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  • German import. Good quality.

    August 15, 2019 in Romania ⋅ ☁️ 14 °C

    Im Ernst, wenn ich das nächste Mal Rumänien bereise, dann lasse ich mir vorher ein T-Shirt machen mit genau dem Aufdruck. Steht hier gern mal an Second Hand Möbelläden, und natürlich an Gebrauchtwagen. Deutschland ist hoch im Kurs - wenn ich gefragt werde, wo ich herkomme, ernte ich meist freudiges Erstaunen.

    Und schon wieder waren ein paar leise Vorbehalte, die ich gar nicht haben will und dann doch habe, unbegründet. Die verstecken sich echt gut, irgendwo tief in der Magengrube, sind mit Wollen und Vernunft nicht zu vertreiben, erst es selbst anders zu erfahren scheint sie auszuräuchern.

    Der einzige Straßenköter, der bislang entschlossen (und flott!) Jagd nach meinem Hinterreifen gemacht hat, war ein schmutzig-weißlockiger Zwergpudelverschnitt, der easy in ein Gucci-Handtäschchen gepasst hätte. Und ich war echt froh, am Ende doch schneller zu sein als er, nach dem Winzling hätte ich ja nix werfen mögen...

    An ein paar Roma-Siedlungen bin ich vorbeigekommen. Ziemlich verlassen tagsüber, gerade sind alle in den Wäldern und sammeln Steinpilze für Deutschland. Wellblechhütten, Bretterverschläge, alte Wohnwagen. Manchmal ganz schreckliche sozialer-Wohnungsbau Betonbunker, da würde ich auch lieber in ner Bretterbude hausen. Die Kinder winken mir und probieren ihr Englisch aus. Hello, how are you, good bye. Angebettelt worden bin ich nie, nur angelacht.

    Der Pilz-Exporteur echauffiert sich, wenn die Sammler versuchen, ein paar der Pilze für etwas mehr Geld als er zahlt am Straßenrand zu verkaufen, über „diese Zigeuner, so sind sie halt“. Er haust nicht in einer Wellblechhütte.

    Von den Pilzsammlern erfahren habe ich bei Robert, der mitten in Rumänien den Biker-Treff ˋZur Deutschen Eiche‘ führt. Seine Werbung am Strassenrand hat mich vor Lachen fast vom Rad kippen lassen, und seitdem überlege ich, was für ein Baum ich bin. Deutsch, das merke ich immer mehr, “im Guten wie im Schlechten“. Aber welche Sorte Baum...?

    Robert‘s rumänische Frau ist inzwischen seine Ex, trotzdem kann er sich zurück nach Deutschland nicht vorstellen. In Gedenken an seine fränkische Mutter backt er jeden Tag einen phänomenalen Käsekuchen nach ihrem Rezept. Die Gäste freuen sich.

    Direkt weitervermittelt hat er mich an Tomaten-Siggie, der auch ausgewandert ist. Er züchtet Samen von Paprika- und Tomatensorten, die so schöne Namen tragen wie Anna Russian und Banana Legs, und exportiert das Saatgut ins Land von Bayer-Monsanto. Vermutlich semi-legal, und man darf die Samen in Deutschland nicht einpflanzen, nur angucken... Bin gespannt ihn kennenzulernen.

    Und einen persönlichen Telefonjoker habe ich hier in Rumänien, was Wandertouren betrifft: Ciprian, kennengelernt auf halben Weg zu einem Bergsee vor drei Tagen. Seine Frau hatte er im Kloster im Tal geparkt, weil sie nicht so für Höhenmeter ist. Ciprian hoffte, dass die Messe möglichst lange dauert, damit er‘s bis zum See schafft, bevor sie anruft (hat nicht ganz hingehauen). Er kennt offenbar jeden Berg in seinem Land, und will per Whatsapp Support dafür sorgen, dass ich an den schönsten Ecken nicht acht- weil ahnungslos vorbeiradle. Heute hat er‘s schonmal geschafft mit dem Ceahlâu-Massiv, multumesc, Ciprian!

    Überhaupt unglaublich freundliche, offene Menschen bislang. Werde viel angequatscht. Englisch, so gut es geht, italienisch sprechen ganz viele. Leider stammen meine paar Brocken Italienisch noch aus der Zeit, als ich als Schülerin im Eiscafe im Dorf ausgeholfen habe, und Cappuccino in Deutschland noch Kaffee mit dick Schlagsahne obendrauf war...

    Angst, mein beladenes Rad vorm Magazin abzustellen, hab ich in Rumänien jedenfalls keine mehr.

    Ansonsten:

    Ist hier am See - wo ich wohl auch morgen noch bleibe - gerade ein Musikfestival, ob ich will oder nicht lerne ich viel über rumänischen Punkrock...

    Liebe ich das Lächeln der verwitterten alten Menschen hier, bei dem Zahngold und Augen um die Wette funkeln. Wir sollten in Deutschland auch wieder Bänke vor die Häuser stellen!

    Beeindrucken mich die Heuhaufen. Und die Schnitzkunst. Die schnitzen sich hier echt nen Wolf...

    Hat mein scheißteures Icebreaker-Bio-Merino-Treckingunterhöschen trotz sorgfältiger Pflege nicht mal bis Odessa gehalten. Schwache Leistung, Icebreaker. Jetzt besitze ich einen 4 Lei Qualitäts-Schlüpper vom rumänischen Wochenmarkt, in dem Ihr mich vermutlich noch werdet beerdigen können.
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