• Kultur, Katzen, Kater

    19–20 Feb, Vietnam ⋅ 🌬 29 °C

    Der Tag startete entspannt mit einem letzten Streifzug über den Markt, ein bisschen rumstöbern, einem Banh Mi und dann – natürlich – nochmal ein Besuch beim Gin Coffee, weil wir ja nicht abreisen können, ohne uns standesgemäß zu verabschieden. Dann wurden wir direkt vom Hotel mit dem Bus abgeholt und zurück nach Ho-Chi-Minh-Stadt gefahren. Diesmal aber nicht ins ursprüngliche Hotel, weil ausgebucht. Stattdessen ein anderes mit ebenfalls zentraler Lage, aber das wars dann auch schon mit den Gemeinsamkeiten. Betten steinhart, Zimmer winzig, kein Fenster – aber gut, es war nur für eine Nacht und günstig. Also nicht beschweren und so wenig Zeit wie möglich im Zimmer verbringen.

    Suse übernahm kurzerhand die Rolle des Reiseguides und führte uns auf unsere eigene private Free Walking Tour. Erste Station: das Opernhaus, dann das alte Postoffice und Notre Dame – nein, nicht die mit den brennenden Türmen in Paris, sondern die vietnamesische Variante, die gerade aber auch komplett eingerüstet war. Danach ging’s planlos, aber zielsicher kreuz und quer durch die Gassen.

    Auf dem Weg stolperten wir zufällig in das vielleicht größte urbane Chaos, das Vietnam zu bieten hat: eine Schule zur Abholzeit. Hunderte Kinder warteten vor dem Gebäude, während sich ihre Eltern auf Rollern um die besten Plätze im Abholwahnsinn prügelten. Absolutes Verkehrschaos. Falls sich in Deutschland jemals wieder jemand über SUVs vor Grundschulen beschwert – das hier war die Endgegner-Version davon.

    Kurz darauf dann unser zweiter unerwarteter Stopp: ein Katzencafé. Natürlich mussten wir da rein. Drinnen stellte sich heraus, dass es weniger ein Café als vielmehr ein inoffizieller „Hässlichste Katze des Monats“-Wettbewerb war. Viele der Katzen waren ehemalige Straßenbewohner oder von ihren Besitzern abgegeben worden, was das Ganze einerseits süß, andererseits ein wenig verstörend machte. Zwei Katzen hatten die Größe eines mittelgroßen Labradors und Pranken, mit denen man wahrscheinlich problemlos eine Tür eintreten könnte. Trotzdem niedlich. Auf ihre eigene, leicht furchteinflößende Art.

    Nachdem wir nun mit genug Tierhaar dekoriert waren, gab’s noch eine schnelle Massage. Danach trafen wir uns wieder mit Luca, die den Tag noch faul am Strand in Mui Ne verbracht hatte und erst später in den Bus gestiegen war. Zum Abendessen ging’s zu Ruth’s House – absolute Empfehlung! Danach ein kleiner Spaziergang durch die Stadt und – Überraschung – noch ein Bubble Tea. Leider nicht mit dem legendären Bubble Tea aus Mui Ne zu vergleiche, aber gut, man kann nicht immer gewinnen.

    Anschließend noch eine kleine Sightseeing-Runde über die Partymeile. Links: blinkende LED-Wände, rechts: Bars, die sich gegenseitig mit ihrer Lautstärke übertrumpfen wollten, dazwischen Verkäufer mit leuchtendem Plastikspielzeug und mindestens fünf Leute, die versucht haben, uns dazwischen leicht bekleidete Frauen. Das war uns dann doch ein bisschen zu viel Trubel, also lieber ein entspanntes Straßencafé an der Ecke gewählt.

    Das war eine gute Entscheidung denn es gab sogar kostenlose Entertainment. Eine Gruppe junger Vietnamesen im Restaurant nebenan, die sich mit einem beachtlichen Vorrat an Bierdosen durch den Abend tranken. Die Bierdosen wurden einfach unter den Tisch geworfen – nach einer Weile sammelte sich dort eine beeindruckende Sammlung, locker 50 Stück. Irgendwann erreichte einer von ihnen dann den Punkt, an dem er die Grenze zwischen “angetrunken und gesellig” und “nicht mehr in der Lage, geradeaus zu sitzen” überschritt. Also tat seine Crew das einzig Logische: Sie riefen ein Taxi. Aber nicht irgendein Taxi – ein Roller-Taxi.

    Der arme Grab-Fahrer verdiente in dem Moment wahrscheinlich einen Orden für Geduld und Leidensfähigkeit. Ohne großes Zögern wurde der Typ wie ein Sack Reis auf den Roller verfrachtet, während seine Freunde sich in der Zwischenzeit mit ihren Handys in den perfekten Winkel für ein Erinnerungsfoto warfen. Weil was wäre Freundschaft, wenn man sich nicht für immer an diesen peinlichen Moment erinnern könnte? Der Grab-Fahrer wartete stoisch, sein Gesichtsausdruck irgendwo zwischen absoluter Akzeptanz und innerlicher Kapitulation. Irgendwann, nach ausgiebigem Posing und Fotoshooting, wurde der Typ dann endlich abgefahren. Wir waren kurz davor, Beifall zu klatschen.

    Irgendwann waren wir die letzten im Café und es wurde Zeit, sich zu verabschieden. Luca überlegte noch, ob sie ihren Flug umbuchen sollte, allerdings mit einer Airline, die zwischendurch gerne mal die Landerechte in der EU verliert – aber gut, Hauptsache irgendwie länger in Vietnam bleiben. Man muss eben Prioritäten setzen.

    Nach 20.000 Schritten und gefühlt doppelt so vielen Eindrücken gegen 00:30 Uhr zurück ins Hotel. Natürlich wäre Schlafen zu einfach gewesen, also stattdessen noch die Zoom-Vorstandssitzung beim EJW mitgenommen. Perfektes Timing. Jetlag, Müdigkeit, Konzentration – ein Traum-Dreiklang. Aber gut, Pflicht ist Pflicht. Danach aber wirklich ab ins Bett.
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