom Steindalsbreen und dem Weg dorthin im Gepäck, warf uns das Schicksal auf dem Rückweg kurz vor der Steindals-Skihütte buchstäblich ins eiskalte Wasser.

    Wir sahen ein Rentier in einem reißenden Bach zwischen Bäumen hilflos eingekeilt.
    Die Umstände erforderten es, auf die andere Bachseite zu gelangen, um das Tier aus seiner misslichen Lage zu befreien.
    Jedoch gab es keine Möglichkeit, den Bach trockenen Fußes zu überwinden.

    So musste ich als verfechter der warmen Dusche, über meinen fröstelnden Schatten springen und ins eiskalte Nass. Da ich am anderen Bachufer den Halt verlor, tauchte ich bis zur Brust ins Wasser ab.

    Beim Rentier angekommen, stemmte ich mich mit einem Schritt ins Wasser und schob einen der Stämme zur Seite. Der Handgriff befreite jedoch nur kurzfristig den Kopf des Tieres, ehe es in die nächsten im Wasser liegenden Baumstämme geschwemmt wurde.

    Nun stellte sich am gegenüber liegenden Ufer Veronika Hüfttief ins Wasser, um das Rentier zu packen und über einen Stamm hinweg ans Ufer zu ziehen. Währenddessen koordinierte ich so gut als möglich dessen Hinterteil.

    An Land gezogen, betteten wir es auf schneefreiem Untergrund. In der Folge hatten wir erwartet, dass das Rentier nach kurzem schockverdauen aufspringt und das Weite sucht. Dem war aber nicht so.

    Erst jetzt entdeckten wir eine große Wunde in der Flanke, die sich bis über den Rücken zog.
    Im ersten Moment dachte ich an eine Verletzung , die die Stämme im Wasser verursacht hätten. Veronika erkannte jedoch, dass die Wunde bereits älter, vereitert und von Wundbrand gezeichnet war.

    Das Tier war zu schwach, eigenständig aufzustehen. Auch mehrere Versuche es durch hochheben auf die Beine zu stellen, schlugen fehl. Mittels Leine und händischer Unterstützung brachten wir es mit Müh und Not zur glücklicher Weise nur 100 Meter oberhalb des Tatorts gelegenen Ski-Hütte. Das sichtlich von seinem Zustand gezeichnete Ren half uns so gut als möglich mit zittrigen und kraftlosen Schritten.

    Wir legten es auf den trockenen Holzplanken der Hüttenveranda ab und deckten es mit einer umherliegenden Dachpappe zu, um es vor dem Wind zu schützen. Zu viel mehr als uns mit leerem Blick anzublinzeln, war es nicht im Stande als wir es wenig später schweren Herzens zurück ließen.

    Unterdessen hatte Veronika bereits einen Notruf abgesetzt und auch mit dem Besitzer des Tieres gesprochen. Wie wir Tags darauf von diesem persönlich erfuhren, handelte es sich um ein 1-jähriges Jungtier. Am Telefon kündigte er uns an, hinauf zu steigen, um sich ein Bild von der Lage zu machen.

    Ihm blieb letztlich nichts weiter übrig als es mit einem gezielten Schuss von seinem Leid zu befreien.

    Beeindruckt von diesem aufreibenden Erlebnis, stapften wir mit wesentlicher Verspätung und triefend nassen Klamotten zum Auto zurück.
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