• Pay the Ferryman

    December 24, 2022 in Chile ⋅ ☀️ 14 °C

    Ich hoffe ihr seid alle mit Vorfreude aus eure Betten gesprungen. Ich bin auch sehr früh hoch aber eher wegen der Fähre. Im Schlafsack ist es muckelig warm ansonsten gefühlte 0°. In Bethlehem war es bestimmt wärmer sonst wär der Bengel erfroren. Nütz nichts ich muss hoch. Alle Vorbereitungen getroffen damit es heute morgen schneller geht. Erst wenn einem die Sonne erreicht wird es schlagartig angenehm warm. Mein Aufpasser begleitet mich heute morgen. Ein Hund, wahrscheinlich vom Besitzer. Egal ob ich duschen geh oder zum Zelt, er ist dabei. Beim verlassen des Platzes geleitet er mich zur Straße. Zur Fähre sind es 3 Minuten. Im Gebäude am Fähranleger zeigt man mir den Weg zu Zahlstelle. Pass, Fahrzeugschein und 10 € und ich hab nen Platz. Läuft. Ich treff Freddy wieder. Er ist mit seinem Sohn im Wohnmobil unterwegs. Hat Speditionskaufmann gelernt in Deutschland. Seine Eltern sind jüdische Deutsche, die sich trotz Verfolgung und Ermordung von Familienmitglieder immer noch deutsch fühlten und dachten. Darum spricht er deutsch. Vater aus Jever und Mutter aus der Nähe von Bremerhaven. Seine Schwester lebt in Hamburg. Wir unterhalten uns ausgiebig. Man lässt mich als Letzten auf die Fähre. Ich parke hinter einem Auto und die Unterhaltung auf deutsch geht weiter. Dietmar und Ines. Deutsche die seit über 35 Jahre in der Schweiz leben. Er kommt aus der Nähe von Bochholt, Sie aus Gelsenkirchen. Die Fahrt mit der Fähre soll 5 Stunden dauern. Ich komme gar nicht zum Schreiben. Mal sitzen Freddy, Dietmar und ich zusammen. Oder zusammen mit ihm und seinen Sohn. Zwischenzeitlich bin ich eingenickt. Wie einige andere auch. Freddy lädt mich in sein Haus in Santiago ein. Kann paar Monate dauern aber wäre passend bei der Rückreise. Sowohl mit ihm als auch mit Dietmar tausche ich die Telefonnummer. Die Ausfahrt aus dem Hafen mit dem Panoramablick der Vulkane und den schneebedeckten Spitzen sind Gänsehautfeeling pur. Auf See wird es mitunter ganz schön schaukelnd und die Fähre wiegt sich hin und her. Zwischendurch immer wieder ein Blick auf Blue. Sie steht wie ein Fels in der Brandung. Und bleibt standhaft bis zum Schluß. Ich verlasse als Letzter die Fähre und darf den Staub der Vorderleute "fressen". Es sind 52 KM bis Chaiten und ca. 2/3 Schotterpiste. Na, danke auch. Die Piste ist mal wieder mit Kratern und Furchen durchsät. Freddy ist rechts rangefahren. Probleme? Ne, er hat die anderen vorbeiziehen lassen. Wir verabschieden uns nochmal und er wiederholt seine Einladung nach Santiago. Irgendwann kommt wieder Asphalt. Vorher seh ich Dietmar, Ines und Freunde beim Fotoshooting auf einer Brücke. Stehend fahr ich vorbei und Hup nochmal. Endlich in Chaiten. Erstmal tanken und in den Minimarkt. Wie verbring ich jetzt Heilig Abend? Camping und allein mit ne Büchse Bier? Nö, ist Weihnachten. Ich schau mal bei booking.com. Aha, Unterkunft äö0lhfoddðümit Frühstück und wlan. Mal direkt hinfahren. Tatsächlich finde ich das Haus. Klingeln. Ja, die beiden sind überrascht aber fühlen sich nicht gestört am Heilig Abend und bieten mir ein Zimmer an. Nehm ich. Was ich zu dem Zeitpunkt nicht weiß ist, dass die Privatunterkunft direkt im Haus ist. Quasi mit Familienanschluß. Aber ist OK. Blue steht ebenfalls hinter verschlossenen Toren. Perfekt. Kein Zelt auf- und abbauen. Ja, muss auch mal sein. Ich schreib noch paar Grüsse, lade Bilder hoch und dusch mich. Als ich die Treppe runter komm seh ich den erleuchteten Weihnachtsbaum. Aufforderung zum Familienbild. Alle stellen sich vor den Baum. Regieanweisung. Aufrücken, man sieht den Baum nicht. Er schaut auf seinen Bauch und alle lachen. Das Eis ist gebrochen. Ich sten und trocknen. Er zeigt mir die Wäscheleine und fragt nebenbei ob ich Fleisch mag. Na klar, will ja nicht unhöflich sein. Schwupp kommt er mit nem Riesenspieß, schmeißt seinen Riesengrill an und sagt, dass man für mich heute Abend ein Barbecue macht. Ich bin sprachlos und hungrig. Mein spanisch ist auch noch zu schlecht um das zu verhindern. Wie verläuft Heilig Abend in Chile? Während das Fleisch am Spieß über der Kohle seine Runden dreht mach ich einen Spaziergang. Avarro, so sein Name, hat Bier aufgemacht. Der Sohn, er ist bei der Marine, ist auch da. Beim Essen gibt es Wein. Nach dem Essen erstmal einen selbstgemachten Longdrink. Die Bescherung ist um Mitternacht. Man achtet darauf, dass ich sehen kann wie die Geschenke ausgepackt werden und Daumen hoch mache. Meine Hilfsbereitschaft beim Abwasch wird damit belohnt, dass ich den Früchtepunsch zum Tisch bringen darf. Dann wird es auch Zeit sich zu verabschieden. Wenn ich Weihnachten nicht zu Hause verbringe, so war dies doch eine neue und schöne Erfahrung. Mit Spaß und Lachen. Morgen muss ich mich mal in Ruhe um Blue kümmern. Ich wünsche euch einen schönen ersten Weihnachtstag.Read more