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  • Day 186

    Jakobsweg auf Indisch

    April 3 in India ⋅ ☁️ 37 °C

    Es ist soweit - wir haben nach einer 12-stündigen Nachtzugfahrt (die dank 1. Klasse und Privatabteil ziemlich komfortabel und reibungslos ablief) Agra erreicht, die Heimat DES Wahrzeichen Indiens, des Taj Mahals. Für dessen Anblick müsst ihr euch allerdings noch auf den nächsten Footprint gedulden.

    Wir haben es nämlich sehr langsam angehen lassen, vorwiegend da ich immer noch nicht ganz fit bin und zur Bekämpfung meiner Ohren- und Halsentzündung das nächste vom HNO-Arzt verschriebene Antibiotikum einnehme. Mit den Erkrankungen in Indien ist das allerdings so eine Sache. Man kann die besten Intentionen haben, den Tag ruhig zu gestalten, und dann kommt es doch anders. So auch bei unserem kleinen Ausflug nach Fatehpur Sikri - Hauptstadt des Mogulreichs unter Akbar in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts und heute Unesco Weltkulturerbe.

    Wir hatten nämlich nicht mit unserem todesmutigen TukTuk-Fahrer gerechnet, dessen Fahrstil mit jeder weiteren Betelnuss, die er kaute, aggressiver wurde. Rolf war am Ende so froh, dass wir lebend ankamen, dass er ihm extra Trinkgeld gab.

    Womit wir auch nicht gerechnet hatten, war, dass die Strecke von Agra nach Fatehpur Sikri scheinbar der erste Teil einer berühmten hinduistischen Pilgerstrecke ist. Wer aber jetzt an meditatives Wandern à la Jakobsweg denkt, könnte kaum falscher liegen: Die Geräuschkulisse glich nämlich eher einem Berliner Techno Rave (mit extrem schlechtem Techno).

    Alle paar Meter war eine Wand mit Boxen aufgestellt, die ohrenbetäubenden Krach von sich gaben, direkt daneben schliefen Pilger:innen bei 120db auf dem Boden. Zudem gab es mobile Wagen mit Riesenboxen und lauten Tröten, die Kinder, gebrechliche Menschen und Gepäck transportierten. Das Ganze war eingebettet in eine Mülllandschaft vom allerfeinsten.

    Wir konnten es nicht fassen. Der Weg von Agra nach Jaipur ist ca. 250km lang, und so geht es wohl die ganze Strecke. Alles bei 40 Grad, an einer lauten, stinkenden Autostraße ohne nennenswerten Schatten. Es schien uns wie die Hölle auf Erden. Und der Weg war voll mit Pilgern! Und ist es wohl das ganze Jahr über.

    Von europäischen Vorstellungen von „schön“ oder „entspannt“ oder auch nur „aushaltbar“ war das denkbar weit entfernt. Wir fuhren staunend daran vorbei und mussten feststellen, dass Indien auch nach einem halben Jahr immer wieder Überraschungen parat hat.

    Das Schlendern durch Fatehpur Sikri war dann aber tatsächlich, wie von uns geplant, entspannt. Es waren recht wenige andere Touris unterwegs, und wir haben es geschafft, die etlichen Guides abzuwimmeln und individuell die Anlage zu erkunden. Wir haben es sehr langsam angehen lassen, da die Fahrt eben schon wahnsinnig anstrengend gewesen war und eigentlich für sich gesehen schon meine Belastungsgrenze für den Tag ausgereizt hatte.

    Zum Glück wartete nach der (schrecklichen und lebensmüden) Rückfahrt ein sehr ruhiges Homestay auf uns, mit Gastgebern, die sich wirklich auf die Bedürfnisse ihrer Gäste einstellen. Eine Wohltat und jeden (zusätzlichen) Euro wert.
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