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  • Day 38

    Finisterre...... Das Ende der Welt......

    June 27, 2018 in Spain ⋅ ⛅ 17 °C

    Es ist geschehen..... Ich hab das Ende der Welt gesehen. Nach 38 Tagen bin ich nun am Ziel des Abenteuers...... es war ein schöner letzter Wandertag mit Marco, nochmals knappe 30km geschafft. Nochmal eine Nacht in der Albergue, bevor es wieder in die "Normalität" geht.....

    Nun bleibt die Frage Warum..... warum hab ich das gemacht?

    Sechs Wochen weg von zuhause, 900km oder sogar mehr zu Fuß mit mehr als 15 kg Gepäck auf den Schultern....... durch Regen, Sturm, Hitze und Trockenheit..... Schmerzende Füße und Beine, schmerzender Rücken und eine fiese Erkältung.... geschlafen im Zelt oder in Massenunterkünften mit schnarchenden, lauten, zeitweise unangenehm riechenden Mitpilgern... sechs Wochen die gleichen Klamotten, sechs Wochen Pilgermenüs.... Blasen an den Füssen, Schwielen an den Händen, Schrammen und auch Narben von Stürzen oder Schnittwunden, Sonnenbrand. Dazu immer wieder der Kampf mit der Motivation und dem Durchhalten.....

    Das alles nur für ein Stück Papier, die Compostela?

    Klingt nicht gerade nach einem Traumurlaub. Trotzdem hab ich es genossen, es gab wunderbare Momente mit wunderbaren Menschen. Es gab Einsamkeit und Geselligkeit.... es gab Freude, Traurigkeit, Mitgefühl, Intresse, Verständnis und gemeinsames Leiden bei Hitze und anstrengenden Etappen, bei Regen und Kälte. Das gemeinsame Erwachen und der erste Kaffee am Morgen, das sich sehr leise und ruhig aus dem Staub machen, damit andere Pilger weiterschlafen konnten. Frühstück irgendwo nach Kilometer 12, das gemeinsame Abendessen und das Freuen auf die Dusche nach 30km Weg. Die Suche nach einer Waschmaschine um seine Klamotten endlich mal richtig zu reinigen.

    Die gemeinsame Suche und die Jagd nach Stempeln, in jeder Kirche und in jeder Bar um die Vorrausetzung für die Compostela oder die Finisterriana zu schaffen.

    Es gab jede Menge Natur, Wälder, weite Ebenen, reife Kirschen am Wegesrand, es gab Blumen, rote Klatschmohnfelder.... ja der Klatschmohn 😊.
    Es gab Tiere.... Kühe, Schafe, Hunde und Katzen....
    Es gab große Eukalyptuswälder.... warum auch immer in Nordspanien.

    Es gab alte beeindruckende Kirchen, Bergdörfer und geschichtsträchtige Städte.

    Es gab wundervolle Einheimische, die mit Worten und Taten den Weg noch schöner gemacht haben, es gab kleine Geschenke und Glückwünsche, kleine Gebete am Wegesrand oder auch nur die Hand die grüßt oder die Worte "Buen Camino".

    Es gab soviel, um dankbar zu sein. Für die Zeit, die man gemeinsam verbracht hat, für die Worte, Gefühle und Geheimnisse, die man getauscht hat. Für das offene Ohr und den gut gemeinten Rat. Für den Kaffee oder das Bier, was man spendiert bekommen hat, für die Umarmung und das Lächeln zu richtigen Zeit.
    Für eine Zeit, in der manchmal Blicke und ein vorsichtiges Nicken oder Kopfschütteln ausreichen mussten um sich zu verständigen, da Worte fehlten in fremder Sprache.
    Für eine Zeit in der man gelernt hat was Zuhause und Familie bedeutet, in der man gelernt hat wieder dankbar zu sein, für das was man hat. In der man gelernt hat, wieder zu vermissen und das in fremder Sprache auszudrücken. In der man gelernt hat wieder Gefühle zuzulassen und sich nicht zu schämen auch mal zu weinen oder seine Liebe zu gestehen.
    Für eine Zeit, in der man beginnt Dinge anders zu sehen und sich selbst nicht so wichtig zu nehmen und andere in sein Herz zu lassen.

    Für eine Zeit voller Lachen, Weinen, sich ärgern und verzeihen, des Vertrauen und des Verzichts.

    Hat die Reise, der Weg mich verändert? Ich glaube schon.... es war nicht das Ziel, Santiago, dafür bin ich nicht religiös genug..... es war der Weg, die Motivation diesen zu machen, es waren die Menschen und die Einsamkeit, die mich verändert haben. In gewisser Weise auch etwas Stolz, durchgehalten zu haben.

    Ich hoffe die Ruhe und Zufriedenheit hält an, ich hoffe der Alltag gewinnt nicht wieder Oberhand und bringt mich dahin, wo ich vor der Reise war.
    Ich hoffe zumindest Marco und Johanna in Zukunft weiter zu sehen und mit den beiden tollen Menschen in Kontakt zu bleiben.

    Ich fühle mich gerade etwas wehmütig, dass es vorbei ist, bin aber auch glücklich, dass es geschafft ist.

    Aber jetzt freue ich mich erstmal auf meinen Mann, noch 2 Tage Porto und dann auf unser Zuhause.
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