• Der Fröhliche Friedhof von Săpânța

    April 24 in Romania ⋅ ☀️ 22 °C

    Im kleinen rumänischen Dorf Săpânța, direkt an der Grenze zur Ukraine, liegt ein einzigartiger Friedhof: der Cimitirul Vesel, zu Deutsch „Fröhlicher Friedhof“. Statt düsterer Grabsteine stehen hier farbenfrohe Holzkreuze mit naiven Bildern und gereimten Inschriften, sogenannten Epitaphen. Sie erzählen in humorvoller Weise kleine Geschichten aus dem Leben – oder dem Tod – der Verstorbenen.

    Die Tradition geht auf den aus Săpânța stammenden Künstler Stan Ioan Pătraș zurück. Er wurde 1908 in dem Dorf geboren und verbrachte sein ganzes Leben dort. In den 1930er-Jahren begann er, Grabkreuze aus Eichenholz zu schnitzen, sie mit kräftigen Farben zu bemalen und mit ironischen, oft auch sarkastischen Versen zu versehen. Was zunächst als persönliche Handschrift begann, entwickelte sich zu einer eigenständigen Bestattungsform – und wurde zu seinem Lebenswerk.

    Besonders ins Auge fällt das leuchtende „Săpânța-Blau“, ein kräftiger Blauton, der zum Markenzeichen des Friedhofs wurde. Die Kreuze zeigen häufig Berufe, Hobbys oder auch die Todesursache der Verstorbenen – alles mit einem Augenzwinkern.

    Seit dem Tod Pătraș' im Jahr 1977 führt sein Schüler Dumitru Pop Tincu die Tradition fort. Er gestaltet die Kreuze bis heute in Handarbeit, meist nach Gesprächen mit den Angehörigen. Dabei entstehen gereimte Inschriften und gemalte Szenen, die mal liebevoll, mal scharfzüngig, mal tieftraurig sind.

    Was den Cimitirul Vesel besonders macht, ist nicht nur seine Optik, sondern auch sein kultureller Hintergrund. Die Idee, dem Tod mit einem Lächeln zu begegnen, geht auf die antiken Daker zurück – ein Volk, das den Tod nicht als Ende, sondern als Übergang in ein besseres Leben betrachtete.

    Der Friedhof ist täglich von 08:00 bis 20:00 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet 10 Lei (etwa 2 Euro).

    Wir haben einige der Inschriften vor Ort übersetzt. Manche brachten uns zum Schmunzeln, andere stimmten eher nachdenklich. Drei Beispiele:

    „Unter diesem schweren Kreuz
    liegt meine arme Schwiegermutter.
    Hätte sie drei Tage länger gelebt,
    wäre ich hier, und sie würde lesen.
    Ihr, die ihr vorbeigeht,
    versucht, sie nicht zu wecken,
    denn wenn sie zurückkommt,
    beißt sie mir den Kopf ab.
    Aber ich werde so handeln,
    dass sie nicht zurückkehrt.
    Bleib hier, meine liebe Schwiegermutter.“

    „Ioan Toaderu liebte Pferde.
    Eine weitere Sache, die er sehr liebte:
    An einem Tisch in einer Bar zu sitzen,
    neben der Frau eines anderen.“

    „Als ich auf die Welt kam,
    habe ich euch Freude gemacht,
    doch das hielt nicht lange,
    ihr habt mich sehr schnell verloren.
    Solange ich auf Erden weilte,
    konnte ich nur so viel tun:
    zwei, drei Worte lernen.
    Liebe Eltern, merkt euch das:
    Ich habe gerufen: Mama, Papa,
    vergesst mich nie,
    denn ich habe eine schwere Krankheit bekommen,
    niemand hatte damit gerechnet,
    ein Heilmittel wurde nicht gefunden.“
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