• Weit aus der Komfortzone

    August 13 in Slovenia ⋅ ☀️ 16 °C

    Der heutige Tag verspricht jetzt schon aufregend zu werden. Wir entscheiden uns für einen Klettersteig! 🧗‍♀️ Was ist ein Klettersteig?

    Ein Klettersteig (italienisch „Eisenweg“ / via ferrata) ist ein gesicherter Weg mit einem am Fels befestigten Stahlseil. Mit einem Klettersteiggurt können sich Kletterer am Seil sichern und so ein sicheres Klettern gewährleisten. Meistens sind die Wege mit Klettertechnik zu bewältigen und erfordern Schwindelfreiheit und Ausdauer.

    Der Klettersteig den wir uns ausgesucht haben ist als „A/B-Schwierigkeit“ kategorisiert, also einsteigerfreundlich. Was wir nicht wissen, ist, dass slowenische und deutsche Klettersteige etwas anders funktionieren.

    Früh morgens schlüpfen wir in die Wanderschuhe und fahren den Pass hinauf. Im Halbdunkeln sind die engen Haarnadelkurven noch mal etwas anderes. Um 7:00 kommen wir auf dem Pass-Parkplatz an, auf dem auch schon das eine oder andere Auto steht, und wandern den anstrengenden Anstieg zum Klettersteig los. Als die schroffen Felsen sich immer höher neben uns auftürmen, ahnen wir langsam, wo wir da hoch wollen. Es ist dennoch wunderschön, die Morgensonne taucht alles in ein sanftes Licht und die Felsen der julischen Alpen stehen wie raue zackige Wächter einfach da und warten.
    Wir kommen am Einstieg an und bereiten uns vor: Helm auf, Klettersteig-Set und Handschuhe an, Partnercheck.
    Carola macht sich Last-Minute nochmal große Sorgen, ob sie nicht viel zu langsam sein wird und ob dann nicht alle anderen Kletterer sauer auf sie sein werden, wenn sie den ganzen Laden aufhält. Aber: erstens ist die Kletter-Community supernett, und zweitens gibt es notfalls dann doch immer ein paar Stellen, an denen man schnellere Leute vorbeilassen kann.
    Es geht los! Felix geht vor, und nach und nach kraxeln, klettern und clippen wir uns in ein Stahlseil nach dem anderen ein. Das macht richtig Spaß, und ist sogar viel einfacher als der deutsche Klettersteig, den wir vorher zum Üben ausprobiert haben (der war allerdings auch 1-2 Schwierigkeitsstufen schwerer). Die Griffe und Tritte sind prima und wir kommen gut vorwärts. Zwischendurch gibt es manchmal ungesicherte Passagen, aber alles ist gut machbar. Bei manchen Pause-Stellen darf Carola halt einfach nicht nach unten schauen, und lieber geradeaus/seitwärts, aber sonst klappt es gut.
    Nach einer ganzen Weile enden die Metallseile, und man muss ungesichert weitermachen (es ist hier aber auch weniger gefährlich und exponiert, also ist das noch okay - wenn auch irgendwie ungewohnt). Wir versuchen halt, uns immer nah an der Wand zu halten, und möglichst mit 3-Punkte-Kontakt.
    Danach folgt eine kurze steinerne Ebene, über die man laufen kann, und das Ziel kommt in Sicht. Eine große Felswand, und ganz oben der Gipfel. Hui. Hier brennt die Sonne auch schon erbarmungslos und das helle Gestein blendet einen geradezu.
    Unser Klettersteigbuch, in dem wir diese Tour gefunden haben, beschreibt das, was jetzt folgt als „eine anregende Kletterei“. Pffffff!!
    Das sind sehr blumige Worte für „bloß nicht zu sehr runtergucken, bloß nicht abrutschen, sonst wird’s richtig übel“. Hier ist es schon sehr exponiert. Zum Glück haben wir ja schon viel Kletter-Erfahrung (wenn auch fast nur in der Halle), aber das hilft zumindest ein bisschen. Felix klettert weiterhin vor, hält dann aber kurz inne, stößt ein etwas ungläubiges Geräusch aus, und windet sich dann ungewöhnlich un-elegant über eine Felskante. Komisch, denkt sich Carola, die noch 5m unter ihm klettert.
    „Ääh…Wie viel soll ich dir erzählen, von dem was jetzt kommt?“
    „Keine Ahnung, was kommt denn da??“
    „Guck einfach auf keinen Fall nach rechts.“
    Tatsächlich geht es dort einfach 300m tief runter, ohne Sicherung.
    Die Metalltritte/Griffe sind zwar gut, aber ALTER SCHWEDE! Wer hat sich das denn ausgedacht?
    Zur Sicherheit lässt Felix sein Seil von oben herunter, was er extra für solche Fälle mitgebracht hat und sichert von dort aus. Das beruhigt die Nerven immerhin so weit, dass Carola auch an der Stelle vorbeikommt (auch wenn sie gar nicht glücklich über die Gesamtsituation ist 🥲). Zurück geht aber nunmal nicht.
    Nach kurzem Beruhigen und nochmal 5 Minuten klettern sind wir ENDLICH am Gipfel.
    Hier oben tummeln sich ein paar neugierige Alpendohlen und einige entspannt plaudernde Wander*innen - und sogar ein 10-jähriges Kind.
    Nach der obligatorischen Gipfel-Cola und einer längeren Pause geht es an den Abstieg. Erst einmal über ein riesiges Geröllfeld. Die Sonne brennt unendlich heiß und wir kommen leider ein bisschen vom Weg ab, sodass wir uns einen eigenen Weg über die steile Schotterpiste bahnen müssen.
    Nach einer Weile sind wir aber wieder „back on Track“. Es geht schließlich durch ein Kiefern-Dickicht (was leider auch keinen Schatten spendet, weil zu klein), und dann über einen unfassbar steilen, schuttbedeckten Abhang herunter, der ein Stahlseil als „Geländer“ hat, weil man sonst kaum Halt finden würde. Hier ist also die Familie hochgekommen, ganz schön krass.
    Wir schliddern abwärts, und nach laaangem wird es dann endlich etwas weniger steil, und der Weg wird wieder zu einem normalen Wanderweg. Juchu! Jetzt kommen uns auch mehr und mehr Leute entgegen, obwohl wir jetzt voll in der Mittagshitze sind. Manche von ihnen sind jetzt schon unfassbar rot und kaputt - irgendwie hoffen wir, dass sie schlau genug sind, umzudrehen, bevor es wirklich super-anstrengend wird.
    Nach insgesamt 7,5 Stunden sind wir wieder am Auto. Uff!!
    Felix fährt uns den Pass herunter, wir gehen noch schnell einkaufen und erreichen schließlich den Campingplatz, wo Carola erstmal sofort ein Schläfchen im Schatten machen muss.
    Was für ein Tag! ✨ Super aufregend, etwas gruselig, aber wir sind auch stolz und happy, dass wir das geschafft haben.
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