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  • Day 127

    India, the last part - Kerala as tourist

    January 6, 2019 in India ⋅ ⛅ 29 °C

    Unser letzter Indien-Abschnitt führte uns in den tiefen Süden dieses unglaublichen Subkontinents, nach Kerala oder Gods own country, wie es die Inder nennen.
    Weil meine Mama uns über Weihnachten und Neujahr besuchen kommen wollte und zu dieser Zeit Hochsaison in Kerala ist, standen wir vor einem Monat vor der Herausforderung, eine zweiwöchige Tour zu planen ohne dieses Stück Indien bereits zu kennen... Durch glückliche Zufälle, hilfsbereite Gastgeber und vorfreudige Übermut brauchten wir jedoch bloss zwei Tage, bis wir einen praktisch fixfertigen Reisplan inklusive Unterkünfte zusammenhatten!

    In den vier Wochen, die wir bis Weihnachten noch hatten, liessen wir uns mit der Aussicht auf die bevorstehende Rundreise nach einem Abstecher nach Varkala für drei Wochen in Kovalam nieder, wo wir unsere Tage mit selber Kochen, Krimis lesen, Motorradtouren in die Hauptstadt Trivandrum, Sonnenbaden, im Meer plantschen und selbstgemachtem Sangria genossen.

    Und dann kam pünktlich am Morgen des 24. Dezembers meine Mama in Kochi an. Weihnachten in Südindien? Aber kitsch ja! Bei feuchtheissen 30 Grad im Schatten schmücken die Inder ihre prunkvollen Kirchen mit noch mehr Kitsch in Form von Glitzergirlanden, Lichterketten in allen Farben, überdimensionalen Papiersternen und, sagte ich schon, Lichterketten?! Überall werden Krippen aufgestellt und niemand stört sich daran, dass das Jesuskind doppelt so gross wie Josef und Maria ist. In den Unterkünften, Restaurants und Cafés stehen Weihnachtsbäume aus Plastik, die in allen Farben blinken und glitzern und dazu trällern aus den Boxen Weihnachtslieder, während als Abkühlung frischgepresste Fruchtsäfte getrunken werden. Das einzige, was uns wirklich an Weihnachten, wie wir es kennen und lieben, erinnert hat, war ein festliches Essen in einem wunderbaren Garten und die selbstgemachten Spitzbuben meiner Mama!
    Dafür durften wir die gerade in Kochi stattfindende asiatische Biennale2019 besuchen; sprich Chrigu und Mama schlenderten interessiert durch die endlosen Räume mit ebenso endlosen verschiedenen Kunstausstellungen, während ich nebenher trottete und mir Mühe gab, interessiert zu wirken.

    Am zweiten Weihnachtstag fuhren wir nach Allepy, wo wir unser privates Hausboot bestiegen. Spätestens da verliebten wir uns in unser neues Touristen-Dasein; weit weg von Gehupe und Müll über die Backwaters tuckern, bequem in einem Sessel auf der Bootsterrasse sitzen und eine frische Kokosnuss schlürfen, die Landschaft vorbeiziehen sehen und die Ruhe geniessen (nachdem wir unseren Kapitän freundlich gebeten haben, seine Housemusic abzustellen)!
    Am Abend genossen wir einen Sonnenuntergangsspaziergang zwischen Backwaters und Reisfeldern, bevor wir ein frisch zubereitetes Essen auf unserem Boot genossen und uns danach müde und zufrieden in unsere komfortablen Kojen zurückzogen.
    Am nächsten Tag ging es nach einem ausgiebigen Frühstück zurück nach Aleppy.

    Nach einigen Tagen am Strand von Marari verbrachten wir Silvester ebenfalls am Strand, im malerischen Ort Varkala.
    Silvester an einem Strandort in Kerala bedeutet fast das gleiche wie Weihnachten, ich sage nur: Lichterketten! Aber hinzukommt bei diesem Anlass noch, dass beinah jedes Restaurant laute Bumbum-Musik laufen lässt, welche ein Gespräch praktisch unmöglich macht... Wir wurden jedoch fündig und genossen auf einer Dachterrasse hoch über den Klippen ein Abendessen, das sich über 4 Stunden hinzog (das Personal war mit einem so vollen Haus am Rande der Überforderung). Unterhaltung war inklusive, da es auf dem engen Küstenweg von übermütigen jungen Indern wimmelte, die sich zu den Rhythmen vorbeiziehender Trommlergruppen in Rage tanzten!
    Nachdem wir aufs neue Jahr angestossen hatten - Chrigu mit Bier, Mama und ich mit Schwarztee, da wir uns kurz zuvor gründlich den Magen verdorben hatten - wollten wir mit einem Tuktuk nach Hause fahren - wie naiv von uns!
    Ob die Tuktuk-Fahrer sich freigenommen hatten, um selbst Silvester zu feiern, ob sie alle ausgebucht waren oder ob ihnen das Chaos schlicht zu viel waren, fanden wir nicht heraus...Tatsache war schlicht, dass das erste Mal überhaupt kein einziges Tuktuk zu sehen war. In der Hoffnung, an der Hauptstrasse fündig zu werden, reihten wir uns in die übermütige Menge junger Inder ein, nur um an der Hauptstrasse angekommen zu erkennen, dass unser Vorhaben aussichtslos war! Also den ganzen Weg wieder zurück, diesmal gegen den Strom und etlichen Indern die Hände schüttelnd und Neujahrswünsche austauschend, um dann den ganzen Weg den Klippen entlang im Dunkeln nach Hause zu laufen - herzlich Willkommen im neuen Jahr!

    Am nächsten Morgen ging unsere Reise dann wenig ausgeschlafen weiter ins Landesinnere nach Kumily, wo wir einen Ausflug in den Periyard Nationalpark geplant hatten. Je weiter uns unser Fahrer, der fuhr wie ein Wahnsinniger und öfter sein Handy als die kurvige Strasse im Blick hatte, ins Landesinnere brachte, desto mehr Pilger säumten die Strasse. In der Nähe von Kumily befindet sich einer der (100‘000) wichtigsten Hindutempel und ausgerechnet im Januar pilgern Millionen Gläubige in einem dreitägigen Marsch dorthin, um Geld in einen Schacht zu werfen, welches dann in Säcke abgefüllt und Gott weiss wohin gebracht wird...crazy India!
    Dafür war unser Nationalpark-Erlebnis einmalig! Zu Fuss ging es morgens um sieben Uhr, begleitet von einem bewaffneten Ranger und mehreren Führern, die dem Stamm der im Nationalpark lebenden Massa angehören, in den verwunschenen Urwald. Uralte riesige Bäume und Lianen, Affengebrüll in der Ferne und wunderbare Ausblicke - was für eine Wohltat nach dem dreckigen, überfüllten und typisch indischen Chaos von Kumily!
    Als wir so gemütlich dahinwanderten, waren unsere Führer plötzlich in heller Aufregung und hetzten uns quer über eine Wiese...als wir dann um einen Hügel herum waren, sahen wir der Grund: Vor uns, am anderen Ende der Wiese standen drei wilde Elefanten und stocherten mit ihren Rüsseln seelenruhig am Boden herum.
    Kurze Zeit später bestiegen wir dann die Bambusflosse. Was auf dem Foto auf unserem Ticket so vertrauenswürdig und komfortabel ausgesehen hatte, erwies sich als uraltes Bambusfloss, das gefährlich tief im Wasser versank, als wir uns daraufgesetzt hatten. Glücklicherweise hielt es unserem Gewicht aber tapfer stand und alle gemeinsam mit alten Holzpaddeln rudernd, war es ein echtes Erlebnis, so durch die menschenleere Wildnis dahin zu gleiten.
    (Den Sonnenstich, den Mama, und den Sonnenbrand, den Chrigu und ich von diesem Abenteuer als Souvenir mitnahmen, erwähnen wir lieber nicht.)

    Die letzte Etappe unserer Kerala-Rundreise führte uns noch weiter und höher ins Landesinnere nach Munnar. Munnar ist bekannt für seine wunderschöne Natur und seine riesigen Teeplantagen und die hässlichste Stadt, die Chrigu und ich während unseren vier Monaten Indien gesehen haben! In Munnars staubigen, engen Strassen wimmelt es von Jeeps, Gewürzläden und billigen Souvenirs, aber wir konnten kein einziges Beizli finden, das auch nur einigermassen zum verweilen oder gar zum Essen eingeladen hätte. Das half day trekking, das wir gemacht haben, entschädigte jedoch für die Hässlichkeit Munnars. Früh morgens starteten wir bei eisigen Temperaturen, um durch riesige Teeplantagen langsam an Höhe zu gewinnen, in den ersten Sonnenstrahlen des Tages ging es anschliessend durch Grasland immer höher hinauf, um nach einigen Stunden mit wunderbaren Aussichten übers Land bis zu den weit entfernten Bergen der Westghats und indischem Frühstück, das die Mutter unseres Führers selbst zubereitet hatte, belohnt zu werden!
    (Das ständige Warten alle paar hundert Meter für ausgiebige Selfie-Sessions, die Informationsstops, bei denen unser Führer zwar spannende Infos zum besten gab, diese aber alle mindestens dreimal wiederholte und die Touristin, die sich so sehr den Fuss verstauchte, dass ihr Mann sie auf die Strasse zurücktragen musste, sollen hier nicht erwähnt werden.)

    Und nun sind wir auf dem Rückweg nach Kochi, von wo aus Mama
    Morgen zurück nach Zürich und wir weiter nach Nordthailand fliegen werden...

    Halbzeit unserer Reise und Abschied von Indien - so vieles durften wir erleben, so einiges mussten wir ertragen. Die Zeit in Indien hat uns geprüft und reich beschenkt, hat uns weiser und stärker gemacht und nach alledem heisst dieser Subkontinent für mich nicht mehr Mama -, sondern einfach noch incredible India!
    Auf zu Teil zwei unserer grossen Reise...Südostasien, wir freuens uns riesig auf dich!
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