• Fahrt über die Hochebene

    August 1, 2016 in Norway ⋅ ⛅ 9 °C

    Die letzte Radwoche bringt jeden Tag eine besondere Herausforderung, heute ist es die Hochebene von Skaidi. Ich mache mich schon frühzeitig auf den Weg, eine lange Etappe mit etlichen Höhenmetern und unberechenbarem Wind liegt vor mir. Der erste Bergrücken ist schnell erklommen, der zweite Anstieg führt mich auf die Hochebene in 400 m. Nicht hoch, denkst du jetzt und du hast recht. Nur ist hier im Norden das Klima deutlich rauher als weiter südlich und für die Winde gibt es keine Hindernisse. Das Wetter soll laut Vorhersage trocken bleiben und der Wind mittlere Stärke erreichen.

    Bevor ich ganz hochfahre mache ich noch im Windschutz einer Felswand meine Frühstückspause. Und dann geht es ab in den Wind, 40 km auf dieser Hochebene ohne Häuser, Bäume oder sonstigen Wetterschutz liegen vor mir. Zunächst muss ich mich neu orientieren, wie stark ist der Wind, wie ist die Steigung, wie schnell kann ich fahren? Der Wind bläst heftig, aber er läßt das Fahren zu, langsam komme ich vorwärts. Glücklicherweise macht die Straße regelmäßig leichte Kurven und so bläst der Wind nicht immer frontal von vorne. Kleidung habe ich genug am Körper erstmals kommen alle Wintersachen zum Einsatz. Die Kälte soll mir nicht zusätzlich zu schaffen machen was mir auch gelingt.

    Zu Beginn begeistert mich die Weite der Hochebene ohne nennenswerte Veränderungen. Alles sieht gleich aus, Gras, Gras und Gras bis zum Horizont. Einige Siedlungen der Samen (= Minderheit im Norden Skandinaviens) sind zu sehen und Rentierherden weiden in der Ferne, ansonsten Gras und nach der nächsten Kuppe wieder nur Gras. Neben dem harten Treten stört mich das große Verkehrsaufkommen von PKWs und LKWs beim Fahren. Das immergleiche Landschaftsbild bleibt nicht lange spannend, nach einer Stunde langweilt es mich. Ich mache viele Fotostopps um mir Abwechslung zu verschaffen. Mit den vielen Halts komme ich nur langsam voran und die Langeweile bleibt. Auch Singen hilft mir nicht gegen die Eintönigkeit. Kurbelumdrehungen zählen hatte mir eine scheizer Radreisende vor einiger Zeit gegen die Langeweile empfohlen, auch das funktioniert nicht lange. Ich teile mir im Kopf die Strecke in 10 km lange Abschnitte und fahre jeweils einen Abschnitt. Das klappt gut, 10 km sind überschaubar und dann folgt eine Belohnung mit Essen oder fotgrafieren. Meine Esspause mache ich bei einem Bagger der mir ein wenig Schutz vor dem Wind und dem Nieselregen bietet.

    Irgendwann, nach rund 6 Stunden Fahrzeit komme ich doch zum Ende dieser Hochebene, langwierig und herausfordernd war diese Fahrt. Weiter unten läßt der Wind schnell nach und im ersten Ort (eine Tankstelle, ein Hotel, ein Campingplatz, ein Cafe und 10 Häuser) kaufe ich mir eine Jause zur Stärkung. Ich will noch über eine weitere Hügelkette bis zum Meer an die Ostküste fahren.

    Während der Pause gesellt sich ein Berliner Radfahrer zu mir und wir fahren gemeinsam weiter. Mensch, ist das schön. Wir fahren zügig und gleichmäßig hintereinander oder unterhalten uns während des Fahrens. Diese Gesellschaft ist eine tolle Abwechslung zu der öden Landschaft am Berg in gespenstischer Stimmung.
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