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  • Day 142

    Valle de Cocora

    January 31, 2019 in Colombia ⋅ 🌧 18 °C

    Wer denkt, dass wir hier im Sabbatjahr immer ausschlafen, liegt falsch. An den allermeisten Orten wachen wir zwischen 6 und 7 Uhr auf. Man lebt einfach mit der Sonne. 21 Uhr ist das neue Mitternacht, dafür ist man morgens um 6 dann schon richtig fit, wenn der Nachbarshahn einen wachkräht und es schon richtig schön warm, hell und sonnig ist.

    Auch hier in Salento, einem kleinen bunten Dörfchen in den Anden, werden wir morgens um 6 vom Kikerikiiiiiii des stolzen Nachbargockels geweckt.
    Nach einem leckeren Frühstück, das uns die Besitzer des Hostels in liebevoller Mama- und Papa-Manier servieren, machen wir uns auf den Weg nach Cocora.

    Von der erdig-steinigen Wüste Tatacoa führt uns unser Weg nun also in das feucht-grüne Tal Cocora.

    Von Salento aus bringt uns ein Jeep in das „Valle de Cocora“, von wo aus wir einen Rundwanderweg durch dieses wunderschöne Tal gehen.
    Ich kann gar nicht genug einsaugen von dieser frischen saftig grasigen Luft, die mich so sehr an den Frühling auf dem Land erinnert. Was ein heimatlicher Geruch!
    Es riecht nach Erde, nach Grün, nach frisch gemähtem Rasen, nach Moos, nach nasser Rinde. Ich höre nichts als das Rauschen des Baches und das Schmatzen der Kühe. Wären da nicht die Palmen, könnte es das Allgäu sein.
    Da kriege ich gerade ein bisschen Heimweh.

    Von einem auf den anderen Schritt befinden wir uns in einem dichten Dschungel und es ist plötzlich gar nicht mehr allgäuerisch.

    Der Weg ist unfassbar schön. Wir laufen auf einem kleinen Pfad, über Stock und Stein, über Bäche und wackelige Hängebrücken. Auf und ab. Auf und ab. Es ist schweißtreibend. Aber ich genieße jeden Schritt. Wandern erdet mich. Nach einem super steilen Aufstieg landen wir bei einem kleinen Häuschen, wo wir heiße Schokolade mit Käse bekommen. Klingt komisch, schmeckt aber verrückterweise echt lecker. Und das Beste: Kolibris. Überall Kolibris. Winzig klein und abartig schnell. Sie schimmern in den buntesten Farben. Bei manchen ist der Schwanz länger als der komplette Vogel. Unglaublich lustig sieht es aus, wenn sie ihre spitze lange Zunge aus ihrem spitzen langen Schnabel rausschießen und so versuchen, Nektar aus den Blüten zu lutschen oder kleine Insekten zu catchen.

    Ich kriege natürlich wieder gar nicht genug vom Beobachten und sehe nur widerwillig ein, dass wir weiter sollten. Eine Stunde lang geht es nun steil bergauf. Der feuchte Dschungel wird immer lichter, bis wir schließlich am höchsten Punkt angelangen, von wo aus man einen imposanten Blick auf das Tal hat. Haben sollte. In unserem Fall blicken wir auf wolkenverhangene Hügel. Eine richtig mystische Stimmung.

    Und dann zieht es auf. Die Wolken kämpfen noch eine kurze Weile mit der Sonne und treten dann aber glücklicherweise den Rückzug an.

    Unter strahlend blauem Himmel eröffnet sich uns eine Szenerie, wie wir sie noch nie gesehen haben.

    Stufenartige Hügel, die an Reisterrassen erinnern.
    Grün in allen Nuancen.
    Es leuchtet förmlich.

    Und inmitten dieser Grünpalette stehen sie - die höchsten Palmen der Welt. Spindeldürr und kerzengerade. Diese Nationalbäume Kolumbiens wachsen bei einem Durchmesser von 10-40 cm bis zu 60 Meter hoch und können mehrere hundert Jahre alt werden.
    Diese sogenannten Wachspalmen haben eine solch wichtige Bedeutung für die Kolumbianer, dass sie sogar auf dem 100.000 Peso Schein abgebildet sind.

    Ich bin jetzt schon ganz begeistert, wie vielseitig dieses Land ist.

    Von einem Aussichtspunkt aus schauen wir uns den Sonnenuntergang über Salento an und freuen uns des Lebens.

    Salento ist wirklich ein süßes „pueblito“, wie die Kolumbianer ihre Dörfchen nennen. Unglaublich aber wahr: ich dachte nicht, dass es jemanden gibt, der beim Reden noch mehr verniedlicht als meine liebe oberschwäbische Mama.
    Aber die Kolumbianer tun es.
    Alles wird verniedlicht. Aus Mama wird Mamacita, aus Peso wird Pesito, aus Jaqueta wird Jaquetita, aus Queso wird Quesito, aus Cerveza wird cervezita.

    Ich liebe diese Sprache immer mehr!

    An einem Strassenstand kaufen wir uns zum Abendessen Arepa de Chocolo (gegrillter Maisfladen mit Käse drauf) und einen tinto (schwarzer kleiner Kaffee) bei zwei lustigen Herren mit Hut, die sich übermäßig darüber freuen, dass wir sie auf spanisch anquatschen.

    Die Kolumbianer haben es jetzt schon geschafft, mit ihrer Warmherzigkeit mein Herz zu erobern. Ich freue mich auf die vielen Begegnungen und Gespräche, die ich mit ihnen noch haben werde.

    Und morgen geht das Abenteuer in diesem zauberhaften Land auch schon weiter: wir fahren nach Medellin.
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