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  • Day 182

    Minenbesuch in Potosí

    March 27 in Bolivia ⋅ ⛅ 13 °C

    Wir haben länger diskutiert, ob wir eine Tour durch eine aktive Mine machen sollen. Nicht nur ist es nicht ganz ungefährlich und man sollte nicht klaustrophobisch veranlagt sein, auch hat es etwas Voyeuristisches, den Minenarbeitern bei ihrer Arbeit unter solch elenden Bedingungen zuzuschauen. Wir entscheiden uns für eine „kleine“ Tour, ohne Klettern und Kriechen in die tieferen Stollen.
    Die Guides sind zwei jüngere Mineure, die es geschafft haben: sie haben sich selber Englisch beigebracht und arbeiten jetzt als Tourguides.
    Nach dem Ankleiden mit Gummistiefeln und -Klamotten sowie Helm und Grubenlampe geht es erst mal auf den Mineursmarkt, dort kaufen die Minenarbeiter alles, was sie in der Mine brauchen. Es sind nämlich großteils selbstständige Arbeiter, die in Kooperativen organisiert sind. Die Kooperative sorgt für eine rudimentäre Kranken- und Rentenversicherung und organisiert den Vertrieb des Erzes. Im Laden gibt es Dynamit und Zünder, Cocablätter, 97% Alkohol, Zigaretten und sonstigen Grubenbedarf. Wir kaufen auch Getränke, Zigaretten und Cocablätter als Geschenke für die Grubenarbeiter.
    Dann geht’s in die Mine. Die Stollen sind komplett unbeleuchtet und gerade mal so breit, dass die Loren hindurch passen. Manchmal so niedrig, dass sogar Sibylle den Kopf einziehen muss. Immer wenn eine Lore vorbeikommt, müssen wir uns schnell in einer Nische an die Wand drücken. Jeweils zwei Mineure schieben oder ziehen eine Lore. Schutzkleidung gibt es keine, es wird in Gummistiefeln, Jeans und T-Shirt gearbeitet. Schichten gehen zwischen 8 und 20 Stunden. Unvorstellbare Bedingungen. Das Erz enthält großteils Zinn, Zink, Blei und Silber und geht direkt nach China. Bei den Mineuren bleiben nur ca. 20% des Erlöses. Der Rest geht für Transport und Zwischenhändler drauf. Moderne Sklaverei, damit wir schön billig Elektronik kaufen können.
    Wir statten noch dem Tío einen Besuch ab, dem Schutzheiligen der Grubenarbeiter. Er wacht in einem stillgelegten Stollen und dort werden von den Mineuren Cocoblätter und Alkohol geopfert, um den Berg gnädig zu stimmen. Wie uns der Guide erklärt, bestimmt unter Tage Pachamama, die Mutter Erde das Schicksal, über Tage dann Jesus und die katholische Kirche.
    Wir sind doch recht froh, als wir wieder das Tageslicht erblicken. Diese ganzen Eindrücke werden uns noch eine ganze Weile beschäftigen.
    Trotz all dieser Eindrücke beschließen wir den Tag in einer Bar mit einer kleinen Geburtstagsfeier für Sibylle.
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