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  • Day 141

    Nächster Halt: Great Smoky Mountains ⛰️

    October 21, 2023 in the United States ⋅ ☀️ 19 °C

    An der Ostküste waren wir jetzt etwa sechs Wochen, haben mehrere Städte erkundet und waren in den vielfältigsten Landschaften unterwegs. Zeit für ein weiteres Kapitel: Der (sub-)tropische Süden der Staaten. Der Weg dorthin - es soll zunächst nach Louisiana gehen - ist weit. Mehr als eintausend Meilen (etwa 1800 Kilometer). Bei uns kommt direkt wieder Roadtripstimmung auf. Und ein Nationalpark liegt auf halber Strecke: Die Great Smoky Mountains. Die kennen wir schon aus einer Doku, die wir in Vorbereitung auf unsere Reise geschaut haben. Die Entscheidung fällt also leicht: Ab in den 500 Meilen entfernt Osten Tennessee‘s (in Tennessee befindet sich auch das zentral gelegene Nashville, dass wir schon Ende August besucht haben).

    Unser Weg von Washington DC führt uns über endlos lange Interstates. Nach einem langen Autofahrtag kommen wir dann schließlich auf dem KOA in der Nähe von Newport an. Es ist herbstlich, feucht und farbenfroh. Garnicht zu vergleichen mit der drückenden Hitze während unseres Nashville Besuchs. In unserem Van ist es gemütlich, es gibt einen Film und was zu knabbern, die Lichterketten geben der Atmosphäre den letzten Schliff.

    Der Freitag ist ein typischer Admin-Tag. Aber er startet zunächst einmal mit einer Rettungsaktion: Kaum sind wir vom Zeltplatz aufgebrochen, entdecken wir eine etwa faustgroße Schildkröte auf der Straße. Nach kurzem Zögern schnapp ich sie mir und trage sie über die steile Böschung in das sichere Unterholz, weit genug von der Straße entfernt. Die kleine bleibt sicherheitshalber die ganze Zeit zurückgezogen in ihrem Panzer, blinzelt uns aber kurz verhalten an. Johannes schneidet noch ein Scheibchen Gurke ab und legt es in ihre Nähe, als kleine Stärkung. Wir verabschieden uns und dann gehts weiter.

    In Dandridge, einem 3000-Seelen Dorf, finden wir ein gemütliches Café. Hier verbringen wir den Tag und sichten Fotos, schreiben den Boston-Post für unseren Blog und recherchieren zu Louisiana und Florida. Es sind genau diese ruhigen Stunden, die wir jetzt brauchen, nach all den Großstädten der letzten Wochen. Es passiert wirklich nicht viel. Wir schlendern noch kurz durch den verschlafenen Ort, der liebevoll herbstlich dekoriert ist, stehen vor der geschlossenen Touriinfo (verirrt sich hier wirklich jemals ein Touri her?) und spazieren dann zum Auto. Auf dem Weg zurück zum Zeltplatz halten wir - es ist früher Abend - an einem Supermarkt und decken uns am Daily (große Supermärkte haben häufig einen Daily, eine Art warme Theke, ähnlich einem Imbiss) völlig ausgehungert und daher etwas ehrenlos mit Mac and Cheese und riesigen, frittierten Chicken Nuggets ein, die wir noch auf dem Parkplatz im Auto wie die Barbaren verspeisen. Feinste amerikanische Küche eben.

    Heute ist Samstag. Und wir sind in den Great Smoky Mountains, es ist also klar was heute passieren muss: Wandern. Nach einem leckeren Frühstück, dass wir klassisch mit Hilfe unseres Campingkochers zubereiten, fahren wir los. Die Sonne scheint, es ist angenehm mild. Beste Voraussetzungen. Das denken sich wahrscheinlich auch alle anderen: Für die 35 Meilen bis zum nördlichen Visitor Center des Nationalparks brauchen wir anderthalb Stunden. Hauptsaison bei bestem Wetter. Automassen stauen sich bis rein in den Park. Unser National Geographic Reiseführer empfiehlt uns den ‚schönsten Wanderweg des Parks‘, unweit vom Eingang. Und wir bekommen mit etwas Glück tatsächlich einen Parkplatz am Fuße des Trails. Der Trail an sich entpuppt sich dann als relativ kurzer, vielleicht 2 Kilometer langer Rundweg durch den urtümlichen Laubwald. Vielleicht sind wir von den kilometerlangen Staus gezeichnet, vielleicht haben wir auf unserer Reise auch schon so viele überwältigende Landschaften gesehen, jedenfalls sind wir gerade ziemlich unbeeindruckt. Objektiv betrachtet sind die Smokey‘s wunderschön: Glasklare Gebirgsflüsse, ausgedehnte Laub- und Mischwälder, die im Herbst in den schillerndsten Farben erstrahlen, hohe Berge und abgelegene Dörfer. Aber wir sind heute schwer zu beeindrucken. Auf dem Parkplatz bereiten wir uns mit dem Campingkocher eine Packung Mac and Cheese. Im angrenzenden Bach fülle ich die Wasserfilterflasche - vielleicht zum letzten Mal hier in den USA - mit dem kristallklaren Wasser. Letztlich ist es dann schon nochmal ein schönes Outdoorerlebnis. Wir beschließen, den Parkloop zu fahren. Von etlichen Pullouts hat man phänomenale Ausblicke auf die bergige Landschaft und den alles-bedenkenden Wald. Am Wegesrand grast ein Hirsch. Bei guter Musik verlassen wir schließlich den Park.

    Sonntag brechen wir früh auf. Heute fahren wir weiter gen Süden über Alabama nach Mississippi. Es sind wieder knapp 500 Meilen. Unser Campground in Mississippi ist nur ein Steinwurf von Louisiana entfernt. Als wir am frühen Abend ankommen und aus dem Auto steigen, laufen wir wie gegen eine Wand: es ist schwül-warm. Wir sind in den tropischen Gefilden angekommen!! Der Pool ist leider schon geschlossen, aber eine kühlende Dusche tuts auch. Während wir die Lichterkette aufhängen und die Klappstühle vor dem Van aufbauen, wird uns bewusst, dass die heutige Nacht die letzte in unserem Van und auf einem Zeltplatz sein wird. Ab morgen schlafen wir bis zum Ende unserer Reise nur noch in ‚festen Betten‘. Der Gedanke berührt uns. Auf eine schöne Weise. Der Van war während unserer Reise mehr als nur ein Fortbewegungsmittel. Er war unser Zuhause, unser Rückzugsort, in und um ihn haben wir unser tägliches Leben organisiert: Wir haben hier Lebensmittel verstaut, Wäsche gelagert, Filme geschaut und bei schlechtem Wetter haben wir drin gesessen und gegessen, gedaddelt und gelesen. Den Abend verbringen wir quatschend bei Kerzenschein. Es ist ein schöner Abend, und wie selbstverständlich ist unser schwarzer Chevi mit dabei. Ein Stück der Roadtripromantik lassen wir mit dieser Nacht hinter uns. (R)
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