• Brückenbau der Kunst

    October 26, 2024 in Italy ⋅ ☁️ 20 °C

    Es war das Ergebnis jahrelanger freundschaftlicher Verbindungen: zur Eröffnung der Ausstellung „Ponte/Brücke“ in Ferrara kamen ein halbes hundert Gäste in die Galleria del Carbone in Ferrara, und nicht wenige waren extra aus Deutschland angereist.
    Christoph Gerling, der Netzwerker der mittelfränkischen Kunstlandschaft, hatte zu dieser Ausstellung zusammen mit den Betreibern der Galerie, Paolo Volta und Lucia Boni, eingeladen. Viele der italienischen Kunstschaffenden sind auch in Hersbruck und Nürnberg keine Unbekannten, denn sie haben bereits Werke bei „Kunst im Fluss“, im Hirtenmuseum und in der renommierten Kreis-Galerie in Nürnberg gezeigt. Nun erfolgte die Gegenbewegung und Mitglieder des Kreis und der Hersbrucker Kunstszene schickten Arbeiten in die kunstsinnige Stadt in der Po-Ebene oder reisten gleich selbst an. Der Leiter des Kunstmuseums, Uli Olpp sowie Barbara Henning, Doris Kabutke und Ute Plank vertraten das Kunstmuseum persönlich, Druckgrafik aus der Original Hersbrucker Bücherwerkstätte bereicherte den Hersbrucker Beitrag. Besonderen Charme hatte die Anwesenheit einer sechsköpfigen Abordnung aus Deckersberg, dem Wohnort von Christoph Gerling, die sich samt Hund extra auf die 707-Kilometer-Reise gemacht hatten, um Gerling zu unterstützen. Galerieleiter Paolo Volta witzelte, damit seien fünf Prozent der Gesamtbevölkerung Deckersbergs anwesend. In seiner Ansprache betonte er den verbindenden Charakter gemeinsamer künstlerischer Unternehmungen. Der heute 87-jährige Christoph Gerling hatte bereits als junger Dozent an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg seinen StudentInnen bei Studienreisen die italienische Kunst und Lebensart nahegebracht. Mit dem Ausstellungsprojekt „Ponte“ folgte er dem Rat seines Ferrareser Künstlerkollegen Giorgio Cattani, in dieser Stadt, die seit der Regentschaft der Familie Este ab dem 13. Jahrhundert besonders kunstaffin ist, eine Brücke zwischen Italien und Deutschland zu bauen. Museumsleiter Uli Olpp grüßte aus der „kleinen Kunststadt“ in die „große Kunststadt“.
    Die Kunstschau in den kleinen Räumen der Galerie präsentiert sich so vielfältig wie die künstlerischen Positionen der 47 Ausstellenden. Von Christoph Gerling und Barbara Henning kundig kuratiert zeigte sich eine Kohärenz der Werke. Besonders die Arbeiten der Künstler aus der Po-Ebene haben, bei allen Unterschieden, eine Gemeinsamkeit, eine Art magischen Realismus. Paolo Volta nennt es „pittura visionare“, eine visionäre Malerei, die verbindend sei für Künstler von der Mündung des Po bis nach Mantua. Scherzhaft schrieb er diese Prägung dem häufigen Nebel in dem Landstrich ohne Erhebungen zu.
    Die kleine Reisegruppe aus Hersbruck und Deckersberg, Nürnberg und Augsburg nahm nicht nur ein traditionelles Festmahl am Abend der Vernissage mit, sondern bekam auch eine Führung der ortskundigen Barbara Henning durch die von Mittelalter und Renaissance geprägte Altstadt. Wer noch ein paar Tage anhängen konnte, hatte die Qual der Wahl zwischen der endlich wieder geöffneten Kathedrale, dem von pyramidenförmig aus der Wand ragenden Steinen strukturierten Fassade des Palazzo dei Diamanti, den Fresken im Palazzo Schifanoia oder der besinnlichen Atmosphäre in der Biblioteca Ariostea - und den vielen kulinarischen Leckereien Ferraras.
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