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  • Dag 134

    Jai Jagannath!

    11. februar, Indien ⋅ ☀️ 22 °C

    Wir sind in unserem neuen Zuhause für mindestens 3 Wochen angekommen. Pushkar ist eine der ältesten Städte Indiens und hat in Sachen Mystik und Spiritualität einiges zu bieten. Jede:r Hindu sollte dort hin pilgern und im heiligen Pushkar Lake ein Bad nehmen, um Erlösung zu finden. Und in Pushkar steht einer der wenigen Brahma-Tempel (Long Story Short: Sarasvati, die Frau von Brahma, war für eine wichtige Zeremonie nicht anwesend, weshalb Brahma kurzerhand eine Andere geheiratet hat. Das fand Sarasvati dann gar nicht lustig und verfluchte Brahma. Er solle der einzige Gott sein, den die Menschen vergessen.)

    Auch wir verfolgen in Pushkar ein ganz mystisches Ziel: Wir wollen den Tempeltanz Odissi erlernen. Der Tanz soll mindestens 2500 Jahre alt sein und im Jagannath-Tempel in Odisha entstanden sein. Damals sollen Maharis (Frauen, die dem Tempel gewidmet wurden😳) diesen Tanz vor dem Altar für Lord Jagannath getanzt haben - und zwar nur für ihn. Sie waren quasi mit ihm verheiratet. Mit der Zeit hat sich Odissi weiterentwickelt, es auch aus dem Tempel raus geschafft und ist heute einer der Nationaltänze Indiens. Von vielen (unter anderem unserer Odissi-Lehrerin) wird er aber immer noch als Tanz der Hingebung, der Teil der spirituellen Praxis ist und der im besten Falle zur Erleuchtung führen kann, gesehen. Für uns besticht er aber eben auch durch seine unfassbare Schönheit und Anmut.

    Aber bevor wir hier weiter einsteigen, gehen wir lieber mal chronologisch vor. Wir sind also zwei Tage vor Beginn des Tanzkurses in Pushkar angekommen, um uns eine schöne Unterkunft für die Zeit zu suchen und unsere traditionelle Tanzkleidung zu kaufen. Wir haben uns einige Hotels in der Stadt angeschaut und ein sehr schönes mit großem Zimmer inklusive Sitzecke und netter Atmosphäre gefunden. Mit der Tanzkleidung (ein Tanzsari/halber Sari für mich; Rolf kann einfach in Jogginghose und T-Shirt gehen) waren wir allerdings weniger erfolgreich. Wir haben mindestens 10 Läden abgeklappert und immer wieder nur normale Saris angeboten bekommen. Was ein Tanzsari ist, wusste niemand so genau. Aber natürlich gab es, typisch indisch, immer eine wissend klingende Antwort. Von „In ganz Pushkar gibt es sowas nicht, das gibt es nur in Südindien“ bis hin zu „Ein Half-Sari ist einfach ein bisschen kürzer als ein normaler Sari, wir können da einfach was abschneiden“ reichten die Antworten. Wir entschieden uns dann doch, bis zum Einführungsabend zu warten, statt mit einem falschen Teil anzukommen.

    Der Beginn des Kurses entsprach dann ganz der spirituellen Einbettung des Tanzes: Es wurde eine Puja zu Ehren von Lord Jagganath durchgeführt. Nachdem wir die Tanzschule, die in einem aktiven Tempel liegt, mit Blumen dekoriert hatten und unsere Opfergaben (Blumen, Süßigkeiten, Obst) abgegeben hatten, sind wir zum heiligen See gelaufen. Dort begann dann die circa zweistündige Zeremonie. Der Priester wies uns genau an, was wir zu tun bzw. nachzusingen hatten. Highlight der Puja war die Prozession, während der Lord Jagannath (auf dem Kopf eines etwas leidend dreinblickenden jungen Mannes - Jagannath schien schwer zu sein) zu unserem Tempel und zur Tanzschule gebracht wurde. Das geschah unter Begleitung von lautem Chanten, Tanzen und dem Werfen von Blumenblättern. Zuletzt wurde Jagannath dann auf dem Schulaltar platziert. Die Gestaltung des Altars war wiederum begleitet von einem streng ablaufenden Ritual.

    Der Altar bleibt nun so bis zum Ende unseren Kurses. Und Lord Jagannath schaut uns mit einem großen Lächeln beim Tanzen zu und schickt uns gute Energien. Die haben wir auch echt nötig, denn das Odissi-Training wird harte Arbeit werden, aber mehr dazu dann im nächsten Footprint. Auch wenn viele Aspekte der Puja für mich unverständlich waren und die Verehrung von Lord Jagannath ungewohnt erscheint, fand ich die ganze Prozession schon ziemlich spannend. Es ist cool, einen Tanzkurs mit solch einer Festlichkeit zu beginnen. Und es lässt erahnen, wie tief in Spiritualität und Religion man mit diesem Tanz eintauchen kann, so man es denn will.
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