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  • Day 22

    Sælingsdalslaug

    September 14, 2022 in Iceland ⋅ 🌙 3 °C

    Als wir beim Hotel Laugar Sælingsdal ankommen, sieht das Hotel verlassen aus und es ist abgeschlossen. Mist, das wird nichts mit einem feinen auswärtigen Abendessen. Auch der Campingplatz sieht ziemlich verlassen aus, aber ein WC ist offen, das Wasser läuft und auch Strom gibt es. Zu bezahlen im Hotel. Na, wir richten uns mal ein und warten ab.

    Der Hot-Tube sieht super aus, aber da wir heute schon sauber genug sind, nicht frieren und doch schon Hunger haben, lassen wir es vorerst bleiben.

    Vielleicht wenn es dunkel ist und die Nordlichter am Himmel tanzen? Denn es ist aktuell wieder klar und es sind nur noch drei Stunden bis zur Dunkelheit.

    Der Abend ist wolkenlos, die Luft klar wie Glas. Wir sitzen beim Eindunkeln im Wohnmobil auf dem Zeltplatz in Sælingsdal. Das angeschlossene Hotel ist geschlossen, kein Mensch hier ausser noch vier andere Fahrzeuge , die auf diesem Platz übernachten wollen.

    200m den Berg hoch ist ein HotPot, ein aus Steinen errichteter kleiner Pool, der mit natürlich warmen Wasser gefüllt wird. Dieser Hot Pot Laugar í Sælingsdal taucht schon in den alten isländischen Sagen auf.

    Es wird langsam dunkler, die Nacht schwärzer. Zeit, mit Bademantel, Taschenlampe, Fotoapparat und Stativ zum Hotpot zu laufen und das 38 Grad warme Wasser zu geniessen. Wo kann man in einer kalten Nacht besser auf die tanzenden Geister der alten Seelen warten, wie hier?

    Es sind noch andere Gäste da, ein Kanadier, eine Genferin und ein Weissrusse.

    Ich installiere das Stativ, richte die Kamera aus, mache Einstellungen und beginne zu warten und zu hoffen. Die Sonnenwindaktivität ist heute nicht besonders stark, mein Polarlichtapp zeigt eine Wahrscheinlichkeit von nur 12%, wir hatten auf dieser Reise schon 37%.

    Und tatsächlich, schwach am Horizont leuchtet es weiss-grünlich, mehr weiss wie grün. Durch den Fotoapparat sieht man aber die grünen Lichter stärker.

    10 Minuten später ist es dunkler und die schwachen Polarlichter auf dem ganzen Himmel verstreut. Und dann werden sie stärker, manchmal direkt über uns, manchmal über den Bergen. Manchmal sind sie 10 Minuten fast bewegungslos und verschwinden dann wieder, andere kommen innerhalb einer Minute, werden leuchten stark grün und verschwinden ein paar Minuten später wieder.

    Und dann wird es immer stärker und intensiver. Direkt über uns, ein satt grünes Licht das zu tanzen beginnt! Mehr als einmal.

    Es ist die Nacht der Geister der alten Wikinger, deren Seelen sich am Himmel zeigen, die Rüstung Odins, die im Himmel glänzt.

    Ich drücke unaufhörlich auf den Auslöser, friere in der Kälte und in Badehosen und tauche dann wieder in den Laugar ein. Jedes Mal kochend heiss, wenn ich eiskalt hineinsteige. Der Kanadier kann es kaum fassen, der Weissrusse macht einen Nonstop-Film auf seinem Handy und die Genferin quatscht mit allen über ihre Reise.

    Wir sitzen gemeinsam zwei Stunden im heissen Wasser und schauen fasziniert in den dunklen und grünen Himmel. Dann wird es irgendwann Zeit, ins Womo zu gehen und zu schlafen. Aber irgendwie nicht möglich, wir warten diese Welle noch ab und die nächste und die übernächste…

    Dann scheint es vorbei zu sein, die Lichter leuchten schwach, wir laufen zum Womo. Und dann beginnt es von neuem, die Lichter, das Grün, die tanzenden Seelen und das Fotografieren.

    Irgendwann können wir nicht mehr und gehen tatsächlich schlafen. Mit verdunkelten Fenstern, denn sonst sehen wir immer hinaus und würden kein Auge schliessen.

    Wir träumen von Geistern, Rüstungen und alten Seelen.
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