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- Day 164
- Friday, February 22, 2019 at 12:01 AM
- ⛅ 19 °C
- Altitude: 2,102 m
ColombiaCiénaga10°54’45” N 73°58’53” W
Minca - am Fuße der Sierra Nevada
February 22, 2019 in Colombia ⋅ ⛅ 19 °C
„Si no hay salsa, no es una fiesta!” verkündet der Barbier mit einem verschmitzten Grinsen. Er heißt William und kommt aus Venezuela. Wie viele andere, die ich hier in Kolumbien getroffen habe, ist er der schlimmen Situation in seinem Land entflohen.
Trotz diesen Schicksals zeigt er keinerlei Schwermut, im Gegenteil. Lachend erzählt er mir von seiner Liebe zum Tanz und auf meine Frage hin, ob er auch tanzt (jaaaaa, ich frage alle in diesem Land ;)) meint er, dass es für ihn keine Party, keine Geburtstagsfeier ohne Salsa gibt. Wir unterhalten uns prächtig. Auf spanisch wohlgemerkt. Ach ja. Und nebenher schneidet er mir noch meine Haare.
Es ist so schön. In Ländern, in denen es eigentlich nie kalt wird, findet ein ganz großer Teil des Lebens draußen statt. So steht auch mein Frisierstuhl im Freien, gleich neben der Hauptstraße des Örtchens Minca, in dem wir uns gerade befinden.
Es ist irgendwie wohltuend, mal wieder etwas ganz normales, etwas alltägliches zu tun. Seit über 5 Monaten sind wir nun ständig auf Sightseeing-, Abenteuer- und Highlighttour. Da tut es wirklich gut, sich einfach mal die Haare schneiden zu lassen. Inklusive waschen (mit dem Gartenschlauch wohlgemerkt). Als Felix sieht, wie professionell mein William das macht, will er auch. Seit Monaten rasiert er sich eher schlecht als recht mit dem Ladyshaver seiner Mutter und seine Streunerfrisur gerät auch langsam außer Rand und Band. Da bricht er tatsächlich seine Regel, sich die Haare nur von unserer lieben Jojo schneiden zu lassen und lässt William ran.
Seine Sorge, William würde ihm die typische Chicolo-Undercut Frisur verpassen (die auf ungefähr allen Plakaten des Frisörladens abgebildet ist) stellt sich als völlig unberechtigt heraus. Mit zurecht gestutztem Bart und gezähmten Locken läuft Felix wie ein richtig gepflegter Mann aus Williams „barbería“ heraus.
Frisch frisiert schlendern wir durch die Straßen und gönnen uns ein paar leckere Empanadas (frittierte Teigtaschen) mit Käse-Mais- und Shrimpsfüllung. Ich liebe dieses allabendliche Happening hier in Kolumbien: man trifft sich auf der Calle (Straße) und snackt ein paar frisch frittierte Empanadas mit den leckersten Dips (von Mangochutney über scharfe Chilisossen bis zu Koriander-Tomatendips). Oft wird dazu ein tinto (kleiner Kaffe) getrunken, der ebenfalls aus einem mobilen Strassenkarren (oft ein umgebauter Kinderwagen) verkauft wird. Man kann sich bestimmt gut vorstellen, wie gesellig es auf den Straßen zugeht. Besonders wenn man sich dazu noch die Salsamusik vorstellt, die aus jeder noch so kleinen Spalunke herausträllert.
So auch hier in Minca, einem schnuckeligen Örtchen mitten im Dschungel am Fuße der Sierra Nevada. Ein mystischer Ort, den die Eingeborenen „Das Herz der Welt“ nennen. Die Umgebung ist traumhaft: versteckte Wasserfälle, Kaffee- und Kakao-Plantagen, Flüsse, Bambuswälder, eine Million unterschiedliche Vögel, frische Bergluft und Ruhe. Ganz viel Ruhe.
Wir wohnen im Casa Loma, welches sich 10 schweißtreibende Laufminuten oberhalb des Dorfes befindet. Es war das erste Hostel in Minca, die Cabanas und Casas sind wild verstreut in den Dschungel gebaut und wirken wie ein einziges gigantisches Baumhaus.
Von hier aus hat man einen grossartigen Blick in die umliegenden Berge und auf die Küstenstadt Santa Marta.
Mit diesem sagenhaften Ausblick
und den tropischen Geräuschen des Dschungels praktizieren wir hier unter Avocadobäumen Yoga bei einer unglaublich lieben Yogalehrerin mit unglaublich positiver Ausstrahlung. Dass dabei auch noch Kolibris um uns herum schwirren ist fast schon kitschig.
Neben der Ruhe und der Aussicht genießen wir hier vor allem eines: das Essen! Ein Paradies für mich, da im Casa Loma nur vegetarisch gekocht wird. Und das Allerbeste: es gibt Brot. So richtig echtes Brot. Mit Körner und Kruste. Dicke fette Scheiben, die richtig was wiegen und lange satt machen. Himmlisch!
Immer wieder lustig zu erleben, wie glücklich es einen macht, gewohnte und liebgewonnene Dinge aus der Heimat nach monatelangem Entzug mal wieder zwischen die Kiefer zu bekommen.
Nur eines konnte uns bisher noch keiner bieten: Sauren Käs. Da müssen wir uns wohl noch gedulden, bis wir wieder bei Papa eingeladen sind.
In und um Minca lässt es sich wunderbar wandern. Ich habe jedoch immer noch einen Ausschlag am Fuß, der sich ENDLICH auflöst. Seit Monaten behandele ich ihn mit den verschiedensten Cremes und erst seit der fähige Hautarzt in Medellin den Ausschlag ausgiebigst untersucht und mir die passende Cremes verschrieben hat, geht was voran. Ach.... Medellín :)
Lirum Larum. Jedenfalls wächst mir gerade an beiden Fusssohlen eine neue Haut, die sensibel wie ein Babypopo ist und damit lässt es sich schlecht wandern.
Deshalb lassen wir uns von Luis und Darwin per Motorrad auf den Cerro Kennedy fahren. Um 3.30 Uhr in der Nacht holen sie uns ab und los gehts über Stock und Stein, durch dichten Dschungel und abgelegene Dörfer. Immer tiefer hinein in das Gebiet der Sierra Nevada. Jedes Mal, wenn es mich hinten auf dem Motorrad hochkatapultiert, lacht sich mein Fahrer Luis ins Helmchen. Der Pfad ist eigentlich eher zum wandern gedacht. Es wird auch zusehends schwieriger mit dem Motorrad über die unzähligen Wurzeln, Steine und Löcher zu fahren. Felix‘ Fahrer ist noch jung, ihm rutscht nicht nur einmal das Hinterrad weg. Wie reagiert mein Luis darauf? Natürlich mit Lachen. Egal ob Angst oder Sorge - ich habe den Eindruck, dass die Kolumbianer solche Gefühle einfach weglachen.
Einige Abschnitte müssen Felix und ich zu Fuß gehen, weil sie zu steil für zwei Menschen auf dem Motorrad sind.
Schließlich kommen wir genau richtig zum Sonnenaufgang auf dem Gipfel an, wo Felix seinen Fahrer (und sich) lobt: „Muy bien. Estuvo fácil!” (Sehr gut! Das war einfach!). Darwin, vermutlich schon Krämpfe in den Armen vom vielen Abfedern, antwortet lachend „Para ti estaba fácil amigo!” (Für dich wars vielleicht einfach Kumpel). Typisch Felix ;)
Es ist bibberkalt, wir befinden uns auf knapp 3000 Meter. In der Ferne sieht man schemenhaft die schneebedeckten Gipfel der Sierra Nevada. Den traumhaften Aufgang der Sonne teilen wir uns mit ein paar Soldaten, die dort stationiert sind. Da stehen sie in Ihren Camouflage-Kleidern, Mützen, Stiefeln und Gewehren und schauen ernst in die Weite.
Eigentlich heißt es ja immer, man darf von Staatsgebäuden keine Fotos machen und schon gleich gar nicht vom Militär. Keine zehn Minuten später habe ich mich jedoch mit einem äußerst jung aussehenden Soldaten und seinem Babyhund angefreundet und wir fotografieren uns gegenseitig. Was so ein kleines Lächeln und ein kurzer freundlicher Blick in die Augen doch bewirken kann...
Unser letztes Erlebnis, bevor es wieder aus den Bergen in die Stadt geht, ist der Besuch einer abgelegenen Kakao- und Kaffeefarm. In der „La Candelaria“ lernen wir die verschiedenen Stationen von der Kakaofrucht bis zur heißen Schokolade.
Wir lutschen die Samen der Frucht, die wie Lytschee schmecken. Diese werden fermentiert, geröstet und geknackt. Erst dann riecht es wie das, was wir als Kakao kennen.
Das wird dann gemahlen und fertig ist die Kakaobutter. Diese in heißem Wasser aufgelöst mit ein bisschen Milch und Zucker ergibt eine herrlich schmeckende heiße Schoki.
Wir machen unserem Land alle Ehre (Deutschland hat den höchsten Schokoladenverzehr weltweit) und futtern gleich noch hausgemachten Schokokuchen und Schokoriegel. Den angebotenen chocolate-tea kann ich dann natürlich auch nicht ausschlagen.
Schnitt. Eine Stunde später. Wir sitzen mit Schokoladenmasken auf unseren Gesichtern im Bus nach Cartagena und uns ist sauschlecht.
Kakaokoma in Kolumbien ;)Read more











Traveler
Traumhaft schön 😙 genießt es !!!!!