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  • Day 218

    Assiniboine Tag 5 - Der "Abstieg"

    September 11, 2019 in Canada ⋅ ⛅ 11 °C

    km: ca. 25
    Höhenmeter: ca. 400
    Zeit: 7 Stunden
    Unterkunft: Motel in Golden
    Wetter: bis Ankunft Sunshine Village Wolken und Sonne im Wechsel, dann Regen
    Temperatur: immer noch kalt

    Als ich um 7 Uhr aufwache, regnet es noch. Meine Nase ist kalt, aber meine Füße sing wohlig warm. In der letzten Nacht lege ich meinen Not-Biwaksack über mich - nur, um sicher zu sein, dass ich die Nacht gut überstehe.

    Der Regen lässt Gott sei Dank nach, als ich das Zelt verlasse. Meine Finger sind wie die letzten Tage schon eiskalt. Während ich Schlafsack, Inlet, Matte, Biwaksack und das Zelt zusammenpacke, muss ich immer wieder innealten und meine Finger wärmen. Es ist saukalt. Die Berge - zumindest soweit man sie sehen kann - sind mit einer leichten Schneedecke überzogen und auf den Tannenbäumen ringsherum hält sich ebenfalls etwas Schnee.

    Ich Frühstücke mein Päckchen Quaker-Müsli, dass ich über Nacht in dem Rest aus Erdnussbutter eingeweicht hatte. Es ist große Aufbruchstimmung. Ein Großteil der mit uns angereisten Wanderer macht sich heute auf den Weiter- bzw. Rückweg. Wir sind jedoch die einzigen, die den ganzen Weg Richtung Sunshine Village meistern wollen. "Es ist ja noch früh", sagen die meisten mit einem Stirnrunzeln. Das macht mir etwas Angst. Sind wir am Ende doch etwas zu ambitioniert? Wenn wir Pech haben und an der Gondel keine Mitfahrgelegenheit finden, haben wir zusätzlich zu den 25 km noch 7 weitere zurückzulegen - und es gibt einiges an Höhenmetern zu meistern.

    Jeremy und ich sind allerdings voller Mut und haben immerhin Zelte einstecken, so dass wir im Notfall jederzeit irgendwo nächtigen könnte. Am meisten Sorgen mache ich mir um meine Füße. Die Barfußschuhe sind nach den letzten Tagen natürlich nass und kalt. Als ich aus meinen warmen Lammfellschuhen wechsle, sind meine Füße sofort eiskalt. Und das 10 Stunden?? Puh! Immerhin regnet oder schnet es nicht mehr. Das macht den Start schon etwas leichter.

    5 km sind es erstmal bis zum Og Lake. Es ist eine angenehme Wanderung durch weite Tundra. Leider sehen wir nicht viel von den Bergen, der Nebel hält sich wacker. Kurz nach Og Lake bessert sich das Wetter. Es wird wärmer, sogar meine Füße sind mittlerweile warm, wobei das durch unseren flotten Schritt bereits nach ein paar Kilometern der Fall ist. Durch die Wetterbesserung überlegen wir, ob wir umdrehen. Mittwoch, also heute soll der schönste Tag der Woche sein. War es ein Fehler, aufzubrechen? Ich habe jedoch überhaupt keine Lust, meinen schweren Ruchsack zurück zu tragen. Und wer weiß, ob das Wetter die Spitze des Mt. Assiniboine überhaupt freigibt, oder es am Ende lediglich hier etwas aufgelockert hat. Wir marschieren also weiter. Die Wanderung ist wunderschön, aber kräftezehrend. Es geht oft steil Bergauf und viele der uns entgegenkommenden Wanderer runzeln die Stirn als wir sagen, wir wollen bis Sunshine Village. Sie würden nicht mal den 'Citadell Pass' hinauf wollen, jammern sie. Es ist in der Tat ein bißchen eine Quälerei. Dem wirklich "schindenden" Aufstieg fürchte ich lange und als wir oben am 'Citadell Pass' ankommen, wundere ich mich, wo denn nun die "Kraxelei" abgeblieben ist. Nun ja, Jeremy und ich sind ja nicht die normalen "Sonntagswanderer".
    Oben am Pass genießen wir unser letztes Bier und ein paar M&Ms, bevor wir die äußerst schöne Hochebene hinunterlaufen. Die Wanderung zum Sunshine Ski Resort ist wirklich traumhaft und ich bin froh, dass wir trotz allem die komplette Tour durchgezogen haben.

    Als wir das letzte Stück die Straße hinunter zum Sunshine Village laufen, nimmt uns ein netter Arbeiter ein Stück mit. Da es mittlerweile ziemlich stark regnet hält er noch für weitere Wanderer und fährt uns prompt bis hinunter zum Parkplatz - Kanadier halt! Am Parkplatz angekommen erwartet uns auch tatsächlich unser Van, zusammen mit einer Flasche Wein als Dankeschön. Was für ein tolles Gefühl, angekommen zu sein. Wir hopsen ins Auto und düsen sogleich los Richtung Field, um uns im 'Truffel Pigs' ein viel zu teures Abendessen, das zudem nicht mal ein Burger ist, einzuverleiben. Etwas entäuscht und nicht mal satt gönnen wir uns ein Motel. ENDLICH mal wieder eine Dusche und ein weiches Bett!

    Zusammenfassend war es eine tolle, landschaftlicht spektakuläre und durch das Wetter anspruchsvolle Tour. Mein Zelt hält Regen, Schnee und Hagel für mindestens 3 Tage stand. Merino von Icebreaker sind auch nach dieser Tour meine absolut zuverlässigen Lieblingsbegleiter (und nicht nur meine. Es war ein kleiner Fanclub hier oben).
    Wer es etwas leichter haben will, sollte von 'Sunshine Village' zum 'Mt Shark Trailhead' laufen statt wie wir andersrum. Und wer Glück mit dem Wetter hat, verbringt mit Sicherheit eine schlafarme Zeit hier oben, mit tollen Sonnenauf- und -untergängen und einem wundervollen Sternenhimmel. Uns blieb das alles leider verwehrt. Das bestätigt nur wieder meine Art des Reisen: lieber lange an einem Ort verweilen und diesen in allen seinen Facetten kennenlernen. Darum gehts jetzt auch zurück nach Bella Coola zu meinen Grizzlys 🥰
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