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  • Day 226

    Isla Ometepe 1

    April 25, 2019 in Nicaragua ⋅ ⛅ 26 °C

    Eine Stunde Motorradfahrt von Playa Gigante entfernt liegt der Lago de Nicaragua. Größter See Zentralamerikas.
    Felix und ich befinden uns auf dem Weg zu unserem gemeinsamen Kurzurlaub auf der Isla Ometepe, einer Insel auf dem Nicaraguasee, die hauptsächlich aus zwei Vulkanen besteht. Schon bei der Fährüberfahrt hat man einen gigantischen Blick auf diese zwei mächtigen Kegel, die von grünem Dickicht umringt werden.
    Auf unserem gemieteten Motorrad tuckern wir über die Insel. Naja genauer gesagt heizt mein Kamikazefahrer Felix stets einen Ticken zu schnell über die Bumper, sodass es mich hinten drauf in die Höhe katapultiert.
    Wir wohnen in der mitten im Dschungel gelegenen Finka Selvista. Outdoordusche. Outdoorklo. Outdoorküche. Das Moskitonetz rund um unser Bett schützt uns vor all den kleinen und großen Insekten, Spinnen und sonstigen Monstern, mit denen wir die Nacht verbringen. Was für ein himmlischer Engelsschlaf, mit all diesen beruhigenden Geräuschen des Dschungels.

    Mit unserem Motorrad erkunden wir am nächsten Tag die Insel. Ich bin unglaublich dankbar, dass Felix so ein guter Offroad-Fahrer ist, denn die Wege bestehen hauptsächlich aus Kiesel, Steinen und Löchern und jedes Mal, wenn Gegenverkehr kommt, werden wir komplett in Staub eingehüllt. Es ist nicht zu übersehen, dass sich die Region am Ende der Trockenzeit befindet.

    Immer wieder eröffnen sich uns grandiose Ausblicke auf die zwei Vulkane Maderas und Concepción, die diese Insel mit ihrer puren Schönheit krönen. Wir passieren kleine bunte Dörfchen, wunderschöne Blumenbögen zieren den Weg. Vermutlich Überbleibsel der Osterprozession letzter Woche.
    Und was mein Herz mal wieder dahinschmelzen lässt sind die Menschen. Überall sitzen oder stehen sie vor ihren Hütten, winken und rufen uns grinsend: Hola! zu. Ich muss an Astrid Lindgren denken: „Und dann muss man ja auch noch Zeit haben, einfach da zu sitzen und vor sich hin zu schauen.“
    Das werde ich auf jeden Fall vermissen. Dass die Menschen die Zeit haben (oder sich nehmen?), einfach da zu sitzen und zu schauen, zu quatschen und zu grüßen. Tranquilo eben!

    Mit Matt, Felix‘ Surfmate aus Popoyo, leihen wir uns Kayaks aus und paddeln auf dem See entlang, die beiden Vulkane ständig um uns herum. Dann biegen wir in einen Fluss ein, an dessen Ufern es nur so von abgefahrenen Vögeln wimmelt. Ein äußerst großes Exemplar fängt gerade als wir vorbeifahren einen dicken fetten Aal und scheitert kläglich am Versuch, diesen dicken Muskelschlauch runterzuwürgen.
    Auf den Wasserpflanzen entdecke ich eine Schildkröte und einen Baby-Kaiman direkt neben unserem Kayak.
    Ich bin noch ganz aufgeregt im Kopf, als wir auf dem Heimweg vom Fluss in den See biegen und plötzlich auf eine spiegelglatte zartrosa Oberfläche gleiten. Die Sonne geht gerade neben dem Vulkan Concepción unter und taucht das Wasser in Aquarellfarben, die eine, wie soll ich es beschreiben... ja irgendwie versöhnliche, friedvolle Stimmung verbreiten.

    So lehnen wir uns in unseren Kayaks zurück, lauschen dem milden Plätschern des Sees und beobachten, wie die Sonne hinter dem Concepción verschwindet. Ganz schön riesig sieht er aus, dieser Kegel.

    Schnitt. Neun Stunden später tapsen Matt, Felix und ich in aller Dunkelheit unserem Guide Junior hinterher, der uns heute den Weg auf den Gipfel dieses 1.600 m hohen Vulkans zeigt. „Mit dir macht man was mit!“ hat Felix noch geschimpft, als um viertel vor Drei in der Nacht der Wecker geklingelt hat. Ich will unbedingt zum Sonnenaufgang rauf.
    Traumhaft romantisch habe ich mir das ausgemalt. Die Sonne geht hinter dem Nachbar-Vulkan Maderas auf, spiegelt sich im ruhigen Wasser des Sees und taucht die gesamte Insel nach und nach in zartes Licht.
    Diese rosarote Brille wird mir jedoch ziemlich schnell weggerissen. Wir kämpfen uns in den dichtesten Wolken den unglaublich steilen Geröllweg nach oben, frieren und sehen an den Aussichtspunkten zuerst nichts als schwarz, weil wir viel zu früh dran sind und dann grau, weil wir in einer fetten Wolke stecken. Aber da wir ja geübte Optimisten sind, sehen wir es positiv und freuen uns darüber, dass wir gar nicht sehen, welch steiler Aufstieg uns bevorsteht, da wir lediglich ein paar Meter weit sehen können.

    Der Weg ist wirklich anspruchsvoller als der Aufstieg beim Kilimandscharo. Geröll, lose trockene Erde, engste Pfade und riesige Felsen, die es zu überklettern gilt. Das letzte Stück ist dann sogar noch mal einen Ticken steiler und besteht nur noch aus bröckeligem Vulkangestein.
    Nicht nur einmal kommt ein größerer Stein ins Rollen und schießt mit angsteinflößender Geschwindigkeit den Hang hinunter. Unser Guide warnt mit „PIEDRA! PIEDRA!“ eventuelle nachkommende Bergsteiger. In Deutschland wäre so ein ungesicherter Aufstieg wohl nie erlaubt.
    Und dann haben wir es geschafft. Schweißgebadet und frierend stehen wir am Kraterrand und sehen gar nix. Glücklicherweise gibt es hier kleine Löcher, wo warmer schweflig riechender Dampf rauskommt. Da setze ich mich direkt drauf und versuche mich an meiner ganz privaten Mini-Sauna aufzuwärmen.

    „Ok i give up. Let’s go down!” Bei einer der extrem starken und kalten Windböen will Felix echt aufgeben. Junior und ich überreden ihn, noch ein bisschen zu warten und beten die Sonne an, dass sie sich doch bitte herauskämpfen soll. Ich will unbedingt die Aussicht sehen!
    Felix muss sich von seinen Erfrierungserscheinungen ablenken und lässt „I wanna know what love is!” auf seinem Handy laufen. Und plötzlich ist es glasklar: Die Sonne steht auf Sebis 80er Playlist, denn sie kämpft sich tapfer durch die Wolken, der Wind pustet diese in rasanter Geschwindigkeit von dannen und uns wird fast schwindlig von der Aussicht, die sich uns nun bietet: wir sitzen tatsächlich DIREKT auf dem Kraterrand! Hinter uns ein riesiges Loch und vor uns eine atemberaubende Sicht auf den Nachbar-Vulkan, den See und sogar das Festland. Um die Sonne bei Laune zu halten, hauen wir noch “Radio Gaga” rein, bevor wir dann wieder absteigen. Uiiiii. Auf steilem Geröllgelände bergab ist ja eine ganz schön wackelige Angelegenheit! Ein ganzes Stück können wir im Mordstempo auf unseren Schuhen runtersliden.
    Mit einem halben Kilo Steinen in den Schuhen und panierter Vorderseite kommen wir fix und fertig unten an. Ok leider gilt das tatsächlich wieder hauptsächlich für Felix. Am Ende des Abstieges jammert er so herum, dass nicht nur ich, sondern auch unser Guide ihn fragen, ob wir ihn tragen sollen. (Felix: „The way is sketchy!“ Matt: „No, sketchy means, you think you probably gonna die on the way!” Felix: “Yeah, it’s sketchy!”)

    Wie kann dieser Mann nur täglich 8 Stunden die krassesten Wellen surfen und sonst so eine Memme sein?

    Mit letzten Kräften schafft es mein Jammerlappen dann noch zum „Ojo de Agua“, einem wunderschönen Naturpool mitten im Dschungel, wo wir bei wohlverdienten Coco Locos das süße Gefühl des Erfolgs genießen und dem Kribbeln in den Beinen nachspüren.

    Isla Ometepe - ein magischer Ort!
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