• Busverwechslung Planumdrehung Inkatrail

    August 10, 2018 in Ecuador ⋅ ⛅ 10 °C

    Voller Motivation starteten wir früh in den Tag. Hätten wir gewusst, wie der Tag endet, wären wir wohl liegen geblieben, aber ich will nicht zu viel vorwegnehmen. Also gingen wir nichts ahnend frühstücken und machten uns voller Vorfreude auf zum Busterminal, da wir am nächsten oder übernächsten Tag in den Dschungel wollten. Wir hatten noch keine Tour gebucht, da auf unsere per Facebook-Nachricht formulierten Bitten um eine Preisminderung für zwei arme Studenten bisher nicht reagiert wurde. Notfalls hatten wir ja unsere treuen Hängematten dabei und im Dschungel sollte es an Bäumen zum Aufhängen ja nicht mangeln. Im Busterminal war wie immer viel Geschrei und jeder Ticketverkäufer war der Meinung, dass die möglichen Passagiere ihre Pläne ändern würden und ein Ticket bei ihm/ihr kaufen würden, falls er/sie nur laut genug das Ziel seines Busses durch die Halle schreien würde. Ein Angestellter fragte uns nach unserem Reiseziel und wir sagten ihm „Nueva Loja“, er nickte wissend und bestätigte „Si Loja aca“ („ja Loja hier“). Da Städtenamen auf unserer bisherigen Reise oft abgekürzt wurden (Chichicastenango = Chichi), dachten wir uns nichts dabei und ließen uns an den besagten Schalter führen. Da es nur noch zwei Plätze gab, und diese auch nur aus dem Grund, da zwei Tickets storniert wurden, schlugen wir direkt zu. Sehr zufrieden über unser Glück – wir armen Irren – warteten wir 3 Stunden auf unseren Bus. Wir stiegen, wunderten uns über die lange Fahrtzeit (12h, statt der von uns erwarteten 8) und schlummerten weg. Morgens um 04:30 kamen wir in „Loja“ an. Als niemand den Nationalpark „Cuabeno“ kannte, schwante uns langsam Böses. Irgendwann realisierten wir, dass wir komplett auf der anderen Seite Ecuadors rausgekommen waren. Das war vielleicht ein Moment. Nach kurzer Aufregung inklusive Anzweiflung unserer geistigen Gesundheit rissen wir uns schnell wieder zusammen und beschlossen, unsere Reiseroute umzudrehen (statt von Norden -> Süden nun von Süden -> Norden). Somit nahmen wir den nächsten Bus nach Alausí, um von dort aus den „Camino de Inka“ („Weg der Inka“) zu starten. Wir liehen bei einem Tour-Unternehmen Schlafsäcke, Isomatten, ein Zelt und ein Campingkocher aus. Außerdem kauften wir noch Lebensmittel für drei Tage ein und lehnten das Angebot, für 15$ nach „Achupallas“ (das Dorf, aus dem wir unsere Inkawanderung durch die Anden starten wollten) ab. Stattdessen gab es noch eine leckere Henkersmahlzeit und wir trampen zur Bushaltestelle hoch. Es war schon dunkel und niemand konnte uns sagen, ob noch ein Bus kommen würde. Wie immer war alles „gefährlich“. So hielten wir mal wieder den Daumen raus und ein umgebauter kleiner LKW mit einigen indigen aussehenden Insassen nahm uns für 2$ mit bis nach „Achupallas“ – der local Bus also. Wir fühlten uns schon wieder wie die absoluten Abenteurer und „real traveler“. In „Achupallas“ wollten wir noch unsere Handys und die Kamera laden, da machte uns allerdings der Stromausfall einen Strich durch die Rechnung. Daher rührt übrigens auch der Bildermangel dieses Eintrags, Fotomotive gab es selbstverständlich mehr als genug. Wir gingen im einzigen Hostel des Dorfes früh schlafen.

    Inka:
    Nach einem leckeren Frühstück machten wir uns mit einem neu erworbenen Kompass, aber leider ohne Kokablätter – im Dorf nirgends zu finden – auf den Weg. Wir fanden uns mit dem Karten gut zurecht und realisierten schnell, dass die Inkas bei ihrer Wegwahl sich was gedacht hatten. Die meiste Zeit des ersten Tages ging es an einem Fluss entlang. Der Weg war allerdings trotzdem abenteuerlich und wir kletterten über den Fluss und Felsen hoch, bei denen wir die Rucksäcke einzelnen hoch geben mussten (der eine hatte 12kg, der andere 20kg). Die Natur überwältigte uns und wir sammelten für Tee und Abendessen diverse Kräuter. Wir begegneten außer einem Reiter und zwei Kindern mit einer Schafherde keiner Menschenseele. Der Weg wurde anstrengender, der 30kg Rucksack gefühlt immer schwerer und es nieselte leicht. Doch die Vorfreude auf das abends im Fett brutzelnde Schnitzel, dass sich im Rucksack befand, trieb uns voran, bis wir die gesuchte Lagune erreichten. Wir bauten unser Zelt direkt am Wasser auf und genossen das Ankommen an diesem tollen Ort. Wir schöpften Wasser aus einem Bach und versetzten es mit … Tabletten, um es trinkbar zu machen. Dabei war unsere Zufriedenheit darüber, was wir doch für Abenteurer seien, nicht mehr zu bändigen. Das Schicksal holte uns allerdings auf unbarmherzige Art und Weise wieder auf den Boden zurück: Das System der Gaskartusche und das des Kochsystems waren nicht identisch. Mit aufsteigender Panik, um unser wohlverdientes Schnitzel gebracht zu werden, baute ich aus einem Plastikstückchen uns Schnüren (wir hatten nicht einmal Klebeband zur Verfügung) eine Konstrukten, die die zwei unterschiedlichen Systeme kompatibel machen sollte. Als ich das Kochsystem entzünden wollte, war allerdings schnell klar, dass das System nicht genug abdichtete, denn die Luft vor uns brannte ebenfalls, bis ich es abriss. Jan verbat mir einen zweiten Versuch mit abgeänderter Konstruktion zu starten und unser Leben für ein Schnitzel zu riskieren. Das klingt euch lieben Lesern jetzt einleuchtend und vernünftig, allerdings sitzt ihr zu Hause im Warmen und Trockenen und seid nicht 6 Stunden mit 20kg auf dem Rücken und der Vorfreude auf ein Schnitzel durch die Anden gewandert. So schnell wollte ich mich nicht geschlagen geben und füllte Öl in eine Pfanne. Anschließend hielt Jan die Pfanne und ich versuchte diese ca. 30 Minuten (bis das Feuerzeug den Geist aufgab) mit besagtem Hilfsmittel zu erwärmen und das Öl zu entzünden. Wie ihr bereits erahnen könnt, war das Ergebnis nicht eine brennende Pfanne, sondern nur eine Brandblase am Daumen. Somit gab es einen „Salat“ aus rohen Würstchen, Zwiebeln, Knoblauch, ekliger Paprika und den gesammelten Kräutern (darunter Salbei, der im Essen deutlich bitterer als erwartet war). Dazu gab es trockene Tortilla. Das Ganze klingt allerdings noch deutlich zu lecker, es war grausam! Sehr grausam! Um uns die Illusion der großen „survivor” vollends zu zerstören, dümpelten die … Tabletten nach einer Stunde immer noch unaufgelöst im Bachwasser. Was für ein Reinfall. Mit etwas gedämpfter Stimmung und unter vielen Flüchen auf die Mitarbeiterin des Tour-Unternehmens, die uns den Gaskocher ausgeliehen hatte und versichert, dass er funktioniere und das System korrekt sei (auch auf Nachfrage noch), ging es schlafen.
    Geplant für das Frühstück waren Bacon, Eier und warme mit Käse gefüllte Tortillas. Stattdessen gab es trockene Tortillas mit kaltem Dosenthunfisch. Ich muss ja eigentlich nichts mehr dazu sagen. So ging es mit immer noch nicht gehobener Stimmung und etwas spät los zu Etappe zwei. Die atemberaubende Natur verscheuchte allerdings schnell unsere schlechte Laune und wir wanderten staunend durch Felslandschaften, Täler und über Flüsse. Mit Süßigkeiten hielten wir uns über Wasser und kamen nach einem fantastischen Wandertag (wieder ca. 6h) mit den letzten Sonnenstrahlen in „San José“ an - der Kompass war uns dabei eine große Hilfe. In „San José“ durften wir bei dem netten Besitzer (Name?) des Dorfladens unser so lang ersehntes Schnitzel braten. So ein Glück! Wir saßen noch mit ihm und einigen Dorfbewohnern im Laden zusammen und diskutierten bei Bier über verschiedenen Länder, die unterschiedlichen Mentalitäten und die korrupten Regierungen. (Name) bat uns schließlich auch an, unsere Isomatten in sein „Wohnzimmer“ (=staubige Kammer) zu legen. Das könnte als Beschwerde missverstanden werden. Dem ist keineswegs so, wir waren sehr froh, vor Wind und Regen geschützt zu sein.
    Am Morgen durften wir freundlicherweise wieder die Küche benutzen und zauberten ein riesen Omelett mit Bacon und Käsetortillas. Am Ende wurde also auch essenstechnisch doch noch alles gut. Überaus gut gestärkt und nach herzlicher Verabschiedung machten wir uns auf zur letzten Etappe des „Camino de Inka“. Diese betrug allerdings nur noch zwei Stunden und war wieder in der Zivilisation. Auf dem Weg bekamen wir noch die Chance, einer Familie bei dem Auseinandernehmen und verarbeiten ihrer Kuh zu zuschauen. In „Inga Pirca“ angekommen, besuchten wir das Museum und bekamen eine Führung durch die Ruinen. Das uns am Vorabend versprochene „Machu Pichuu“ von Ecuador war es natürlich nicht, allerdings trotzdem schön und interessant. Wir fuhren mit dem Bus zurück nach „Alausí“ und gaben das ausgeliehene Equipment zurück. Als wir erklärten, dass sie uns ein nicht funktionierendes Kochsystem mitgegeben hatten und was das für Folgen hatte, einigten wir uns nach einiger Diskussion darauf, dass wir für das Ausleihen des Equipments nicht zahlen müssen. Sehr zufrieden erwischten wir den letzten Bus nach „Riobamba“ und checkten ins Hostel ein.
    Conny
    Read more