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  • Day 285

    Schulferien 1

    June 23, 2019 in Indonesia ⋅ ☁️ 25 °C

    Zufälligerweise sind während meiner Zeit hier auf Nias Schulferien. Am Tag meiner Anreise war der letzte Schultag und die Kinder brachten stolz ihre Zeugnisse heim. Alle haben das Schuljahr bestanden, manche erhielten sogar Preise für ihre außerordentlich gute Leistung.

    Was für ein guter Start in die Ferien.
    Der normale Tagesablauf mit Schule, Mittagessen, Lernen, Gartenarbeit ist für die nächsten drei Wochen außer Kraft gesetzt.

    Am Tag nach meiner Anreise packen wir alle 9 Villa-Kinder plus die vier Kids von Juli und Joli in den Jeep und auf die zwei Roller. Mit Surfbrettern, Schwimmflügeln, Bällen und Keksen bestückt düsen wir an den nahegelegenen Lagundri-Beach.
    Der sonst menschenleere Strand wird sonntags von Einheimischen belagert, die ein Schlachtfeld aus Plastikverpackungen hinterlassen.
    Es ist mittlerweile schon zur Routine geworden, dass unsere Villa-Kinder am Ende ihres Strandtages einen Beach-Clean-Up machen.

    Mit Hose und Tshirt bekleidet stehe ich im Meer, Aldin und Angela ziehen an meinen Fingern und ich schaue mich um: ich beobachte Felix, wie er mit voller Leidenschaft die Jungs in die Wellen schubst. Ich beobachte Joli, wie er mit den Kleinen am Strand kickt. Ich beobachte Tina, wie sie auf dem Bodyboard balanciert. Ich beobachte Juli, wie sie das ganze Geschehen beobachtet.
    In mir stellt sich ein richtig zufriedenes Gefühl ein. Alle haben Spaß. So viel geballtes Kinderlachen habe ich schon lange nicht mehr miterlebt. Es macht mich glücklich und stolz zu sehen, wie gut es den Kids geht und welch starke Persönlichkeiten sie haben.

    Zurück in der Villa steht dann erst mal „Mandi“ an - duschen.
    Ach ja. Da war was. Kellendusche. Und Kellenklospülung. Fast schon wieder vergessen. Aber auch das Duschen aus dem Eimer fühlt sich vertraut an und gehört einfach dazu. Außerdem ist das Volunteer-/ Gästezimmer, in dem Felix und ich schlafen, durch Michis und Nonos Renovierung extrem gemütlich geworden.

    „Tini! Felix! It’s time to eat!” ruft Deli. Felix warnt mich: ‚Wenn sie das sagen, müssen wir ganz schnell runter!‘ Und tatsächlich - die ganze Mannschaft ist schon um den großen Holztisch in der Küche versammelt und wartet nur auf uns. Kaum sitzen wir da, gehts auch schon los. Aber nicht mit Essen, sondern mit Beten. Als ordentliche Katholiken beten die Villa-Bewohner vor und nach dem Essen. Eine schöne Routine, um nochmal innezuhalten, bevor das große Futtern losgeht. Und wenn man die riesigen Portionen Reis betrachtet, die die Kids sich einverleiben, scheint der Begriff „Futtern“ mehr als angemessen. Der Reis wird mit den Händen in den Mund geschaufelt, es wird geschmatzt und gerülpst. Ich finds lustig und kann das Schmatzen nachvollziehen, denn Julis Essen schmeckt köstlich!
    Felix, der schon seit vier Wochen hier ist, meint dazu nur: „Am Anfang fand ich echt alles toll, aber so langsam nervts. Wie die alle schmatzen zum Beispiel, das macht mich fertig. 3 Wochen fand ichs irgendwie süß, jetzt find ich’s fast schon widerlich.“
    Tja. Andere Kulturen. Andere Sitten.
    Die Niasser findens dafür abartig, dass wir uns in aller Öffentlichkeit umarmen. So was Ungezogenes :)

    Eine Sitte, die ich hier wunderschön finde ist, dass man sich nach dem Händeschütteln die Hand aufs Herz legt.

    Und die nächste tolle Sitte ist - wie konnte ich es vergessen - nach dem Essen auf dem Hof auf roten Plastikstühlen sitzen, Arak aus Plastikbechern trinken und Nelkenzigaretten rauchen.
    So hatten wir doch immer die ergiebigsten und ehrlichsten Vereinsbesprechungen ;)

    Meine ersten Tage hier in der Villa beobachte ich erstmal viel.
    Ich bestaune die von Michi, Nono und den Kids neu bemalten Häuser, begrüße die Schweine (Fun-Fact: die einzige weiße Sau heißt: Buleh = Tourist), die Ziegen, Hühner und Katzen, streife durch den Gemüsegarten und ende schliesslich unten an unseren Reisfeldern. Das war schon immer einer meiner Lieblingsplätze bei der Villa. Das saftige Grün, das sanfte Rascheln der Halme im Wind, das leise Plätschern des Baches, die bunten Stofffetzen, die die Vögel vertreiben sollen. Dieser Platz strahlt eine versöhnliche Ruhe aus. Und macht gleichzeitig so viel Arbeit.
    Wenn man die vielen Schritte vom Säen, Setzen, Unkraut zupfen, Vögel verjagen, Ernten, Klopfen, Trocknen, Öffnen mitbekommt, schätzt man jedes einzelne Reiskorn, das man vor sich auf dem Teller liegen hat, um einiges mehr!

    Ich merke, wie ich immer mehr auf Nias ankomme und freue mich richtig darauf, in die mir so vertraute und doch fremde Kultur einzutauchen.
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