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  • Day 106

    Athen - einst die Wiege der Demokratie

    December 11, 2023 in Greece ⋅ ☀️ 15 °C

    Sollte ich Athen beschreiben, wären es Worte wie: Papageien, Moloch, Graffiti, irrer Verkehr, linke Szene, wahnsinns Geschichte.

    Nachdem wir uns langsam nähern und die Fahrt von Piräus nach Athen trotz des irren Verkehrs tatsächlich überleben, werden wir in der Stadt von wilden Papageien begrüßt, die sich entlang des einzigen Fahrradweges der Stadt versammeln.
    Wir merken schnell, dass die Bewohner Athens nicht wirklich an Radfahrer gewöhnt sind, denn sie tummeln sich auf dem Radweg und sind zum Teil sichtlich irritiert, wenn wir klingeln.
    Eigentlich ist es verrückt hier Rad zu fahren, denn der Autoverkehr ist lebensgefährlich. Kilometerlange Staus und Hupkonzerte sind keine Seltenheit auf unserem Weg durch die Stadt.
    Athen ist im übrigen eine der Städte mit der höchsten Luftverschmutzung und ändert trotzdem nichts am bestehenden Verkehrskonzept - so unser Eindruck.

    Auf den ersten Blick ist es wirklich keine aufgehübschte, für Touristen hergerichtete Stadt und vielleicht gefällt sie uns deshalb nach ein paar Tagen so gut.
    Athen ist schmuddelig, es wimmelt von archäologische Ausgrabungsstätten und es hat eine sehr aktive linke Szene.
    Nicht zu vergessen ist natürlich die weltbekannte Akropolis. Sie liegt auf dem der Göttin "Athene", der Namensgeberin der Stadt, geweihten Burgberg.
    Ihre Geschichte ist ebenso alt wie die Geschichte Griechenlands und immer wieder waren es andere Völker (Griechen, Römer, Perser...), die die Festungsanlage für sich nutzten und veränderten.
    Im demokratischen Athen wurde sie schließlich als Sitz der Götter (Tempelanlage) ausgebaut.
    Sanne, die wir bei der Olivenernte in Selegoudi kennengelernt haben und die wir seitdem regelmäßig trafen, ist geschichtlich sehr interessiert und gibt uns eine Privatführung. Dank ihr verstehe ich die Geschichte Griechenlands nun ein bisschen besser und bin beeindruckt von all dem, was sich in der Menschheitsgeschichte hier abgespielt hat.

    Natürlich lassen wir uns in Athen das archäologische Nationalmuseum nicht entgehen und bewundern auch hier die zum Teil sehr, sehr gut erhaltenen Fundstücke. Vorallem der Goldfund von Heinrich Schliemann aus der mykenischen Zeit beeindruckt mich sehr.
    Schliemann, der durchaus kritisch hinterfragt wird, begann 1869 mit Ausgrabungen in Mykene und stieß hierbei auf besagten Goldfund.
    Die mykenische Kultur gilt als eine der ersten Hochkulturen Europas und das antike Mykene ist wirklich eine Besichtigung wert. Die alte Festungsstadt mit ihren vielen Gräbern und den Mauern aus riesigen Steinquadern fesselt uns sehr.

    Aber nochmal zurück zu Athen😊, das für mich nicht nur wegen seiner archäologischen Bedeutsamkeit interessant ist, sondern auch wegen aktueller Geschehnisse. Einst die Wiege der Demokratie, bekommen wir nach Gesprächen mit unterschiedlichen Menschen das Gefühl, dass hier einiges in Schieflage geraten ist.
    Da gibt es beispielsweise die linke Szene, die sich mit vollem Einsatz für den Erhalt einer Parkanlage einsetzte und trotzdem verlor. Die Parkanlage wird seitdem von hoch ausgerüsteten Polizisten bewacht und ist abgeriegelt.
    Da gibt es einzelne Menschen, die sich für die stark machen, die nicht das nötige Kleingeld haben, um gerichtlich gegen mächtige Menschen vorzugehen, die ihnen Unrecht angetan haben.
    Da gibt es den Hostelbesitzer, der sich mit Freiwilligen für Geflüchtete einsetzt und der jetzt zur Kasse gebeten wird, da er Freiwillige bei sich arbeiten hat.
    Da gibt es diejenigen, die von heftiger Polizeigewalt auf Demonstrationen berichten, obwohl sie friedlich auf die Straße gingen.
    Und da gibt es die Menschen, die wir im Dunkeln in den Straßen liegen sehen- eine obdachlose alte Frau, Junkies, die Drogen verticken oder konsumieren, obdachlose Menschen, die sich in Hausecken eingerichtet haben.
    Kurzum in der Nacht zeigt Athen auch sein hässliches Gesicht in den Seitenstraßen.

    Mit einem Gefühl zwischen Bewunderung und Abscheu verlassen wir Athen und Griechenland für einen Weihnachtsbesuch zu Hause.
    Unsere Fahrräder und Taschen lassen wir in unserem Hostel stehen.
    3 Wochen später sind wir zurück in Athen und erholen uns erstmal von der zweieinhalb tägigen Anreise aus Deutschland, auf der wir nahezu alle Verkehrsmittel (außer Flugzeug und Fahrrad) nutzten.
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