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  • Day 8

    #10 Eleven Earths - Missionsprotokoll

    June 29, 2021 in Germany ⋅ 🌧 16 °C

    🪐 Eleven Earths - Missionsprotokoll 🪐

    Als die jüngst übermittelte Subraum-Transmission aus dem Funkraum unter der Crew des Intergalaktischen Raumers „Caddy“ die Runde machte, brach Unruhe und Hektik unter der Mannschaft aus. Die Nachricht traf alle wie ein hinterrücks auf den Schädel geführter Hammerschlag!

    Doch treten wir einen Schritt zurück, um die knifflige Lage des Sternenkreuzers in seiner Gänze zu begreifen…

    Das Forschungsschiff schickte sich gerade an, den Orbit im Sternensystem „Gäu“ anzusteuern. Für den Forscherdrang war dieses von hohem Interesse: Es befand sich recht abgelegen außerhalb des oberen Spiralarms der Bayan-Galaxie - im Ober-Bayan.
    Isoliert und einsam durcheilte es das weite All; weswegen es auch oft „All-Gäu“ genannt wurde.

    Da erreichte den Commander eine interstellare Unwetterwarnung: Ein Meteoritenregen näherte sich der Region, ein Meteoritenstarkregen aus Wassereismeteoriten! Zudem jagten hochenergetische Gammablitze durchs All auf die Region zu. Wenn so eine Wetterlage einen Orbiter ohne Schutzschild trifft - dann war es das! Diesem Risiko wollte Commander Bastian seine Crew nicht aussetzen.

    Er konsultierte seine erfahrene Stellarnavigatorin Andrea Seiermann nach lohnenden Zielen, die sich innerhalb eines Wurmlochsprungs erreichen ließen.

    „Andrea, welche Welten können wir in der uns verbleibenden Missionszeit noch erreichen?“
    „Wie wäre es mit der Odenwelt?“
    „Andrea, ein brillianter Vorschlag!“

    Die Odenwelt.
    Die Odenwelt war ein ganz herausragendes Sternensystem: Es beherbergte gleich elf erdenähnliche Planeten in der habitablen Zone, die „Elf Erden“. Alle elf beherbergten Leben. Die Odenwelt war quasi das galaktische Galapagos-Archipel. Es war so entrückt schön, dass unzählige Oden über diese Welt geschrieben und gesungen wurden. Deshalb nannte man sie die Odenwelt.

    Wie elf Gipfel ragten die Planeten aus dem leeren, dunklen Tal der kosmischen Unendlichkeit heraus.
    Vielleicht war das der Grund, warum ihr Entdecker den elf Welten solch seltsame Namen gab:

    Stiefelhöhe, Hardberg, Stillfüssel, Gaderner Höhenrücken, Köpfchen, Hart, Krehberg, Neunkirchener Höhe, Salzlackenkopf, Katzenbuckel und Königstuhl.

    Nunja. Der Entdecker hat halt das Recht der ersten Nacht, was die Namensgebung angeht.

    Das schöne an den Elf Erden ist, dass sich alle mit der Energie eines vollgetankten Orbiters erkunden lassen: Man kann sich mit sehr langen, flachen Anstiegen in die Umlaufbahnen schieben.
    Die zwei Triebwerke Wade links und Wade rechts werden nur selten jenseits der technischen Sicherheitstikeranzschwelle hochgefahren, aber dafür laufen sie permanent auf energieintensivem Dauerschub und verbrennen dabei ungemein viel Energie.

    Im Gegenzug muss stets mit voller Schubumkehr der Bremsraketen die Schußfahrt in Richtung Planetenoberfläche abgebremst werden. Fällt hier auch nur eine Bremsrakete kurzfristig aus, bedeutet dies das tödliche Zerschellen des Orbiters am Grunde des Planeten - oder ein Verglühen der gesamten Kapsel in der Atmosphäre zu einem Klumpen Metall - mit organischen Einsprengseln vom Fahrzeugführer.

    Wir beginnen unser Abenteuer in der größten Siedlung des Archipels. An diesem Ort gewinnen die Einwohner aus einer sehr fruchtigen Beere ein berauschendes, Ethanol enthaltenes Getränk. An steilen Hängen wird die so genannte Heidel angebaut - deshalb heißt der Ort auch Heidelbeer.
    Selbst die Behausungen sind oft aus rotem Stein gebaut - rot wie die gepresste Heidelfrucht.

    Der Trank der Heidelfrucht wird in einem großen Tank gelagert, wo die gesamte Ernte abgegeben werden muss.
    Dies weckt natürlich Begehrlichkeiten bei vielen Bewohnern. Deshalb wird der Tank auch hinter einem dickwandigen Schloß auf einem gut zu bewachenden Berg gelagert: Dem berühmten Heidelbeer-Schloß.
    Durch den Ort fließt ein Fluß, der ganz nach der Trinktradition der Einwohner „Nektar“ heißt.

    Heidelbeer ist ein beliebter Ort für Gelehrte und Gelehrige aus dem gesamten Kosmos. Sie kommen hierher, um Astroökologie, Biologie und Terraforming zu studieren. Manche munkeln, dass sich die Mehrheit ihren Studienort vor allem nach der Verfügbarkeit des Heidelweins ausgesucht hat.

    Hier starten wir also unser Abenteuer.
    Wir navigieren unseren Lander in einen der sehr engen in den Berg getriebenen Hangars. Zwischen den Bergflanken gelegen hat Heidelbeer eigentlich kaum Platz für interstellare Lander, weswegen statt ausgedehnter Landefelder überall sehr beengte Tiefhangars angelegt wurden.
    Wir schaffen es, den Lander ohne Blechschäden durch die engen Röhren in die Parkposition zu navigieren und ziehen am Kontrollposten eine Landebescheinigung nach Stellarport-Gebührenverordnung.

    Der Orbiter wird in Startposition gebracht und mit dem benötigten Proviant beladen. Es geht los!

    Während wir den ersten elliptischen Anstieg zur ersten Erde vollziehen, erreicht uns die schicksalhafte Nachricht. Man muss wissen, dass diese Crew bereits aus neun Orbits sehr interessante Ergebnisse veröffentlicht hat. Wie bei allen wissenschaftlichen Erkenntnissen haben dies erst ihren Wert, wenn sie in einem anerkannten wissenschaftlichen Organ publiziert werden. Manche kennen beispielsweise „Nature“ oder „Lancet“, aber für Orbiter heißt diese Publikation „Leaderboard“.
    Nur: Die Ergebnisse erschienen einfach nicht!

    Also kontaktierte Commander Bastian, in seinem wissenschaftlichen Stolz gekränkt, auf der reservierten Frequenz „ORBIT-CC“ das Einsatzzentrum. Nach und nach erschienen die Ergebnisse, lückenhaft, im Leaderboard.
    Tief gekränkt und in seiner Achtung verletzt funkte Commander Bastian erneut die Einsatzzentrale an.

    Die unerwartete Antwort kam als Subraum-Transmission zur Unzeit:
    „Raphael hier, Orbit-Einsatzzentrale. Vielen Dank für Euren Einsatz! Wir haben jetzt acht Missionen offiziell unterstützt. Wir können keine weiteren Missionen mehr werten. Alle Ergebnisse die Ihr nun sammelt, sammelt ihr privat.“
    „Ja aber… wie schaut es aus mit der Mission Apollo Alpen…“
    „Du, Sorry, wir haben noch etliche andere Orbiter zu betreuen, wir sind hier notorisch unterbesetzt. Ihr seid jetzt auf eigene Faust unterwegs. Viel Glück!“
    „Ja aber…“
    *KRSCHSCHRSCHKRRRZZZZ!!!*
    „Oh sorry, schlechter Empfang…“
    * KRSCHSCHRSCHKRRRZZZZ*

    Das war’s.
    … und?
    Gar nicht so schlecht.
    Ein Stein fiel allen vom Herzen. Erst jetzt wurde der Mannschaft klar, unter welchem Zeitdruck sie alle gestanden hatten, die Missionen in möglichst schneller Zeit zu absolvieren.
    Was gab es Schöneres, als die elf Welten privat und ohne Eile zu genießen? Frohen Mutes zündeten wir die Triebwerke, Wade links und Wade rechts.

    — Fortsetzung folgt —
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