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  • Day 267

    Ruhe

    July 20, 2022 in Malaysia ⋅ ⛅ 23 °C

    Marjolein. Am nächsten Tag startet unsere Bootstour bereits früh um 6.30 Uhr, also genau dann, wenn Fluss und Dschungel zum Leben erwachen. Am Anfang ist es noch total ruhig auf dem Fluss, alles schläft und hat sich versteckt. Der Nebel wabert noch über den Fluss und man kann zunächst keine fünf Meter weit sehen. Langsam lichtet sich der Nebel, wir biegen nach rechts ab und es scheint, als wäre hier eine unsichtbare Grenze: Die Farben des Wassers verändert sich hier ganz plötzlich von Milchkaffee hin zu schwarzem Kaffee.

    Die Sonne ist aufgegangen und mit ihr ist das Leben in diesem seitlichen Flussarm. Die Vögel zwitschern und ansonsten ist es still. Wir genießen die Ruhe und das sanfte Schaukeln des Bootes - viel zu oft ist es in unserer Umgebung zu laut. Wir saugen die Stille mit jeder Faser unseres Körpers auf. Es riecht nach ätherischen Ölen, nach Eukalyptus und Menthol. Es erinnert und sofort an „Cap Kapak“, ein medizinisches Öl, das Rainer benutzt, wenn seine Nase geschwollen ist.
    Mr. A. sagt, dass der Duft von den Bäumen kommt. Sie produzieren diesen Geruch. Wir saugen auch diesen Duft tief in uns auf.
    Es scheint hier, in diesem Moment, auf diesem Boot einfach alles zu stimmen💕

    Ganz sanft gleitet das Boot weiter und wir sehen unser erstes Tier an diesem Tag: Einen Nasenaffen. Er sitzt auf einem Ast, der über dem Wasser hängt, ganz nah bei uns. Mr. A. hält das Boot an und wir haben Zeit ihn in Ruhe zu beobachten. Normalerweise sind die Affen extrem ängstlich und ziehen sich sofort zurück. Dieser bleibt jedoch ganz ruhig sitzen und beobachtet uns ebenfalls.

    Kurz darauf sehen wir den schönsten kleinen Vogel, den ich bis dato gesehen habe: einen Schwarz-roten Breitschnabel! Der Schnabel ist oben türkis und unten gelb-orange. Sein Federkleid ist schwarz, dunkelrot und weiß. Wow! Was für eine Schönheit.

    Aber am allerbesten gefällt mir an dieser morgendlichen Tour die Ruhe und das Friedvolle, das dieser Teil des Flusses ausstrahlt. Zum ersten Mal seit langer Zeit ist es einfach nur ruhig. Ich wusste nicht, wie sehr ich mich danach sehne und wie sehr wir das brauchen. Diese Bootstour hat uns die nötige Energie zurück gegeben, die wir so dringend brauchten🥰

    Und so sind wir am Nachmittag perfekt ausgerüstet für die zweite Nachmittagstour. Gemeinsam mit einer vierköpfigen Familie aus Tschechien geht es schließlich los. Nach kurzer Zeit fängt es an, wie aus Kübeln zu regnen und innerhalb weniger Minuten sind wir komplett durchnässt. Aber all das ist schnell vergessen, denn Jerry (der Sohn von Mr. A.) entdeckt im dichten Geäst direkt am Ufer eine Orang-Utan Mama mit Kind!🦧 Keine Ahnung, wie er die gesehen hat!

    Da sind also tatsächlich zwei komplett wilde Orang-Utans. Es ist der Wahnsinn. Keiner im Boot wagt sich zu bewegen, zu sprechen oder gar zu husten. Gebannt schauen wir alle nach oben in die Bäume und sind gefesselt von der Schönheit der Tiere.

    Mr. A. erzählt uns, dass die Tiere extrem gefährdet sind. Aufgrund der Rodung des Regenwaldes wird ihr Lebensraum stark verkleinert und die Tiere vertrieben. Oftmals stecken dahinter große Palmölkonzerne🌴 Da die Orang-Utans nicht mehr genügend Essen auf den Bäumen finden, essen sie ebenfalls Knollen, Wurzeln und Pflanzen am Boden. Das macht die Lage der Orang-Utans jedoch nur schlimmer, da auf den Palmölplantagen Pestizide benutzt werden, die durch heftige Regenfälle eben auch in den Regenwald geschwemmt werden. Die Tiere vergiften sich somit langsam und sterben einen früheren und qualvollen Tod. Aufgrund einer langsamen Reproduktionsrate (ja, so nennt man das) gibt es also weniger Nachwuchs, als tote Orang-Utans.

    Das Gute ist, dass jeder Einzelne von uns etwas dagegen tun kann und es auch noch ganz einfach ist: Vermeidet sämtlich Produkte die Palmöl (ja, auch das vermeidlich zertifizierte Palmöl!) enthalten. Und kauft keine Tropenholz-Produkte. Somit wird nach und nach die Nachfrage sinken und schließlich kein Regenwald mehr dafür gerodet💪
    Eure Kinder werden es euch danken, wenn auch noch in 20 Jahren Orang-Utans in der freien Wildnis leben.

    Es ist (noch) nicht zu spät!
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