• Day 38

    Tour de Kultur: Von Ravenna nach Florenz

    October 4, 2023 in Italy ⋅ ☀️ 28 °C

    Noch bevor es über die Apenninen in die Toskana geht, starten wir die Kirchenbesuchstour in Ravenna in der Emilia-Romagna. Würden wir die Stadt nur nach der Anreise dorthin beschreiben, wäre "Drecksloch" wohl der passende Begriff. Die Straßen rund um das Industriegebiet sind vermüllt, es stinkt bestialisch, Ratten laufen im Graben auf der Suche nach was Essbarem.
    Wir lassen uns nicht abschrecken, denn die Stadt in Adrianähe ist für seine kunstvollen Mosaike bekannt und daher voll mit Menschen, die sich diese anschauen wollen. Unpraktisch für uns: man muss vorab Kombitickets kaufen und Zeitslots festlegen, wann diese oder jene Kirche besucht werden kann, um den Ansturm gesittet zu organisieren. Das ist uns auf der Durchreise zu kompliziert und wir können nach dem Bestaunen eines unkompliziert zugänglichen Deckengewölbes nur erahnen, wie schön die Weiteren sein müssen. Es ist übrigens die erste Nacktdarstellung von Jesus, die ich sehe...reinzoomen müsst ihr selbst.

    Wir hätten auch einfach flach an der Adria von Lido zu Lido radeln können, aber wir lieben die Berge in jeder Hinsicht. Also geht's wieder bergauf - und wie!!! Auf der Etappe lag der erste und höhere Pass bis auf 900m schon hinter uns und danach folgte nur noch ein kleiner Hubbel mit 400 Höhenmetern. Das Straßenschild bereitete uns dann auf 13% Steigung vor. "Va bene", dachten wir. Schon steil, aber ok. Was dann folgte waren die steilsten 2,5km, die wir je mit dem Rad gefahren sind. Mein Fahrradcomputer zeigte 20% an der steilsten Stelle und ein Mal kurz 9%. Meist waren es 15-17%. Einfach abartig mit dem ganzen Gepäck. Wir kämpfen uns hoch und loben nie wieder den Tag vor dem letzten Anstieg.

    Dann residieren wir oberhalb von Florenz in Fiesole auf dem Panorama Camping. Nicht nur die Aussicht, sondern auch der Preis ist unschlagbar. Wir zahlen 100€ für drei Nächte, was anderswo schon teuer ist für ein kleines Zelt - doch dafür hätten wir in Firenze nicht mal einen Schlafplatz für eine Nacht im Mehrbettzimmer bekommen. Von Fiesole fährt ein Bus direkt ins Stadtzentrum. Daher haben unsere Räder nicht das Vergnügen einen Städtetrip zu machen.
    Ich war als Jugendliche schon ein Mal in der Stadt der Künste. Michelangelo, Da Vinci, Botticelli, Gallileo Galilei klangvolle Namen, die alle in der Metropole der Renaissance wirkten. Was muss damals hier los gewesen sein. All die namhaften Maler, Bildhauer, Ingenieure, Mathematiker - manche alles in einer Persilon vereint, zog es an den Arno, wo es scheinbar genügend zahlungsfreudige Auftraggeber gab.
    Und was erst heute hier los ist. Noch nie habe ich in einer Stadt so viele Touristen gesehen. Wir wollen den Dom besichtigen, aber die Schlange ist mehrere Hundertmeter lang. Auch die Uffizien und Galeria dell' Academia lassen wir Kunstbanausinnen ausfallen. Lediglich im Museum Galileo Galileo bewundern wir die ersten Weltkarten und den Mittelfinger des Universalgelehrten. Wir saugen lieber kostenlos die Atmosphäre und die Straßenkunst beim Flanieren durch die Stadt ein und genießen die Küche (man kann übrigens auch unglaublich lecker indisch essen hier).

    Zum Sonnenuntergang dann das Highlight: der Blick von der Piazzale Michelangelo auf die Altstadt. Atemberaubend - und kein Geheimtipp. Denn in einer regelrechten Prozession pilgern die Scharen hierher. Selfies, Gruppenfotos und scheinbar ein neuer asiatischer Trend: Paare im Hochzeitsdress, die hier ein professionelles Shooting machen. Die sozialen Medien werden überflutet von Bildern im wirklich fotogenen Abendlicht. Ich liebe diese Zeit zum Fotos machen und dann noch solche architektonischen und menschlichen Motive.

    Auf der Weiterreise gelingt mir an der Ponte Buriano, inspirieret durch die großen Meister, noch die Nachstellung eines Gemäldes vor dem (wahrscheinlichem) Originalhintergrund.
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