• Ein Tag mit Eigentlich

    5 mai 2024, RD Congo ⋅ ☀️ 35 °C

    Unserer gestriger Übernachtungsplatz ist heute Morgen genau noch so schön wie er gestern bei Sonnenuntergang. Eigentlich die besten Vorzeichen für einen guten Tag und eigentlich wollten wir heute Angola erreichen.
    Eigentlich.... Wir kennen das ja schon!
    Am Ortsausgang einer kleinen Stadt halten wir an, weil es Internet gibt. Juli arbeitet am PC und ich baue das provisorische Fenster aus Holz ein. Und da waren sie wieder, die 85%. Natürlich war es wieder zu groß, also heisst es erst richtig zuschneiden. Langsam kommen ein paar neugierige Kinder und Jugendliche. Ich schnappe mir den ältesten, mir zur Hand zu gehen, beim setzten von ein paar Nieten am Staufach für die Treppe. Als ich fast fertig bin, rollt ein neuer 3 Achser Mercedes Langschnauzer hinter uns an. Es sind die Nomaden 51 Mike und Sabine, die schon seit 10 Jahren unterwegs sind. Ihr Auto hat 22 Tonnen Kampfgewicht und 420PS. Das interessiert mich und wir verabreden uns an einem 60 km weiter im Overlander markierten Platz zum Frühstück. Offensichtlich sind die beiden gegenüber den Locals nicht gut zu sprechen, den die paar Kinder und Frauen die rum stehen machen sie nervös. Sie fahren schon mal vor, während ich das Werkzeug zusammen packe und wir kurze Zeit darauf auch los fahren. Noch keine 500m gefahren, stellt Julia fest, dass ihr Handy nicht mehr da ist. Den LKW auf den Kopf stellen, nützt diesmal auch nichts, das Handy ist unauffindbar. Julia versucht es über find my Phone zu orten, was bei Samsung nicht ganz so einfach ist. Die Verifizierung hierfür sollte über das eigene Handy stattfinden- das man ja sucht. Schlampinchen ist aber auch ein Fuchs, zumindest EDV Technisch. Mithilfe meines Handys und Google kann sie ihr vermisstes Teil keine 500 m weit entfernt orten. Da ich derweilen in den umliegenden Häusern nach den Kindern, die jetzt plötzlich nicht mehr da sind, bzw nach dem Handy frage, weiß die Umgebung dass etwas nicht stimmt. So haben wir schnell 25 Männer und Kinder an unseren Fersen. Wir gehen den Hang hoch und suchen bei zwei Häusern, doch jedesmal bewegt sich das Signal weiter. Oben am Berg sehen wir am gegenüber liegenden Hang 3 junge Burschen, die auch bei uns am LKW waren und denen ich Geld versprochen habe, wenn sie umherfragen und das Handy wieder bringe. Ich schreie laut "Stopp, Stopp" und die ganze Meute hinter uns beginnt laut zu brüllen, wie ein Art Kampfschrei und laufen den dicht bewachsenen Hang hinunter, den Burschen hinterher, die nun ebenfalls beginnen zu laufen. Eine wilde Jagd entwickelt sich. Ich versuche den Burschen querfeldein den Weg ab zu schneiden, aber durch das teilweise sumpfige Gebiet, das manshoch mit dichten Büschen und Gräsern bewachsen ist, ist es mit meinen afrikanischen Flip Flops ein eher aussichtsloses Unterfangen. Als ich wieder zur Meute stoße, hält der Älteste, mit roten Lackschuhen bekleidete ein Handy in der Hand. Da es aber keine Hülle mehr hat, kann ich nicht erkennen ob es das von Julia ist. Er erklärt mir er sei der Chief hier vom Ort und wir müssten jetzt Mama finden. Ach ja Julia war ja irgendwo am Berg oben geblieben? Oder hat sie sich wieder alleine auf die Suche gemacht? Leicht nervös beginne ich nach ihr zu rufen und die Meute mit: "Julia, Julia" tönt es mit afrikanischem Akzent aus mehreren Kehlen gleichzeitig. Wir finden sie oben am Berg. Sie identifiziert das Handy, das der Alte nicht aus der Hand gibt als das ihrige und so ziehen wir mit dem ganzen Tross den Hang hinunter Richtung JuSe. Dort übergibt er das Handy einem groß gewachsenen Zivilisten, der sich als Polizist ausgibt. Ich hatte bevor die Jagd begann einem Jungen 100 France gegeben, um mit einem Mopedtaxi die Polizei zu holen. Die beiden diskutieren ewig und es wird mir zu bunt. Da nur einer der Männer gebrochen Englisch spricht, ist es nicht so einfach, doch ich mache ihnen unmissverständlich klar, dass ich sofort das Handy wieder haben will und wir dann schnurstracks das Land in dem es Diebe gibt verlassen werden. Als er mir das Handy gibt, verlangt einer der Jungen die davon gelaufen sind Geld, wir hätten das Handy ja wieder! Jetzt schlägts 13! Ich mache eine Geste des Einsperrens und Aufhängen und bahne mir energisch mit dem Handy in der Hand einen Weg zur Fahrertür. Julia sitzt schon drin. Tür zu und verriegeln! Während sich der Luftdruck der JuSe noch aufbauen muss, schlägt einer der mitgelaufenen Männer mit der flachen Hand gegen meine Tür. Sie möchten Geld, weil sie uns geholfen haben. Ich drehe das Fenster hinunter und schau ihm mit einer eiskalten Miene, wie Jean Clotte vanDam bevor er einen mit bloßen Händen umbringt, und deute nur auf den Aufkleber unter mir an der Tür: Don't touch my car! Endlich hat der Luftdruck 8 bar und wir können unter lautem Gejohle der Leute wegfahren. Nur Schade, dass sich mir keiner in den Weg gestellt hat.
    Am vereinbarten Treffpunkt sehen wir nur noch die Spuren vom 3 Achser, also fahren wir ohne weiteren Stopp weiter um so schnell wie möglich aus dem Scheiß Land zu kommen. Was kann man auch von einem Land erwarten, dass sich den Russen und dem Sozialismus verschrieben hat!? EIGENTLICH nix!
    Also nix wie raus hier.
    Auf gut ausgebauten Straßen kommen wir so schnell nach Matadi. Und die Stadt hat einen eigenen Fotoprint verdient.
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